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vielen Fragen auf den Lippen zurückblicken wird, weil sie die
Tage sind, in denen das heutige Deutschland gestaltet zu werden
begann. Diese Dinge fangen jetzt erst an historisch zu werden.
Doch es könnte den Anschein haben, es sei mir darum
zu thun, einen auf besonderen Fähigkeiten beruhenden Mann
als neben ihm eintretender Erklärer so darzustellen, wie eines
alten Freundes Pflicht sei. Vielleicht sogar ihn hier und da
zu entschuldigen. Die positiven Vorzüge seiner Arbeit lasse
ich vielmehr unbesprochen, weil sie sich so sehr von selbst er-
geben. Ich brauche sie dem, der das Buch las, nicht aufzu-
zählen. Jillian war kein philologischer Gelehrter, aber der
vom Leben geschulte echte Literaturverstäudige. Er besaß
historischen Tact. Da, wo Julian Schmidt unsere großen
Dichter behandelt, steht er auf der Höhe. Wie wird Schiller's
fortschreitende Arbeit, Goethe's Urtheil darüber und die Zu-
stimmung des seine Stücke empfangenden Publicums geschil-
dert! Wie schreibt Schmidt überall ohne jedes Aussuchen
stilistischer Effecte! Ohne Bestreben, mit Contrasten zu wirken,
dem heute so Viele unterliegen. Das ist einfache, gute Dic-
tion. Jede Seite entsprang dem Nachdenken eines Mannes,
der fest auf seiner Stelle stand. Eines Charakters. Keines
bloßen Fachgelehrten, der gegen Collegen, die ihn etwa mit
dem Nachweise von Versehen oder der Vernachlässigung dieser
oder jener Notiz wegen angreifen, einen Köcher voll spitzer
Gegenvorwürfe zu versenden hat, sondern eines in seinem
Kreise wohlerfahrenen Schriftstellers, der seine Meinung als
das im allgemeinen Sinne Maßgebende gibt. Er stritt wie
man heute in nationalen Versammlungen Mann gegen Mann
losgeht. Er greift an, aber er ist gerecht. Daraus erklärt
sich seine Neigung, die Meinungen Anderer mit deren eigener
vielen Fragen auf den Lippen zurückblicken wird, weil sie die
Tage sind, in denen das heutige Deutschland gestaltet zu werden
begann. Diese Dinge fangen jetzt erst an historisch zu werden.
Doch es könnte den Anschein haben, es sei mir darum
zu thun, einen auf besonderen Fähigkeiten beruhenden Mann
als neben ihm eintretender Erklärer so darzustellen, wie eines
alten Freundes Pflicht sei. Vielleicht sogar ihn hier und da
zu entschuldigen. Die positiven Vorzüge seiner Arbeit lasse
ich vielmehr unbesprochen, weil sie sich so sehr von selbst er-
geben. Ich brauche sie dem, der das Buch las, nicht aufzu-
zählen. Jillian war kein philologischer Gelehrter, aber der
vom Leben geschulte echte Literaturverstäudige. Er besaß
historischen Tact. Da, wo Julian Schmidt unsere großen
Dichter behandelt, steht er auf der Höhe. Wie wird Schiller's
fortschreitende Arbeit, Goethe's Urtheil darüber und die Zu-
stimmung des seine Stücke empfangenden Publicums geschil-
dert! Wie schreibt Schmidt überall ohne jedes Aussuchen
stilistischer Effecte! Ohne Bestreben, mit Contrasten zu wirken,
dem heute so Viele unterliegen. Das ist einfache, gute Dic-
tion. Jede Seite entsprang dem Nachdenken eines Mannes,
der fest auf seiner Stelle stand. Eines Charakters. Keines
bloßen Fachgelehrten, der gegen Collegen, die ihn etwa mit
dem Nachweise von Versehen oder der Vernachlässigung dieser
oder jener Notiz wegen angreifen, einen Köcher voll spitzer
Gegenvorwürfe zu versenden hat, sondern eines in seinem
Kreise wohlerfahrenen Schriftstellers, der seine Meinung als
das im allgemeinen Sinne Maßgebende gibt. Er stritt wie
man heute in nationalen Versammlungen Mann gegen Mann
losgeht. Er greift an, aber er ist gerecht. Daraus erklärt
sich seine Neigung, die Meinungen Anderer mit deren eigener