28 Kvnstltr-DLographik.
lommeo das Spitzbogenfeld über der Thür zum Refectorium mit der Darstellung des Christus zu
Emmaus, welchen die Jünger einladen bei ihnen zu bleiben, und offenbart hier eine milde In-
nigkeit der Empfindung, die als ein Nachklang der Gefühlsweise des einst im selben Kloster thä-
tigen Fra Angelico da Fiesole erscheint. Was der Künstler sonst am liebsten schafft, sind große
Andachtsbilder ruhigen Charakters, einfache Situationen aus der biblischen Geschichte oder heilige
Conversationen , eine Bereinigung edler Charaktere, um einen bestimmten Mittelpunkt geschaart.
Auch in idyllischen Darstellungen der heiligen Familie entfaltet er oft eine Anmuth, die nur
Raphael übertrifft. Er ist vor Allem ein Meister in der Gruppenbildung, anspruchslos, einfach,
aber von höchstem Wohllaut der Linien. Die symmetrische Composition, die er liebt, beschränkt
seine Freiheit nicht, die edlen, wohlthuenden, gefühlvollen Charaktere sind stets durch eine tiefe
Harmonie der Stimmung verbunden. Eine schöne, warmgestimmte Färbung mit zarten Lasuren
vollendet die Wirkung des Ganzen. Während sein Stil wesentlich von Lionardo bestimmt ist, gehört
die Empfindung, die seine Schöpfungen beseelt, ganz ihm selbst an; eine innige, erquickende Frömmig-
keit, die doch vou aller unmännlichen Sentimentalität, aller süßlichen Schwärmerei entfernt bleibt.
Zu seinen Hauptbildern gehören die thronende Madonna mit St. Stephanus und Johannes
dem Täufer in einer Kapelle des Doms zu Lucca, die figurenreiche Verlobung der heiligen Katha-
rina mit dem Christuskinde im Palazzo Pitti zu Florenz (1512), die Madonna della Misericordia
in San Romano zu Lucca, das heißt Maria als Mutter des Erbarmers, flehend für das Volk,
das sich unter ihrem Gnadenmantel sammelt (1515). Unter den deutschen Sammlungen besitzt
namentlich das Belvedere zu Wien ein höchst liebenswürdiges Werk von seiner Hand, die Darstellung
im Tempel, vom Jahre 1516. Dem gleichen Jahr gehört sein Hauptbild in Italien an: Der
auferstandene Heiland, umgeben von den vier Evangelisten, im Palazzo Pitti. Ohne seiner ursprüng-
lichen Empfindungsweise untreu zu werden, weiß er hier seinen Stil in das Imposante zu steigern.
Eine Abwechslung in dem stillen Klosterleben war zunächst im Jahre 1508 durch eine
Reise nach Venedig herbeigeführt worden. Seiner Gesundheit wegen ward dann Bartolommeo des
Sommers mitunter nach Plan' di Mugnone geschickt, einem Landsitze, welchen die Dominicaner
besaßen. Endlich war ihm sogar vergönnt, Rom zu sehen, wahrscheinlich um 1514, in der ersten
Zeit Leo's X. Michelangelo's Decke in der Sixtinischen Kapelle und zwei von Raphael's Ge-
mächern im Valican konnte er vollendet erblicken, und er suchte aus diesen neuen Eindrücken für
sein eigenes Schaffen Vortheil zu ziehen. Die großen Einzelfiguren der Propheten Hiob und
Jesaias in den Uffizien zu Florenz, sowie St. Marcus im Palazzo Pitti zeigen das Streben , es
in kühnen, gewaltigen Motiven dem Michelangelo gleichzuthun. Fra Bartolommeo hat auch diese
Aufgaben geschickt und kenntnißreich gelöst, aber die Bilder lassen kühl, er ist hier aus seiner eigent-
lichen Sphäre Herausgetreten.
Noch einmal aber erscheint er in voller Unkesangenheit und Reinheit in seinem letzten Werk,
der Beweinung des todten Christus, im Palazzo Pitti. Die ganze Stufenleiter des Schmerzes, vou
leidenschaftlicher Erregung bis zum tiefsten Seelenleiden, ist hier ergreifend und mit höchstem Adel
geschildert, und ebenso stehen Zeichnung und Colorit auf der Höhe seines Könnens. Fra Barto-
lommeo starb den 3. August 1517 zu Florenz an einem Fieber, das ihn bei der Rückkehr von Pian'
di Mugnone ergriffen Hatte. Sein Freund Albertinelli war ihm bereits 1515 vorangegangen.
lommeo das Spitzbogenfeld über der Thür zum Refectorium mit der Darstellung des Christus zu
Emmaus, welchen die Jünger einladen bei ihnen zu bleiben, und offenbart hier eine milde In-
nigkeit der Empfindung, die als ein Nachklang der Gefühlsweise des einst im selben Kloster thä-
tigen Fra Angelico da Fiesole erscheint. Was der Künstler sonst am liebsten schafft, sind große
Andachtsbilder ruhigen Charakters, einfache Situationen aus der biblischen Geschichte oder heilige
Conversationen , eine Bereinigung edler Charaktere, um einen bestimmten Mittelpunkt geschaart.
