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Kempter, Klaus [Hrsg.]; Boenicke, Rose [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0068

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56 Volker Lenhart

wollte, und ist heute hoch aktuell in den Life sciences); wenn die Bedeutung
künftiger Berufstätigkeit für Wirtschaft, Politik, Gesellschaftliche Gemein-
schaft und Kultur insgesamt, wenn auch nicht gleich gewichtig, erkennbar
wird - dann kann durchaus am Ideal der Einheit von Bildung und Aus-
bildung festgehalten werden. Wie schwer die praktische Umsetzung sich in
concreto darstellt, kann an einem Detail der aus den PISA-Studien gefol-
gerten Lehrerbildungsreform illustriert werden. Unter Beachtung der oben
genannten Bedingungen darf sich das fachwissenschaftliche Studium der
Lehrkräfte nicht - wie gefordert wird - auf das für fachdidaktische Umset-
zung Geeignete beschränken. Forschungsbezug heißt, den Forschungsstand
vor Augen zu haben und zu seiner Erweiterung potenziell beizutragen. Auch
der künftige Mathematiklehrer muss in Mathematik promoviert werden
können. Dasselbe gilt freilich für die Lehramtsstudierenden, die für sich
die Erziehungswissenschaft oder die Fachdidaktik besonders akzentuieren.
Diese Fächer sind durchaus eigengewichtig und nicht nur disciplinae an-
cillae.

Humboldt hatte es in seiner Zeit außer bei den Elementarschulen mit Bil-
dungseinrichtungen nur für die männliche Jugend zu tun. Entsprechend ist
sein Sprachgebrauch, an den hier angeschlossen wurde. In seinen Studien zu
den Geschlechtercharakteren hat er zwar männliche und weibliche Wesens-
art stark typisiert, aber doch keines der beiden Geschlechter dem anderen
über- oder untergeordnet. „Die Einheit der Gattung abgerechnet, welche sich
in der männlichen und weiblichen Bildung gemeinschaftlich ausdrückt, ste-
hen selbst die Geschlechtsverschiedenheiten beider in einer so vollkommenen
Uebereinstimmung mit einander, dass sie dadurch zu einem Ganzen zusam-
menschmelzen. Man abstrahire nun entweder von dem Geschlechtscharakter
oder man vereinige denselben, so erhält man in beiden Fällen ein Bild des Men-
schen in seiner allgemeinen Natur".68 Humboldt würde unter heutigen Bedin-
gungen alle Bildung auch Mädchen und Frauen zugänglich machen. Nur um
des historischen Sujets Willen wurde die männliche Sprachvariante gewählt.
Menschenbildung ist selbstverständlich Mädchen- und Jungen-, Frauen- und
Männerbildung.

Literatur

Anrieh E (Hrsg.) (1956) Die Idee der deutschen Universität. Die fünf Grundschriften aus der Zeit
ihrer Neubegründung durch klassischen Idealismus und romantischen Realismus. Darm-
stadt: Wiss. Buchgesellschaft

Auernheimer G (1994) Einführung in die interkulturelle Erziehung. Darmstadt: Wiss. Buchge-
sellschaft

Baden-Württemberg, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport (2004) Bildungsplan 2004
Allgemeinbildendes Gymnasium.
Internet: http://www.bildung-staerkt-menschen.de/ (download Mai 2005)

1 Humboldt, Werke I, i960,296.
 
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