io^6 Praktische Theologie.
zugefügt wird: »Da war es BeJürfniss und konnte also ver-
dienstlich seyn, wenn selbstdenkende Theologen die Worte der
heit. S. riohtigen philosophischen Ideeti anbequemten, und da-
durch gewissen milderen Vorstellungen, z. B. von der göttli-
chen Strafgerechtigkeit, von der Genugthuung, von den Gnaden-
wirkungen, Eingang bei denen schafften, die sie bis dahin für
schriftwidrig gehalten hatten u. s. w.«, dass man aber «nun
eben aus dieser Entdeckung des Localen und Nationalen in die-
sen Schriften die richtige Folge gezogen, dass nicht alles in der
Bibel für alle, folglich eine Absonderung der Vorsteilungsarten
nicht nur erlaubt, sondern zum steten Wachsthum in der cluist^
liehen Wahrheit ganz nothwendig sey. So weit sind wir, Gott-
lob, ziemlich allgemein gekommen.« — Ja, wir wissen noch
gar gut, wie es uns in damaligem Gedränge zu Muthe war.
Da drückte uns noch manches von den geisttöJtcnden theologi-
schen Buchstäblereien und Streitigkeiten seit der neueren Scho-
lastik, und wir fühlten uns sammt einer halben Welt genug da-
mit geplagt. Nun aber brach das Licht durch, und verscheucht
wurden die trüben, scbwererlernten Vorstellungen! Warum
sollte man es uns verargen , dass wir mitunter so von der heil.
Schrift sprachen, als sev uns so eben in der Philosophie ein
neues Licht der Ofsenbarung gesändt, womit wir alsbald in je-
nem Buche das Wahre ausscheiden, und alles an seinen Ort
thun, jedem nach Gebühr zumessen könnten? Damals konnten
wir sreilich noch nicht wissen , was wir nunmehr offen sagen :
es ist mit allen dem nicht besser geworden. Warum hatten uns
denn auch unsere näheren Vorgänger das eigentliche evangeli-
sche Wesen unserer kirchlichen Lehre durch ihr Wortwerk so
verschüttet! Auch das scheint der Verf. berücksichtigt zu haben,
da er von »dem falschen Aufklärungsdrang' spricht, und als eine
Hauptbestimmung* seiner Schrift erklärt, dem Irremachen und
Aufdringen jeder neuen Meinung, so wie dem Angreifen und
Herabwürdigen des öffentbchen Lchrbegrilfs entgegen zu arbei-
ten.« Die Frage freilich, was denn eigentlich der öffentliche
Lehrbegriff sey, ob der in den Bekenntnissschrilten niederge-
legte, oder eine seit VemJe/' und gewissermaassen still-
schweigend angenommene sogenannte reinere Lehre, muss aus
dem Buche selbst ersehen werden. Unter den »neuen Meinun-
gen« scheint der Verf. besonders an die gedacht zu haben, wel-
che aus der damaligen philosophischen Schule mit aller Gewalt
die Theologie umbilden wollten, und die auch viel vermocht
haben, denn noch jetzt behauptet sie sich in gepriesnen Büchern
als Rationalismus der ehemaligen Kantiauer. Der Schluss dieser
Vorrede erinnert evangelisch und zu glücklichem Zeichen an die
Bestimmung der Academieen, der verfolgenden Unwissenheit
zugefügt wird: »Da war es BeJürfniss und konnte also ver-
dienstlich seyn, wenn selbstdenkende Theologen die Worte der
heit. S. riohtigen philosophischen Ideeti anbequemten, und da-
durch gewissen milderen Vorstellungen, z. B. von der göttli-
chen Strafgerechtigkeit, von der Genugthuung, von den Gnaden-
wirkungen, Eingang bei denen schafften, die sie bis dahin für
schriftwidrig gehalten hatten u. s. w.«, dass man aber «nun
eben aus dieser Entdeckung des Localen und Nationalen in die-
sen Schriften die richtige Folge gezogen, dass nicht alles in der
Bibel für alle, folglich eine Absonderung der Vorsteilungsarten
nicht nur erlaubt, sondern zum steten Wachsthum in der cluist^
liehen Wahrheit ganz nothwendig sey. So weit sind wir, Gott-
lob, ziemlich allgemein gekommen.« — Ja, wir wissen noch
gar gut, wie es uns in damaligem Gedränge zu Muthe war.
Da drückte uns noch manches von den geisttöJtcnden theologi-
schen Buchstäblereien und Streitigkeiten seit der neueren Scho-
lastik, und wir fühlten uns sammt einer halben Welt genug da-
mit geplagt. Nun aber brach das Licht durch, und verscheucht
wurden die trüben, scbwererlernten Vorstellungen! Warum
sollte man es uns verargen , dass wir mitunter so von der heil.
Schrift sprachen, als sev uns so eben in der Philosophie ein
neues Licht der Ofsenbarung gesändt, womit wir alsbald in je-
nem Buche das Wahre ausscheiden, und alles an seinen Ort
thun, jedem nach Gebühr zumessen könnten? Damals konnten
wir sreilich noch nicht wissen , was wir nunmehr offen sagen :
es ist mit allen dem nicht besser geworden. Warum hatten uns
denn auch unsere näheren Vorgänger das eigentliche evangeli-
sche Wesen unserer kirchlichen Lehre durch ihr Wortwerk so
verschüttet! Auch das scheint der Verf. berücksichtigt zu haben,
da er von »dem falschen Aufklärungsdrang' spricht, und als eine
Hauptbestimmung* seiner Schrift erklärt, dem Irremachen und
Aufdringen jeder neuen Meinung, so wie dem Angreifen und
Herabwürdigen des öffentbchen Lchrbegrilfs entgegen zu arbei-
ten.« Die Frage freilich, was denn eigentlich der öffentliche
Lehrbegriff sey, ob der in den Bekenntnissschrilten niederge-
legte, oder eine seit VemJe/' und gewissermaassen still-
schweigend angenommene sogenannte reinere Lehre, muss aus
dem Buche selbst ersehen werden. Unter den »neuen Meinun-
gen« scheint der Verf. besonders an die gedacht zu haben, wel-
che aus der damaligen philosophischen Schule mit aller Gewalt
die Theologie umbilden wollten, und die auch viel vermocht
haben, denn noch jetzt behauptet sie sich in gepriesnen Büchern
als Rationalismus der ehemaligen Kantiauer. Der Schluss dieser
Vorrede erinnert evangelisch und zu glücklichem Zeichen an die
Bestimmung der Academieen, der verfolgenden Unwissenheit