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Reichlin-Meldegg: Paulus und seine Zeit.

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schiedencn Semestern sich beinahe auf alle Zweige des theologischen
Wissens ausdehnenden Thäligkeit (S. 49) in erneuerter, unermüde-
ter Kraftanstrengung bis zu seinem freiwilligen Rückzüge von dem
akademischen Lehramte ununterbrochen fort. Ein treues Bild von
dem innern Leben unseres Gelehrten wird vorzüglich durch die Ent-
wicklung des wesentlichen Inhaltes der Haupitendenzen und Resul-
tate der so umfassenden schriftstellerischen Thätigkeit unseres P a u-
lus gewonnen. Diese ist aber gerade während seines vierzigjäh-
rigen Aufenthaltes in Heidelberg so umfangreich, dass sie der
Unterzeichnete in Abschnitte zerlegen musste. Den natürlichen Ruhe-
punkt zwischen beiden bildet das Jahr seines doppelten Jubiläums,
der Anstellung als ordentlicher Professor und der Verehelichung mit
Caroline Paulus.
Im ersten Abschnitte gab bei der vielseitigen Thätigkeit des
Gelehrten der Gegenstand selbst, mit dem er sich beschäftigte, den
natürlichen Theilungsgrund. So schildert der Unterzeichnete zuerst
die schrifstellerische Thätigkeit im Gebiete der Theologie und Phi-
losophie bis zum Jubiläumsjahre 1839 (S. 58—122), sodann die
schriftstellerische Thäligkeit im Staats- und Kirchenrechte, so wie
in der Politik für denselben Zeitraum (S. 122—164). Hier war
zum Verständnisse der politischen und juristischen Schriftstellerwirk-
samkeit unseres Paulus die Erläuterung der politischen Zustände
nölhig. Merkwürdige Ereignisse, welche mächtig in diese Thäligkeit
eingriffen, sind Paulus’ Verbannung aus Württemberg im Juli 1819
wegen angeblicher Umtriebe bei den würltembergischen Landständen
in Stuttgart (S. 138—142) und der Fonk’sche Process (1817
bis 1823), worüber vieles bisher völlig Unbekannte aus dem reich-
haltigen Quellenvorralhe mitgetheilt wird (S. 148—156). Der be-
rühmte K. S. Zachariä sagte damals: „Wenn Fonk von den Ge-
schwornen wahrheitswidrig für schuldig erklärt wird, so ist der
Grund einzig in der Organisation zu finden, welche erst das fran-
zösische Recht den Schwurgerichten gegeben hat“ (S. 150). Der
grosse Kriminalist Feuerbach nennt Paulus’ Schrift über den
Fonk'schen Process in einem Schreiben an denselben, das uns über
manches Neue Aufschluss gibt, eine „gründliche, in jedem Betracht
herrliche Abhandlung.“ Er nennt in demselben seinen Sohn, den
bekannten Philosophen, Ludwig Andreas einen „sehr edeln,
allem Guten nachstrebenden, mit gründlichen Vorkenntnissen ausge-
rüsteten Jüngling, der sich nicht des Bro des wegen, son-
dern aus leidenschaftlicher Liebe der Theologie er-
gibt.“ Am 4. August 1823 schrieb der Minister v. Kampz aus
Berlin an den mulhigen Verlheidiger der Unschuld: „Seine Maje-
stät, der König haben den Fonk vollständig begnadigt, wie ich so
eben erfahre. Die darauf sich beziehenden Verfügungen werden un-
gesäumt erlassen. So hat denn endlich das materielle Recht über Un-
recht und Kabale gesiegt. Es ist für mich einer der glückseligsten
Augenblicke, die ich lange, sehr lange erlebt habe. Mit der Freude
 
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