374 Platner: Historische Entwicklung des deutschen Rechts. 2. Bd.
hafteten seinem rechtlichen Effecte nach dahin, nach seinen Kräften
den Vertrag zu erfüllen, nämlich für die Zwecke des andern Theils
zu streben, wie der Verf. (S. 45) will, so müsste ein unüberwind-
licher Irrthum ihn vielmehr von seiner Verhaftung befreien. Der
Verf. sagt fS. 46): Fleiss, Nachlässigkeit, Fähigkeit, Absicht, sind
innerlicher subjectiver Natur, über die zunächst der angebliche Thäler
zu entscheiden hat. Das ist indess nicht zunächst, sondern nur in-
sofern der Fall, als es keinen Beweis derselben gibt, und kein Be-
weis derselben ihren Einfluss bedingt. Und insofern sie subjectiver
Natur sind, können sie keine Gestaltung haben, die Gegenstand einer
allgemeinen Rechtslehre seyn könnte, und insofern kann es auch eine
Verschiedenartigkeit der Schuld nicht geben. Auch die Unterschei-
dung von Schuld und Nachlässigkeit hat dann nur insofern Bedeu-
tung, als die Anschauungsweise des Schwörenden für den Inhalt des
Schwurs ihre Berücksichtigung erheischt. Folgt man indess dem
Verf. zu seiner Lehre vom Irrthume, so trägt nicht allein der Irrende
dessen Folgen, sondern er wird auch wegen seiner Unwissenheit
sogar bestraft. Die Fälle wo dies eintritt, sind solche, wo diese
Unwissenheit aus Gleichgültigkeit gegen die religiösen Einrichtungen
entspringt, so wo Jemand die kirchlichen Feiertage nicht kennt und
unbeachtet lässt (S. 66), und es wird hier also jene Gleichgül-
tigkeit bestraft. Dass aber der Verf. dies in die Lehre vom Irr—
thume als ein Beispiel der Strafbarkeit des Irrt hu ms verwebt, das
stellt sich, nach dem was bereits über den Ideengang des Verf. aus
dem Bisherigen erhellt, nicht bloss als ein vereinzeltes Versehen,
sondern nur als eine Extremität der Kelte von Verwirrungen dar, die
er in fortlaufenden Verknotungen ausdehnt. — Das Resultat der
deutschen Rechtszeugnisse in Ansehung des Irrthums ist dies: dass
er die widerrechtliche Absicht des Irrenden ausschliesst, aber übri-
gens ein Zufall ist, der insofern den Irrenden selber trifft, als er
ein Ereigniss herbeigeführt hat, welches entweder ihn von der Be-
fugniss sich durch Eid zu vertheidigen ausschliesst, oder einen Ein-
druck auf sein Gewissen macht, der ihn von der Leistung des Eides
abhält. Im übrigen ist der Irrthum bedeutungslos, wenn nicht etwa
bereits die Urheberschaft eines rechtswidrigen Erfolges schon fest-
stehl, wegen welcher der Irrende nicht verantwortlich ist, wie z. B.
(S. 61 ff.) beim gerichtlichen Rechtsspruche. Ucber den Zufall, der
einen Stoff trifft, stellt der Verf. (S. 124 ff.) die Regel auf, dass
derjenige, welcher Inhaber der Gewere sey, auch den Zufall trage;
derjenige Inhaber fremden Gutes, der für dessen Benutzung dem
Eigner eine Vergeltung gebe, aber nicht Inhaber der Gewere sey.
