Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kempter, Klaus [Hrsg.]; Boenicke, Rose [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0416

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
404 Dieter Langewiesche

Sackgasse. In ihr ist man zwar materiell abgesichert, doch abgedrängt in die
Lehre - hier oft begrenzt auf das Grundstudium - fehlt der Anreiz, sich durch
Forschung weiterzuqualifizieren.Wer aufsteigen will, strebt von der Forschung
und der Lehre weg zu administrativen Funktionsstellen.

Daß dies nicht so sein muß, lehrt die Vielfalt selbständiger Positionen unter-
halb der Professur, über die britische Universitäten - in ähnlicher Weise auch
die australischen und kanadischen - verfügen: Junior und Senior Lecturer,
Reader. Sie sind selbständig, und vor allem sind sie auf Lehre und Forschung
ausgerichtet, denn der Anreiz - auch der finanzielle -, sich weiter wissenschaft-
lich zu profilieren, bleibt erhalten, ohne daß der Schritt zur Professur notwen-
dig wäre. Wer nicht Professor wird, ist nicht und gilt nicht als gescheitert. Be-
kannte britische Historiker, um nur in mein Fach zu blicken, haben nie dieses
Amt angestrebt, was ihrem Ansehen daheim und im Ausland nicht gescha-
det hat. In Deutschland wäre das angesichts der Personalstruktur unmöglich.
Auch das britische System hat seine Tücken, doch im Vergleich zum deutschen
entschärft es den Hasard des universitären Berufsweges, wovon die Personen
und die Institution gleichermaßen profitieren. Gefragt ist Phantasie, wie man
sich durch ein solches System zu Reformen, die auf deutsche Verhältnisse zu-
geschnitten werden müssen, anregen lassen kann.

Früher zu erreichende feste und eigenständige Positionen unterhalb der
Professur müssen keineswegs zur Verkrustung des Lehrkörpers führen - vor-
ausgesetzt, diese Stellen sind so konstruiert, daß sie den Anreiz bieten, sich
weiterhin durch Forschung und in der Lehre zu qualifizieren. Wie auch im-
mer die Einzelheiten gestaltet würden, sie müßten darauf ausgelegt sein, den
frühen Zugang zu diesen Stellen mit dem Stachel zur Mobilität zu verbinden.
Finanzierbar wäre eine solche differenzierte, abgestufte Personalstruktur, denn
für die neuen Positionen könnten die bisherigen Mitarbeiterstellen oder doch
ein erheblicher Teil von ihnen genutzt werden. Sie ergäben gemeinsam mit den
Professuren ein Stellenreservoir, das groß genug sein müßte, auf allen Ebenen
eine personelle Erstarrung zu vermeiden. Für Doktoranden bliebe der Weg
über Stipendien oder Forschungsprojekte.

Eine Personalreform, die personelle Erweiterung einschließt, darf den
Staatsetat nicht belasten, sonst wäre die Hoffnung darauf illusionär. Die Stu-
diengebühren, die zur Zeit in etlichen deutschen Ländern eingeführt werden,
könnten, so bescheiden sie auch (noch) sind, für die Finanzierung zusätzlicher
Stellen genutzt werden - vorausgesetzt sie kommen bei den Universitäten und
Fakultäten tatsächlich an und werden nicht in den nächsten ministeriellen
Sparauflagen, durch neue wohlklingende Worthülsen sorgfältig camoufliert,
aufgezehrt. Selbst ein mittleres Fach mit nur 500 Hauptfachstudenten würde
bei einer Studiengebühr von 1000 Euro pro Jahr regelmäßig eine stattliche
Summe erwirtschaften, die aufgeteilt auf Universität und Fakultät durchaus
einen erheblichen finanziellen Spielraum schüfe. Er sollte genutzt werden, um
dauerhafte und auch zeitlich begrenzte Stellen für ausgewiesene Wissenschaft-
 
Annotationen