Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
960

Kurze Anzeigen,

Art, in welchen Atheismus und Verachtung alles positiven Christentum^
Rückkehr zum alten Heidenthum der Griechen ganz offen gepredigt wird,
überschüttet werden, minder anstössig erscheinen. Es ist dasselbe ur-
sprünglich in lateinischer Sprache abgefasst (seine Abfassung dürfte nach
S. LXXII. um 1593 zu setzen seyn) und führt in den Handschriften, wo
es meist einen starken Folioband füllt, den Titel: Jonnnis ßodini
colloquium heptaplomeres de rerum sublimium arcanis
abditis. Der Herausgeber hat nun sehr wohlgethan, dass er nicht das
weitläufige, auch durch seine Form oft abstossende und trockene Werk
in der Originalsprache abdrucken liess, was für ihn allerdings bequemer
und leichter gewesen wäre; er gibt vielmehr den Hauptinhalt des Gan-
zen in deutscher Sprache in einem fortlaufenden und zusammenhängen-
den Gesammtauszug, nach Anleitung der besten Pariser Handschrift und
unter Vergleichung und thcilweiser Benutzung anderer Codd. (S. 1—159),
worauf noch ein grösseres Bruchstück im lateinischen Original (S. 161
—256) und am Schluss des Ganzen noch eine Abhandlung des Verfassers,
„Zur Vergleichung mit den W oifenbü ttelsc hen Fragmen-
ten“ folgt. Durch diese Umgestaltung hat der Verfasser gewiss besser
für das Interesse seiner Leser gesorgt und seiner Schrift eine günstigere
Aufnahme bereitet. Es beabsichtigt aber Bodin's Werk im Wesentli-
chen und seinem Hauptinhalt nach eine Erörterung des Wesens der Re-
ligion und der mannichfachen Formen, unter denen sie auf Erden er-
scheint; es soll, neben manchen andern, mit der Haupttendenz des Gan-
zen mehr oder minder in Verbindung stehenden, selbst die Gebiete der
Physik und Mathematik berührenden Abschweifungen nachweisen, wie
am Ende alle die verschiedenen Religionen, wie sie iin Laufe der Zeiten
sich geltend gemacht haben, in sofern sie nur den Glauben an ein reli-
giös-moralisches Wesen enthalten und daran auch festhalten, Geltung
und Duldung, im Staate zunächst, anzusprechen haben. Um dies zu er-
weisen, ist nach dem Vorbild der Alten, die auch in der dialektischen
Haltung und Fassung der Schrift dem Verfaszer vorschwebten, das Ganze
in die Form eines Dialogs eingekleidet, der, weil an ihm sieben Perso-
nen, als eben so viele Repräsentanten der verschiedenen religiösen und
confessionellen Richtungen, Theil nehmen den Namen des Siebenfach-
getheilten —Heptaplomeres führt. Der jüdische Particularismus
in all seiner Abgeschlossenheit und Schroffheit ist hier in der Person
des Salomon Boncassius eben so repräsentirt, wie ihm gegenüber in Diego
Toralba die vorabrabamitische Religion; als Repräsentanten des Chri-
stenthums nach seinen drei Hauptspaltungen, des Katholicismus, der
Lutheraner und der Reformirten treten Paulus Coronäus, Fridericus Po-
damicus und Octavius Curtius auf; der Islam ist in Octavius Fagnola,
das Heidenthum im Sinne des Kaisers Julianus durch Hieronymus Sena-
mus vertreten ; zum Ort ihrer Zusammenkunft und ihres Gesprächs ist,
offenbar nicht absichtslos, das weltbürgerliche Venedig gewählt, das, als
eine Art von Zufluchtsstätte für bedrängte Gewissensfreiheit in Sachen
des Glauben« und der Religion damals die Stelle einnahin, die späterhin
die Niederlande übernahmen. So erscheint die ganze äussere Einklei-
dung des Werkes als Etwas nicht Zufälliges, sondern durch den Inhalt,
der übrigens rein objectiv gehalten ist. Bestimmtes. Dass die Abfassung
einer solchen Schrift in einem so merkwürdigen Zeit- und Wendepunkte
der politischen wie der kirchlichen Zustände Frankreichs — am Schlüsse
des XVI. Jahrhunderts, kurz vor der Thronbesteigung Heinrich’s IV.
und dem Erlass des Edicts von Nantes — zu den gewiss auffallenden und
beachtenswerthen Erscheinungen gehört, wird Niemand verkennen wollen.
 
Annotationen