Der Satz lautet in anderer Fassung so: für dasjenige, was durch
eine Gewere an deren Stoff verursacht wird , gilt der Inhaber der
Gewere als Urheber; er kann also nicht schwören, dass es nicht
durch seine Schuld geschehen. Denn der Stoff einer Gewere kann
durch keinen andern Zufall berührt werden, als durch den, der von
dieser Gewere herrührt, es sey denn, dass er in dem Stoffe selber
hafteten seinem rechtlichen Effecte nach dahin, nach seinen Kräften
den Vertrag zu erfüllen, nämlich für die Zwecke des andern Theils
zu streben, wie der Verf. (S. 45) will, so müsste ein unüberwind-
licher Irrthum ihn vielmehr von seiner Verhaftung befreien. Der
Verf. sagt fS. 46): Fleiss, Nachlässigkeit, Fähigkeit, Absicht, sind
innerlicher subjectiver Natur, über die zunächst der angebliche Thäler
zu entscheiden hat. Das ist indess nicht zunächst, sondern nur in-
sofern der Fall, als es keinen Beweis derselben gibt, und kein Be-
weis derselben ihren Einfluss bedingt. Und insofern sie subjectiver
Natur sind, können sie keine Gestaltung haben, die Gegenstand einer
allgemeinen Rechtslehre seyn könnte, und insofern kann es auch eine
Verschiedenartigkeit der Schuld nicht geben. Auch die Unterschei-
dung von Schuld und Nachlässigkeit hat dann nur insofern Bedeu-
tung, als die Anschauungsweise des Schwörenden für den Inhalt des
Schwurs ihre Berücksichtigung erheischt. Folgt man indess dem
Verf. zu seiner Lehre vom Irrthume, so trägt nicht allein der Irrende
dessen Folgen, sondern er wird auch wegen seiner Unwissenheit
sogar bestraft. Die Fälle wo dies eintritt, sind solche, wo diese
Unwissenheit aus Gleichgültigkeit gegen die religiösen Einrichtungen
entspringt, so wo Jemand die kirchlichen Feiertage nicht kennt und
unbeachtet lässt (S. 66), und es wird hier also jene Gleichgül-
tigkeit bestraft. Dass aber der Verf. dies in die Lehre vom Irr—
thume als ein Beispiel der Strafbarkeit des Irrt hu ms verwebt, das
stellt sich, nach dem was bereits über den Ideengang des Verf. aus
dem Bisherigen erhellt, nicht bloss als ein vereinzeltes Versehen,
sondern nur als eine Extremität der Kelte von Verwirrungen dar, die
er in fortlaufenden Verknotungen ausdehnt. — Das Resultat der
deutschen Rechtszeugnisse in Ansehung des Irrthums ist dies: dass
er die widerrechtliche Absicht des Irrenden ausschliesst, aber übri-
gens ein Zufall ist, der insofern den Irrenden selber trifft, als er
ein Ereigniss herbeigeführt hat, welches entweder ihn von der Be-
fugniss sich durch Eid zu vertheidigen ausschliesst, oder einen Ein-
druck auf sein Gewissen macht, der ihn von der Leistung des Eides
abhält. Im übrigen ist der Irrthum bedeutungslos, wenn nicht etwa
bereits die Urheberschaft eines rechtswidrigen Erfolges schon fest-
stehl, wegen welcher der Irrende nicht verantwortlich ist, wie z. B.
(S. 61 ff.) beim gerichtlichen Rechtsspruche. Ucber den Zufall, der
einen Stoff trifft, stellt der Verf. (S. 124 ff.) die Regel auf, dass
derjenige, welcher Inhaber der Gewere sey, auch den Zufall trage;
derjenige Inhaber fremden Gutes, der für dessen Benutzung dem
Eigner eine Vergeltung gebe, aber nicht Inhaber der Gewere sey.
Der Satz lautet in anderer Fassung so: für dasjenige, was durch
eine Gewere an deren Stoff verursacht wird , gilt der Inhaber der
Gewere als Urheber; er kann also nicht schwören, dass es nicht
durch seine Schuld geschehen. Denn der Stoff einer Gewere kann
durch keinen andern Zufall berührt werden, als durch den, der von
dieser Gewere herrührt, es sey denn, dass er in dem Stoffe selber