Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
durch das alte Bachbett zum Möncheplatz, wo es eine weitere, bereits vor 1315
bestehende Mühle antrieb (vgl. 58; 225; 226). Um die ehemalige Aue des Krummen
Wassers besiedelbar zu machen, wurden Entwässerungsgräben angelegt, das
Bachbett stellenweise ausgeschachtet, ein Uferwall aufgeworfen und der Bachrand
in mindestens zwei Phasen zwischen 1253 -2/+8d und 1261 -6/+8d mit Eiechtwerk
befestigt (258). Zu diesem Zeitpunkt hatte das älteste Petersilienwasser eine
Breite von 8 m. Auf der unmittelbar westlich gelegenen Parzelle Petersilienwasser
Nr. 3/5 betrieb ein Lohgerber seine Gerbegruben, und es ist anzunehmen, daß das
Petersilienwasser auch zum Spülen und Reinigen der Pelle genutzt wurde. Noch
im späten 13. oder frühen 14. Jh. wurde das Bachbett durch neue Einfassungen
auf 6 m Breite verschmälert und schließlich 1324 ±2d zu einem steingefaßten
Kanal von ca. 2 m Breite umgebaut (260) (vgl. Pläne in Kap. XI, 1).
Besonders intensive Instandsetzungsmaßnahmen haben nach dem Stadtbrand
von 1540 im Jahr 1550d stattgefunden. Der Graben wurde intensiv gesäubert,
so daß sich nur Pundmaterial der zweiten Hälfte des 16.-19. Jh.s bergen lies.
Besonders auffällig ist die beim Schlämmen der kiesig-sandigen Kanalfüllung
auftretende Zahl kleiner und kleinster Metallfunde, die sich in dieser Kombination
sonst nirgends in der Stadt gefunden haben: Stecknadeln in allen Größen, eiserne
Schuhschnallen, Buchschließen, ein Ohrlöffelchen, ein Miniaturmesser, Messing-
plättchen mit und ohne Verzierung sowie messingne, zweiteilige Schellen,
Ösen und Nesteln (d.h. metallene Röhrchen, die die Enden von feinen Bändern
zusammenfaßten) als Bestandteile der Kleidung (261; vgl. auch Kap. XII, 9).


261 Metallfunde der 2. Hälfte des 16. Jh.s von der
Sohle des Petersilienwasser-Kanals (Einbeck 185).
M. ca. 1:1,5.


Stellenweise wurde 1550 auch eine neue Kanalwange aufgesetzt und funktional
nicht interpretierbare Holzstrukturen eingebaut. Dem weichen Baugrund, der
offenbar immer wieder zu Einstürzen der Kanalmauern führte, begegnete man
mit Spickpfahlgründungen aus eingerammten
Buchenhölzern und längslaufenden Holz-
schwellen (259). Mit großer Wahrscheinlichkeit
verlief das Petersilienwasser auch im Bereich
der Langen Brücke und des Möncheplatzes
ursprünglich als offener Kanal. Jedoch gibt es
hierzu bislang keine archäologischen Auf-
schlüsse. Erhalten hat sich unter den Häusern
am westlichen Rand des Möncheplatzes auf
ca. 60 m Länge vielmehr ein eingewölbter
steinerner Kanal (262), der bis zum Bau der
modernen Kanalisation 1896 in Betrieb war.
Über den genauen Zeitpunkt der Erbauung
dieser unterirdischen Kanalisation kann
bislang nur spekuliert werden. Es spricht
jedoch vieles dafür, an einen Neubau nach
dem Stadtbrand von 1540 zu denken, da
gleichzeitig die Durchleitung durch das
Rosenthal (damals noch Dreckgrabenstraße)
und die Stadtmauer in den inneren Stadt-
graben geändert wurde.

262 Erhaltener frühneuzeitlicher Abwasserkanal
(Dreckgraben) unter den Häusern am westlichen Rand
des Möncheplatzes, Aufnahme 1952 (Einbeck 69).

121
 
Annotationen