Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kempter, Klaus [Editor]; Boenicke, Rose [Editor]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Editor]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0376

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
364 Nico Stehr

kurzfristige, strittig diskutierte Probleme nationaler oder transnationaler Po-
litik, der Wirtschaft, der Staaten, der Bevölkerungsentwicklung oder andere
Themen und Probleme beziehen, deren Lebenserwartung als Diskussionsge-
genstand in den Medien und in der Politik oft relativ beschränkt ist. Zu den
langfristig relevanten Themen in modernen Gesellschaften gehört, in mehrfa-
cher Hinsicht, ganz zentral die Problematik der Zukunft der Arbeit. Ich kon-
zentriere mich an dieser Stelle auf die Frage nach dem langfristigen Umfang
der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, nach den gesellschaftlichen Prozes-
sen, die die Welt der Arbeit nicht nur mitbestimmen, sondern entscheidend
verändern, und den Akteuren, die in diesem Zusammenhang eine wahrschein-
lich prägende Rolle spielen.

I Die Zukunft der Arbeit

Während in der Öffentlichkeit, bestärkt durch die Meinungsmacher der großen
sozialen Institutionen wie in jüngster Zeit etwa Wirtschaftsminister, Kanzler
oder Oppositionsführer, tiefgreifende Änderungen in der Struktur der mo-
dernen Wirtschaft noch immer nicht erkannt werden, hat sich die akademi-
sche Literatur seit geraumer Zeit damit beschäftigt, dass der Faktor Arbeit
nicht nur an Beschäftigungssicherheit,3 sondern auch an Umfang verloren
hat und diese Entwicklung nicht nur Symptom „rein" strukturell begründeter
Veränderungen ist, sondern eher auf einen sehr viel permanenteren Wandel in
der Beschäftigungsstruktur hinweist.

Die Frage nach der Zukunft der Arbeit kann aber nicht damit beantwortet
werden, dass wir Zeugen eines beginnenden Abschieds von der Arbeit seien.4
Was wir beobachten können, ist der Anfang „säkularer" Arbeitslosigkeit, das
heißt einer Arbeitslosigkeit, die weder konjunkturell noch strukturell bedingt
ist.

Die herkömmliche Definition von konjunktureller, aber auch von struktu-
reller Arbeitslosigkeit verweist auf zeitlich unterschiedliche Ungleichgewich-
te des Arbeitsmarktes. Diese ökonomisch oder auch demografisch bedingten
Ungleichgewichte, so lautet die zu Grunde liegende Überzeugung oder auch
Erfahrung, werden schließlich und endlich durch einen Ausgleich in der Nach-
frage und dem Angebot von Arbeit verschwinden. Der neoklassische Wirt-

Z. B. Betcherman 1995.

Rifkin 1995. Siehe auch Peter Druckers (1968,267) frühe, antizipierende Einwände gegen die
These vom (kollektiven) Ende der Arbeit. Drucker vertritt die These, dass der Umfang der
Arbeit einzelner „Wissensarbeiter" tendenziell sogar zunimmt: "Eminent doctors teil us today
that work is on its deathbed in the rieh, industrially advanced countries, such as the United
States, Western Europe, or Japan. The trends are actually running in the opposite direction.
The typical Vorker' of the advanced economy, the knowledge worker, is working more and
more, and there is demand for more and more knowledge workers [...]. Knowledge work,like
all produetive work, creates its own demand. And the demand is apparently unlimited."
 
Annotationen