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Brodersen, Kai; Holm-Hadulla, Rainer Matthias [Hrsg.]; Assmann, Jan [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Kreativität — Berlin, Heidelberg [u.a.], 44.2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.4064#0116
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Wirtschaft und Kreativität

VON THOMAS PETERSEN

Einleitung

„Creative" - mit diesen Lettern versucht ein Unternehmen der Chemie-
industrie in einer Anzeige auf sich aufmerksam zu machen. Dort heißt es:
„Kreativität bestimmt die zukünftige Handlungsfähigkeit von Chemieunter-
nehmen. Es ist Zeit für neues Denken. Für kreative und effiziente Wege statt
eingefahrener Strukturen." Von „neuen Geschäftsprozessen" und „neuen
Technologien" ist dann noch die Rede, bevor das Unternehmen sein „nächs-
tes Ziel" erklärt: „größtmögliche Flexibilität für unsere Kunden".'

Derartige Anzeigen findet man heute oft - und ebenso Stellenanzeigen, in
denen von den Stellenbewerbern Kreativität als wichtigste Eigenschaft ver-
langt wird. Kreativität ist in der Regel assoziiert mit Flexibilität, mit dynami-
scher Veränderung und Effizienz, d. h. der optimalen Ausnutzung von Mitteln
und Ressourcen. Entgegengesetzt werden der Kreativität das Berechenbare,
die mechanische Wiederholung und das Starre, das in den „eingefahrenen
Strukturen" anklingt.

Kreativität scheint eine spezifische Angelegenheit der Wirtschaft zu sein,
und vor allem der wirtschaftliche Erfolg hängt offenbar wesentlich von ihr
ab. Jedenfalls ist dies eine herrschende Meinung. Von dieser Meinung gibt
unter anderem das Vertrauen Zeugnis, das auf den Aktienmärkten der Krea-
tivität als solcher und dem, was aus der Kreativität folgt, der Innovation,
entgegengebracht wird. Wie stark das Vertrauen in die Kreativität ist, zeigt
eine Beobachtung des Politikwissenschaftlers und Beraters der Regierung
der Vereinigten Staaten von Amerika, Edward Luttwak, zum „Neuen Markt",
auf dem die Aktien von Internetfirmen gehandelt werden: Nettoverluste sol-
cher Firmen führen zu Steigerungen ihrer Aktienkurse. Offenbar werden
Nettoverluste als Zeichen von Innovation und Investition - und damit von
Kreativität - betrachtet und damit als Garantie künftiger Gewinne.

FAZ vom u. 5. 2000, S. 15.
 
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