Auch in idyllischen Darstellungen der heiligen Familie entfaltet er oft eine Anmuth, die nur
Raphael übertrifft. Er ist vor Allem ein Meister in der Gruppenbildung, anspruchslos, einfach,
aber von höchstem Wohllaut der Linien. Die symmetrische Composition, die er liebt, beschränkt
seine Freiheit nicht, die edlen, wohlthuenden, gefühlvollen Charaktere sind stets durch eine tiefe
Harmonie der Stimmung verbunden. Eine schöne, warmgestimmte Färbung mit zarten Lasuren
vollendet die Wirkung des Ganzen. Während sein Stil wesentlich von Lionardo bestimmt ist, gehört
die Empfindung, die seine Schöpfungen beseelt, ganz ihm selbst an; eine innige, erquickende Frömmig-
keit, die doch vou aller unmännlichen Sentimentalität, aller süßlichen Schwärmerei entfernt bleibt.
Zu seinen Hauptbildern gehören die thronende Madonna mit St. Stephanus und Johannes
dem Täufer in einer Kapelle des Doms zu Lucca, die figurenreiche Verlobung der heiligen Katha-
rina mit dem Christuskinde im Palazzo Pitti zu Florenz (1512), die Madonna della Misericordia
in San Romano zu Lucca, das heißt Maria als Mutter des Erbarmers, flehend für das Volk,
das sich unter ihrem Gnadenmantel sammelt (1515). Unter den deutschen Sammlungen besitzt
namentlich das Belvedere zu Wien ein höchst liebenswürdiges Werk von seiner Hand, die Darstellung
im Tempel, vom Jahre 1516. Dem gleichen Jahr gehört sein Hauptbild in Italien an: Der
auferstandene Heiland, umgeben von den vier Evangelisten, im Palazzo Pitti. Ohne seiner ursprüng-
lichen Empfindungsweise untreu zu werden, weiß er hier seinen Stil in das Imposante zu steigern.
Eine Abwechslung in dem stillen Klosterleben war zunächst im Jahre 1508 durch eine
Reise nach Venedig herbeigeführt worden. Seiner Gesundheit wegen ward dann Bartolommeo des
Sommers mitunter nach Plan' di Mugnone geschickt, einem Landsitze, welchen die Dominicaner
besaßen. Endlich war ihm sogar vergönnt, Rom zu sehen, wahrscheinlich um 1514, in der ersten
Zeit Leo's X. Michelangelo's Decke in der Sixtinischen Kapelle und zwei von Raphael's Ge-
mächern im Valican konnte er vollendet erblicken, und er suchte aus diesen neuen Eindrücken für
sein eigenes Schaffen Vortheil zu ziehen. Die großen Einzelfiguren der Propheten Hiob und
Jesaias in den Uffizien zu Florenz, sowie St. Marcus im Palazzo Pitti zeigen das Streben , es
in kühnen, gewaltigen Motiven dem Michelangelo gleichzuthun. Fra Bartolommeo hat auch diese
Aufgaben geschickt und kenntnißreich gelöst, aber die Bilder lassen kühl, er ist hier aus seiner eigent-
lichen Sphäre Herausgetreten.
Noch einmal aber erscheint er in voller Unkesangenheit und Reinheit in seinem letzten Werk,
der Beweinung des todten Christus, im Palazzo Pitti. Die ganze Stufenleiter des Schmerzes, vou
leidenschaftlicher Erregung bis zum tiefsten Seelenleiden, ist hier ergreifend und mit höchstem Adel
geschildert, und ebenso stehen Zeichnung und Colorit auf der Höhe seines Könnens. Fra Barto-
lommeo starb den 3. August 1517 zu Florenz an einem Fieber, das ihn bei der Rückkehr von Pian'
di Mugnone ergriffen Hatte. Sein Freund Albertinelli war ihm bereits 1515 vorangegangen.