Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Brodersen, Kai; Holm-Hadulla, Rainer Matthias [Hrsg.]; Assmann, Jan [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Kreativität — Berlin, Heidelberg [u.a.], 44.2000

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4064#0252
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Selbsterschaffene Personen
Von der göttlichen Logik zur Therapiekultur

VON MARIA-SIBYLLA LOTTER

I. Selbstverwirklichung und Tod

And once you have walked the length of your mind, what
You command is as clear as a lading-list
Anything eise must not, for you, be thought

To exist.
And what's the profit? Only that, in time
We half-identify the blind impress
All our behavings bear, may trace it home.

But to confess,
On that green evening when our death begins,
Just what it was, is hardly satisrying,
Since it applied only to one man once,
and that man dying.

In den letzten Strophen von Philip Larkins Gedicht Continuing to Live geht
es um unsere Angst vor dem Tod, aber nicht im Sinne einer conditio huma-
na. Was den Tod nach Larkin fürchterlich erscheinen lässt, ist anders als
das, wovor sich ein tibetanischer Buddhist der Gegenwart, ein Alt-Ägypter
oder eine Christin des siebzehnten Jahrhunderts furchten würden. Es ist we-
der eine schlechte Wiedergeburt, noch die Verurteüung durch ein Jenseits-
gericht, noch das ewige Leiden in der Hölle. Larkin hingegen scheint sich gar
nicht wegen etwas „jenseits" seines Lebens sorgen zu müssen. Aber gerade
das ist offenbar sein Problem. Denn sein Gesetz, sein „must not", verpflich-
tet ihn überhaupt niemandem außer dem eigenen Geist Es erlaubt nicht, an
die Existenz von Dingen zu glauben, die über die den eigenen Verstand, die
eigene Erfahrung, die eigene Ausdrucksfähigkeit hinausreichen. Das bedeu-
tet, dass es auch kein Ziel des Lebens außerhalb der individuellen Existenz
 
Annotationen