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III. Gräben - Mauern - Wälle


99 Knochenhauerstr. 19 (Einbeck 186), unter
dem Tonnengewölbekeller des Jahres 1562d liegt
der verfüllte Graben der Altstadt.

100 Knochenhauerstr. 19 (Einbeck 186), die
Verfüllung des Stadtgrabens ist schräg geschichtet.
Am rechten Bildrand Grabenflanke, am Unken Bildrand
Entwässerungsgraben der 2. Hälfte des 13. Jh.s.

Einen Schwerpunkt der archäologischen Forschungen der letzten zehn Jahre
bildeten die Untersuchungen zur Einbecker Stadtbefestigung, ihrer Entstehung und
Entwicklung. Besonders umfassende Beobachtungsbedingungen für die z.T. sehr
komplexen Entwicklungen bestanden am Altendorfer Tor. Es wird deshalb bei den
folgenden Darstellungen den breitesten Raum einnehmen. Die Untersuchungen am
Benser Tor und am Hulierser Tor lieferten wichtige Ergänzungen. Selbstverständ-
lich wurden auch die noch erhaltenen Teile der Stadtbefestigung berücksichtigt.
Die Darstellung folgt zeitlich dem Gang der Entwicklung von der Befestigung
der Altstadt über den Bau der Stadtmauer und die Anlage und Verstärkung des
äußeren Befestigungsgürtels bis zur weitgehenden Zerstörung der Stadtbefestigung
im 18. Jh.

1. Die Befestigung des Marktes
Der Verlauf der Knochenhauerstraße und der Maschenstraße ließ bereits im
frühen 20. Jh. den Verdacht aufkommen, daß hier eine ältere Stadtbefestigungs-
linie verlaufen sein könnte. Eindeutige Ergebnisse brachten in dieser Hinsicht jedoch
erst die Baugrubenbeobachtungen und Bohrungen durch Wilhelm Schwartau
auf den Grundstücken Knochenhauerstraße 3 und 7 (Einbeck 78 und 86). Diese
bildeten die Grundlage für die gezielte Kontrolle der Befunde beim Umbau des
Hauses Knochenhauerstr. 19 (Einbeck 186). Die zufällige Eotodokumentation der
Sparkassenbaugrube von 1978 durch H. Hainski erbrachte zusätzlich den Graben-
nachweis für die Parzellen Knochenhauerstr. 9-17 (Einbeck 86). Bohrungen
bestätigten den Verlauf in der Geiststraße (Einbeck 194) und auf den Hintergrund-
stücken Breiter Stein 16 und 18 (Einbeck 219). Beim Neubau der Kanalisation
im Rosenthal (Einbeck 172) konnte ein Grabenkopf aufgedeckt werden. Für
den Verlauf des westlichen Abschnittes des Altstadtgrabens gibt es z.Zt. keine
Anhaltspunkte. Es kann jedoch kaum ein Zweifel daran bestehen, daß er auf


101 Rosenthal (Einbeck 172), verfüllter Stadtgraben:
unten Grabenschlamm mit einzelnen Funden, Mitte
gezielte Mülleinfiillungen, oben erste Straßenniveaus.


der Nordseite der Maschenstraße bis zum späteren Tiedexer Tor verlief.
Unter dem Tonnengewölbekeller und im Hinterhof des Hauses Knochenhauerstr. 19
konnte der Befestigungsgraben der Altstadt systematisch dokumentiert werden
(99; 100). Der nachgewiesene Sohlgraben hatte eine Breite von maximal 15 m
bei einer Tiefe von 4,30 m. Er war zumindest in seiner Anfangsphase wasserführend,
wie zahlreiche Teichmuschelschalen belegen. Dies setzt aufgrund der Gelände-
situation einen künstlich angelegten Zufluß vom Krummen Wasser voraus.
Im Osten vor Haus Rosenthal Nr. 12 konnte geklärt werden, daß der Graben mit
Erreichen des Auenrandes in einem Grabenkopf mit Überlauf zum Krummen
Wasser endete (101). Die Innenkante des Grabens war hier zusätzlich mit einer
eingerammten Doppelreihe aus Rundhölzern versehen (103). Da in allen bisherigen
Untersuchungsflächen Reste eines Erdwalles auf der Innenseite des Grabens
fehlen, kann nur vermutet werden, daß die Rundhölzer als Reste einer Palisade
oder Sicherung einer Wallvorderfront anzusehen sind.
Der Graben verschlammte nach seiner Anlage sehr schnell. Vor allem in den
Grabenkopf im Rosenthal gelangten zahlreiche Abfälle, u.a. ein fast vollständiger
Kugeltopf aus der Produktion vom Negenborner Weg (vgl. Kap. Xll, 1) aus der Zeit
um 1200 (102). Dies ist zugleich der einzige datierende Anhaltspunkt für den Bau
und die Bestandszeit der Befestigung der Marktsiedlung. Im Zusammenhang mit
bzw. nach der Befestigung der Neustadt um 1250 wurde der Graben im Rosenthal
mit Siedlungsabfällen verfüllt und mit Ast- und Zweiglagen begehbar gemacht.
Darüber folgen erste Straßenschlammschichten mit Fahrspuren und grobe
Straßenpflasterungen bzw. -Schotterungen (101).
 
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