62 Künstler-Biographien.
den Kampf der Effecte hineingezogen", und breitet eine erregte, leidenschaftliche Stimmung über die
Bilder aus.
Es ist erklärlich, daß gerade bei religiösen Vorwürfen sich leicht ein Conflict zwischen der
Sache und dem schroffen Naturalismus des Künstlers herausstellt. Sein Meisterwerk ist die
Grablegung Christi, jetzt in der Galerie des Vaticans, ein Bild, sagt Kugler, „dem alle höhere
Heiligung fehlt, das gleichwohl indeß voll Feierlichkeit ist, nur etwa wie das Begräbniß eines
Zigeunerhauptmanns". Die Köpfe sind gewöhnlich, aber sie ergreifen, besonders derjenige Maria's,
die Composition bildet einen Knäuel, Regelmäßigkeit, selbst Rhythmus der Anordnung sind geflissent-
lich vermieden, aber die Plastik der Figuren und der Lichteffect sind außerordentlich. Auch das
Berliner Museum besitzt eine Grablegung von erschütterndem Eindruck. Sein Evangelist
Matthäus ebenda geht aber völlig in das Gewöhnliche, ja Brutale. Seine Allegorie der
Sinnlichen Liebe in derselben Sammlung, schon von Sandrart beschrieben, doch ungenau, ist frech,
aber charakteristisch, den Vorwurf erschöpfend, meisterhaft in der Modellirung des nackten Körpers
und in der momentanen Lebendigkeit. Am meisten befriedigt Caravaggio aber unser Gefühl in
seinen Bildnissen, von denen ebenfalls Berlin treffliche Proben aufweist, und in jenen Genrebildern
mit lebensgroßen Figuren, mit denen er einen ganz neuen Weg betritt, besonders in den bekannten
Gruppen von Soldaten beim Spiel. Die Dresdener Galerie besitzt vorzügliche Gemälde dieser
Art, unter denen besonders die bekannte Composition von nur drei Figuren durch ihr concentrirtes
dramatisches Interesse, durch die sichere Schilderung der Nachtseite des Lebens, der verhaltenen
Leidenschaft einzig dasteht.
Das Leidenschaftliche, Düstere, ja Bestialisch-Wilde seiner künstlerischen Auffassung findet in
seinem persönlichen Wesen ein treues Widerspiel. Caravaggio urtheilte hochmüthig über Alles ab,
künstlerische Gegensätze wurden für ihn zu persönlicher Gegnerschaft, mit Arpino und Guido Reni
suchte er Händel. Bei einem Streite verübte er einen Todtschlag und mußte in Folge davon aus
Rom entfliehen. Nun arbeitete er eine Zeit lang in Neapel, wo Ribera dann seinen Einfluß
erfährt, dann ging er nach Malta, wo er den Großmeister Vignacourt malte; das lebensgroße
Bildniß in ganzer Figur, eines seiner Meisterwerke, befindet sich im Louvre. Ehrenvoll ausgenom-
men, zum Ritter des Maltheserordens ernannt, ließ er doch auch hier wieder den alten Raufbold
Hervortreten. Er wurde in das Gesängniß geworfen und mußte dann Malta verlassen. Nach
vorübergehendem Aufenthalt in Palermo, Messina, Neapel erhielt er die Nachricht, daß ihm der
Pardon des Papstes ausgewirkt sei, und daß er nach Rom zurückkehren dürfe Aber er kam nicht
mehr an sein Ziel, Unfälle hielten ihn auf der Reise aus, in Porto Ercole ergriff ihn ein Fieber
und er starb plötzlich im Jahre 1609. ^.
den Kampf der Effecte hineingezogen", und breitet eine erregte, leidenschaftliche Stimmung über die
Bilder aus.
Es ist erklärlich, daß gerade bei religiösen Vorwürfen sich leicht ein Conflict zwischen der
Sache und dem schroffen Naturalismus des Künstlers herausstellt. Sein Meisterwerk ist die
Grablegung Christi, jetzt in der Galerie des Vaticans, ein Bild, sagt Kugler, „dem alle höhere
Heiligung fehlt, das gleichwohl indeß voll Feierlichkeit ist, nur etwa wie das Begräbniß eines
Zigeunerhauptmanns". Die Köpfe sind gewöhnlich, aber sie ergreifen, besonders derjenige Maria's,
die Composition bildet einen Knäuel, Regelmäßigkeit, selbst Rhythmus der Anordnung sind geflissent-
lich vermieden, aber die Plastik der Figuren und der Lichteffect sind außerordentlich. Auch das
Berliner Museum besitzt eine Grablegung von erschütterndem Eindruck. Sein Evangelist
Matthäus ebenda geht aber völlig in das Gewöhnliche, ja Brutale. Seine Allegorie der
Sinnlichen Liebe in derselben Sammlung, schon von Sandrart beschrieben, doch ungenau, ist frech,
aber charakteristisch, den Vorwurf erschöpfend, meisterhaft in der Modellirung des nackten Körpers
und in der momentanen Lebendigkeit. Am meisten befriedigt Caravaggio aber unser Gefühl in
seinen Bildnissen, von denen ebenfalls Berlin treffliche Proben aufweist, und in jenen Genrebildern
mit lebensgroßen Figuren, mit denen er einen ganz neuen Weg betritt, besonders in den bekannten
Gruppen von Soldaten beim Spiel. Die Dresdener Galerie besitzt vorzügliche Gemälde dieser
Art, unter denen besonders die bekannte Composition von nur drei Figuren durch ihr concentrirtes
dramatisches Interesse, durch die sichere Schilderung der Nachtseite des Lebens, der verhaltenen
Leidenschaft einzig dasteht.
Das Leidenschaftliche, Düstere, ja Bestialisch-Wilde seiner künstlerischen Auffassung findet in
seinem persönlichen Wesen ein treues Widerspiel. Caravaggio urtheilte hochmüthig über Alles ab,
künstlerische Gegensätze wurden für ihn zu persönlicher Gegnerschaft, mit Arpino und Guido Reni
suchte er Händel. Bei einem Streite verübte er einen Todtschlag und mußte in Folge davon aus
Rom entfliehen. Nun arbeitete er eine Zeit lang in Neapel, wo Ribera dann seinen Einfluß
erfährt, dann ging er nach Malta, wo er den Großmeister Vignacourt malte; das lebensgroße
Bildniß in ganzer Figur, eines seiner Meisterwerke, befindet sich im Louvre. Ehrenvoll ausgenom-
men, zum Ritter des Maltheserordens ernannt, ließ er doch auch hier wieder den alten Raufbold
Hervortreten. Er wurde in das Gesängniß geworfen und mußte dann Malta verlassen. Nach
vorübergehendem Aufenthalt in Palermo, Messina, Neapel erhielt er die Nachricht, daß ihm der
Pardon des Papstes ausgewirkt sei, und daß er nach Rom zurückkehren dürfe Aber er kam nicht
mehr an sein Ziel, Unfälle hielten ihn auf der Reise aus, in Porto Ercole ergriff ihn ein Fieber
und er starb plötzlich im Jahre 1609. ^.