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Grimm, Herman; Grimm, Herman [Editor]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0155
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131

bekannt, daß Goethe im Alter anders schrieb, als in der
Jugend: aber man muß den Weg genauer kennen lernen,
auf dem seine Sprache sich änderte. Man muß wissen, worin
Wieland's, Herder's und Anderer Einfluß auf Goethe's
Schreibweise bestand. Man muß Herder's und Schiller's
Sprachwandlungen kennen. Man muß die Sprachweise der
bedeutendsten Männer unseres Jahrhunderts kennen. Man
muß den Werth wichtiger Worte in verschiedenen Jahrzehn-
ten und in verschiedenen Landschaften Deutschlands kennen.
Wie wenig wir hierüber wissen, wissen die am besten, die
viel darüber wissen. Die im Aussterben begriffenen Dialekte
müssen gesammelt werden. Die Deutschen in Amerika (acht
Millionen) müssen lernen können, worin die eigentliche Kraft
ihrer Muttersprache liege.
Natürlicherweise muß das neue deutsche Wörterbuch vor-
bereitet werden und dazu bedarf es allgemeiner Verständigung.
An seiner Muttersprache hat Jeder lebendiges Interesse.
Der Staat, als der Vertreter Aller, hätte einstweilen nichts
zu liefern, als eine von einigen brauchbaren Persönlichkeiten
bediente Centralstelle, welche das anfnähme und ordnete, was
ihr von vielen Seiten her eingesandt wird. Ich drücke mich
so allgemein aus, weil das Institut sich erst aus sich selber
entwickeln muß. Wer es verwaltet, ist einstweilen gleich-
gültig: es muß da sein und wird sich zu dem gestalten, was
es sein soll. Neben dieser Sammelarbeit sind, abermals viel-
leicht mit einiger Unterstützung des Staates, gewisse Arbeiten
als maßgebend sofort in Auftrag zu geben: Wörterbücher für
einzelne sehr wichtige Autoren oder Gruppen von Autoren.
Ich hatte als Beginn der Arbeit ein Wörterbuch vorgeschla-
gen, welches Goethe, Schiller und Herder umfaßte. Zu diesen
 
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