Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hense: Poetische Personification.

79

Dichter beigefügt und, eben um den Unterschied antiker und mo-
derner Poesie zu kennzeichnen, auch aus Shakespeare. »Er ist,
sagt der Verfasser S. XIII mit Recht der malerische Individualist
in der Poesie genannt worden, er ist es auch in der Personifica-
tion. Die neuere Zeit mit der grossem Mannigfaltigkeit und Ver-
tieftheit ihrer Lebensverhältnisse tritt auch in Shakespeares Per-
sonification hervor; wie seine Dramen polymythisch, und im Ge-
gensatz zu der Monomythie in den antiken Dramen, so haben viele
seiner Personificationen eine Fülle, eine individuelle Vertiefung und
weite Ausführung, wie sie die Alten in ihrer einfachen Plasticität
nicht kannten.«
In drei Gruppen theilt der Verfasser diese in der Sprache der
Dichter vorkommenden Personificationen: die erste Gruppe umfasst
alle Wörter, welche Theile des menschlichen Körpers bezeichnen und
durch Anführung eines solchen Theiles die Vorstellung der mensch-
lichen Gestalt überhaupt erwecken; die zweite Gruppe umfasst die
Wörter, welche Lebensverhältnisse bezeichnen, die der Mensch noch
mit den Thieren theilt (z. B. Zeugung, Geburt u. dgl., Leben und
Sterben, Wachen und Schlafen); die dritte Gruppe befasst die
Wörter, welche Geistesverhältnisse bezeichnen, die dem Menschen
als psychischem Wesen allein angehören, also alle die Wendungen,
welche eine Gesinnung bezeichnen und personificirend auf Natur-
verhältnisse, abstrakte Begriffe und mechanische Gegenstände über-
tragen werden. Von diesen drei Gruppen wird in vorliegender
Schrift die erste Gruppe behandelt, wenn auch nicht, wie der Ver-
fasser ausdrücklich bemerkt, in ihrem vollen Umfang.
Die Zusammenstellung der einzelnen Ausdrücke, welche in diese
erste Gruppe der Personification fallen, bietet zur Erkenntniss und
Würdigung des dichterischen Sprachgebrauchs der Griechen, wie
selbst der Römer, namentlich auch in Bezug auf die Anwendung
der Metapher, nicht Wenig des Interessanten , und zeigt zugleich
die grosse Belesenheit des Verfassers auf dem Gebiete der alten
Poesie. Neben Homer und Hesiodus sind es besonders Aeschylus
und Pindar, so wie die Dichter der griechischen Anthologie, welche
ein reiches Material geliefert haben, das hier wohl benutzt und
gesichtet vor uns liegt. In Allem sind es sechs und dreissig
Nummern, welche diese erste Gruppe bilden, Ausdrücke, die zur
Bezeichnung der verschiedenen Theile des menschlichen Körpers
ursprünglich und zunächst dienen, dann aber von den Dichtem auch
unpersönlichen leblosen Gegenständen, Naturgegenständen wie Ge-
genständen mechanischer Art oder Werken der mechanischen Thä-
tigkeit beigelegt werden. An erster Stelle erscheinen die Ausdrücke,
welche Kopf bezeichnen (κάρα, κάρηνον, κεφαλή, caput), dann die
einzelnen Theile, wie Haar (κόμη, φόβη, κομάν, λάΰι,ος, βόϋτρνχος,
πωγων, coma, crinis) Stirne (μέτωπον frons), Schläfe (κρόταφος),
Augenbrauen (όφρύς), Gesicht (πρόόωπον), Auge (ομμα, βλεφαρον,
 
Annotationen