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Horn’s und Chamisso's Leben und Schriften.

stiller Geduld und Heiterkeit ertragen? Hilft es uns etwa, wenn
wir den Körper als einen blossen Mantel der Seele verachten, auf
den nicht viel ankommt. Das wäre hochmüthig und unwahr. —
Oder wie ein Rosenblatt, das den Thautropfen einschliesst? Das
klänge zarter, wie aber nicht minder irrig. Alle diese Strohhalme
helfen nichts und werden uns zerbrochen vor die Füssc geworfen.
Wahrhaftig hilft nur Eines. Wir fühlen uns, mit der Krankheit
belastet, unmittelbar Gott gegenüber. Wir erkennen sie als ein
reines Gottesgeschenk. Dagegen sträubt sich nun unsere ganze
sinnliche Natur, ja selbst unser Verstand und Witz gibt jenen
Geschenken die bittersten Namen. Dann aber erheben wir uns in
unserer ganzen Kraft — und fragen: was soll uns nun das wun-
derbarste, so unendlich traurig scheinende Gottesgeschenk? Jener
edlen Frage aber, die wir demüthig an Gott richten', muss eine
Antwort, und zwar eine beruhigende werden. Diese Antwort in
Worten auszusprechen, würden Bücher erforderlich seyn. und ein
Jeder wird und muss sie sich selbst geben. Wir fühlen oft, wenn
ich anders das Gleichniss gebrauchen kann, die Zukunft von jen-
seit der Pforte der Ewigkeit, aber, wenn wir sie mit Ergebenheit
gefühlt haben, dann wird uns auch das Leben sehr klar, und in-
dem der Tod jedes Schrecken für uns verliert und als der milde-
ste Engel erscheint, gewinnt das Leben für uns eine ganz anmu-
thige und nicht minder milde Gestalt.44
Tm Jahr 1820 wurde schon eine zwfeite Auflage der „Um-
risse44 nöthig; dieselbe wurde besonders von Jean Paul, den
Franz Horn auch anderswo den „herrlichen sinn- und herzreichen
Menschen44 nannte, sehr günstig beurtheilt. Um diese Zeit wurde
er auch vielfach von angesprochenen oder begeisterten Lesern
seiner Schriften mit der Bitte um Rath angegangen, und es möchte,
sagt das biographische Denkmal, für die Literaturgeschichte des
19. Jahrhunderts manchen nicht ganz uninteressanten Aufschluss
gewähren, wenn die schriftlich vorliegenden Documente mit denen
zusammengestellt würden, die von denselben Leuten über Horn
später gedruckt zu lesen waren,
Horn’s öffentliche Vorträge wurden mehrere Winter fortge-
setzt und seine dankbaren Zuhörer brachten ihm einen silbernen
Pokal dar. Im Jahr 1821 ff. erschien sein umfassendstes Werk
„Die Poesie und Beredsamkeit der Deutschen44 und 1823 der erste
Theil seines erläuterten Shakespeare; in diesem Jahre besuchte ef
auch die Insel Rügen.
(Der Beschluss folgt,!
 
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