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Kempter, Klaus [Hrsg.]; Boenicke, Rose [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0109

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„Wie man in der Welt menschlich sein und bleiben kann"

Der Beitrag religiöser Bildung in der Postmoderne

INGRID SCHOBERTH

i Bildung als Herausforderung

In einem engagierten Plädoyer stellt der Pädagoge Hartmut von Hentig die
Bildung als eine der zentralen Aufgaben angesichts der mannigfaltigen Her-
ausforderungen der Gegenwart heraus: „Die Antwort auf unsere behaupte-
te oder tatsächliche Orientierungslosigkeit ist Bildung - nicht Wissenschaft,
nicht Information, nicht die Kommunikationsgesellschaft, nicht moralische
Aufrüstung, nicht der Ordnungsstaat."' Indem Hentig dabei dezidiert die Bil-
dungsaufgabe von Wissenschaft und Information unterscheidet, deutet sich be-
reits an, dass unsere gängigen Reaktionen auf Globalisierung und PISA-Studie
zu kurz greifen, wenn sie die Verbesserung der Ausbildung an die Stelle von Bil-
dung setzen. Bildung hat es wesentlich damit zu tun, dass nicht nur zusätzlich
Wissen vermittelt wird, sondern Menschen allererst befähigt werden, in den
gesellschaftlichen Transformationsprozessen sich selbst und andere wahrzu-
nehmen und so erst das zu tun in der Lage sind, was erforderlich ist. „Es muss
sich um das handeln, was den Menschen zu einer Person macht - einer Person,
die das versteht, kann und will, wonach hier gefragt wird und was hier gesagt
wird; die vor allem prüft, was wir immer schon tun und nur darum für das Gute
halten; und die, was sie als notwendig erkennt, zu tun wagt." 2 Bildung ist not-
wendig, damit die sich verändernde Welt ein menschliches Antlitz behält.3 Die
Wahrnehmung des anderen ist darum auch für den Philosophen Robert Spae-
mann Kern der Bildungsaufgabe: „Etwas aufnehmen, wie es gegeben wird',
setzt voraus, dass wir wissen: es gibt außer uns noch andere Mittelpunkte der
Welt und andere Perspektiven auf sie. Andere sind nicht nur Teil meiner Welt,

Hentig 1999,13.
2 Ebd., 34.
Im Auftrag des Bildungsrates für Baden-Württemberg hat Hartmut von Hentig (2004, 7)
die Ausrichtung des neuen Bildungsplanes für Baden-Württemberg konkretisiert: „In den
Schulen werde die Menschheitserfahrungen und die in ihnen erworbenen Maßstäbe für das
.gute Leben' weitergegeben - an den Schulen werden zugleich Instrumente für eine noch
unbestimmte Zukunft bereitgestellt. Es geht in ihnen immer um eine Balance zwischen Ver-
antwortung und Unvoreingenommenheit, von Bewahrung und Bewährung."
 
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