Das Kloster.
Von Philipp Wouvermann.
In Brabant, im Hennegau und an den französischen Ostgrenzen herrschte eine pestartige
Seuche, welche dem Tode eine reiche Ernte zuführte. Sie war im höchsten Grade ansteckend und
die Furcht vor der Ansteckung machte die Menschen unbarmherzig; sie schlossen und sperrten sich
ab; flohen von ihren nächsten Verwandten, sobald diese von der Krankheit ergriffen wurden und
nur die Zellenbrüder von der Regel des heiligen Franziscus von Assissi wagten es, die Todten
aus den Häusern zu holen, und sie still und ohne Sang und Klang zu begraben. Zur Kirche
ging längst Niemand mehr, denn man hatte sich vollständig davon überzeugt, daß der Heilige
Rochus nicht zu bewegen war, der Pest Einhalt zu thun.
Die Mönche beteten wohl wie ihre Vorschrift ist, in ihren Kirchen und Kapellen, aber es
half auch nicht viel, denn die armen Klostergeistlichen starben unaufhaltsam hin, so daß manches
Monasterium nicht so viel Hände mehr hergeben konnte, um den Todten die letzte Liebe zu erweisen
Die frommen Väter schrieben nach Lothringen und nach Frankreich, um sich neue Brüder zu er-
bitten; aber diese blieben aus, obgleich sehr viele Segenswünsche ankamen.
Damals lag dicht an der Straße, unweit eines Städtchens zwischen Lüttich, Namur und
Huy ein uraltes Kloster, das nach einander das Besitzthum verschiedener Orden gewesen war.
Die Mönche hatten sich hier aber nie sehr gefallen, denn zuerst Hatten sie keine Einkünfte, sondern
mußten arbeiten, Pflügen und graben und auf die Früchte ihres Gartens Acht haben, wenn sie
leben wollten, weil sie von den durch den beständigen Krieg ganz verarmten Bewohnern der Gegend
sehr wenig Unterstützung erbitten konnten und dann war das Klostergebäude selbst in sehr erbärm-
lichem Zustande, verfallen vor Alter und dazu von Kanonenkugeln allenthalben sehr übel zuge-
richtet.
Endlich kamen Capuziner zu vier oder fünf und Hatten sich's in dem Kloster bequem gemacht,
wobei ihnen die Bauern getreulich Beistand geleistet. Sie Hatten ihre Brüder in Frankreich nach
ihrem Kloster eingeladen und es kamen noch mehrere Väter des Ordens, die sich ziemlich wohl be-
fanden, denn sie arbeiteten fleißig und der Prior, welcher sonst ein sehr finsterer und strenger
Oberherr für die Mönche war, verstand die Kunst, die Leute aus weit entfernten, gesegneten
Gegenden zu bewegen, daß sie dem Kloster Geld schickten, wofür die zerschossene kleine Kirche
wieder aufgebaut werden sollte. Die Kirche ist zwar nie wieder erbaut, der Bau selbst nicht einmal
begonnen. Das schadete indeß nichts, die Mönche konnten ganz gut in ihren Zellen und auf dem
weiten Flur mit den großen Kreuzgewölben beten, obgleich sie an letzterem Platze nicht vor Regen
sicher waren — und das thaten sie auch und dankten Gott besonders dafür, daß er ihnen die
Mittel bescherte, in dem guten Refectoriumssaal vorzüglich zu speisen, anstatt verurtheilt zu sein,
nach langem Fasten sich ein anderes Asyl zu suchen.
Diese Mönche Hatten den Pestkranken des Städtchens und der Umgegend nach allen Kräften
Von Philipp Wouvermann.
In Brabant, im Hennegau und an den französischen Ostgrenzen herrschte eine pestartige
Seuche, welche dem Tode eine reiche Ernte zuführte. Sie war im höchsten Grade ansteckend und
die Furcht vor der Ansteckung machte die Menschen unbarmherzig; sie schlossen und sperrten sich
ab; flohen von ihren nächsten Verwandten, sobald diese von der Krankheit ergriffen wurden und
nur die Zellenbrüder von der Regel des heiligen Franziscus von Assissi wagten es, die Todten
aus den Häusern zu holen, und sie still und ohne Sang und Klang zu begraben. Zur Kirche
ging längst Niemand mehr, denn man hatte sich vollständig davon überzeugt, daß der Heilige
Rochus nicht zu bewegen war, der Pest Einhalt zu thun.
Die Mönche beteten wohl wie ihre Vorschrift ist, in ihren Kirchen und Kapellen, aber es
half auch nicht viel, denn die armen Klostergeistlichen starben unaufhaltsam hin, so daß manches
Monasterium nicht so viel Hände mehr hergeben konnte, um den Todten die letzte Liebe zu erweisen
Die frommen Väter schrieben nach Lothringen und nach Frankreich, um sich neue Brüder zu er-
bitten; aber diese blieben aus, obgleich sehr viele Segenswünsche ankamen.
Damals lag dicht an der Straße, unweit eines Städtchens zwischen Lüttich, Namur und
Huy ein uraltes Kloster, das nach einander das Besitzthum verschiedener Orden gewesen war.
Die Mönche hatten sich hier aber nie sehr gefallen, denn zuerst Hatten sie keine Einkünfte, sondern
mußten arbeiten, Pflügen und graben und auf die Früchte ihres Gartens Acht haben, wenn sie
leben wollten, weil sie von den durch den beständigen Krieg ganz verarmten Bewohnern der Gegend
sehr wenig Unterstützung erbitten konnten und dann war das Klostergebäude selbst in sehr erbärm-
lichem Zustande, verfallen vor Alter und dazu von Kanonenkugeln allenthalben sehr übel zuge-
richtet.
Endlich kamen Capuziner zu vier oder fünf und Hatten sich's in dem Kloster bequem gemacht,
wobei ihnen die Bauern getreulich Beistand geleistet. Sie Hatten ihre Brüder in Frankreich nach
ihrem Kloster eingeladen und es kamen noch mehrere Väter des Ordens, die sich ziemlich wohl be-
fanden, denn sie arbeiteten fleißig und der Prior, welcher sonst ein sehr finsterer und strenger
Oberherr für die Mönche war, verstand die Kunst, die Leute aus weit entfernten, gesegneten
Gegenden zu bewegen, daß sie dem Kloster Geld schickten, wofür die zerschossene kleine Kirche
wieder aufgebaut werden sollte. Die Kirche ist zwar nie wieder erbaut, der Bau selbst nicht einmal
begonnen. Das schadete indeß nichts, die Mönche konnten ganz gut in ihren Zellen und auf dem
weiten Flur mit den großen Kreuzgewölben beten, obgleich sie an letzterem Platze nicht vor Regen
sicher waren — und das thaten sie auch und dankten Gott besonders dafür, daß er ihnen die
Mittel bescherte, in dem guten Refectoriumssaal vorzüglich zu speisen, anstatt verurtheilt zu sein,
nach langem Fasten sich ein anderes Asyl zu suchen.
Diese Mönche Hatten den Pestkranken des Städtchens und der Umgegend nach allen Kräften