Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Familienblätter — 1862

DOI Kapitel:
Nr. 40 - Nr. 52 (2. April - 30. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43183#0164

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 160 —

ſchwarzen Sammetmaske ihr nach den Augen ſah, waren deren Wimpern
geſenkt und das Händchen derſelben zitterte in ſeiner Hand.
Die Lage geſtaltete ſich immer intereſſanter. Ein reizendes Kind an
ſeiner Seite, das, wie es ſchien, gerne bei ihm weilte und ihm die Hand
ließ, obgleich tiefe, innere Bewegung es durchbebte. Neugierde und Theil-
nahme wuchſen. Mit den feineren Formen des geſellſchaftlichen Lebens
hinlänglich vertraut. und bei gehöriger Geiſtesbildung glaubte er von ſich
eine vorſichtige Ausforſchung wohl wagen zu können, allein da ſtand ſein
Geſellſchafter neben an, den Blick abwechſelnd auf ihn, dann auf die
Colombine heftend, und ſchien die Ohren zu ſpitzen, um ja die erſte Auf-
klärung für ſich zu erhaſchen.
Unter ſolchen Umſtänden war an ein Vertrauterwerden der räthſel-
haften Maske nicht zu denken. Da fiel Wyngard ſeines Freundes Er-
öffnung bei, daß die Colombine zu dem Gefolge des Königs von Neapel
gehöre und ſchnell gefaßt, entſchloß er ſich, in der ihm aus ſeiner früheren
Jugendzeit recht wohl bekannten italieniſchen Sprache bei der Unbekannten
einmal einen Verſuch zu machen. Zweierlei wurde hierdurch zugleich er-
reicht: die Gewißheit, daß die Dame wirklich Italienerin ſei, und der
Vortheil, daß dem aufhorchenden Kobmans, der kein Italieniſch ſprach,
die Unterhaltung verſchwiegen bleibe. ö
(Fortſetzung folgt.)

Vermiſchtes.

In den Kohlenwerken von Newport (Mon.)
hat man bei der Eröffnung einer neuen Mine
300 Pards unter der Erde in einem Stein-
kohlenblocke einen lebenden Froſch eingeſchloſſen

gefunden, welcher ſich in der freien Luft ſo-

fort bewegte. Die Höhlung, in der er ſich be-
fand, hatte 3½ Zoll im Durchmeſſer. Der
Block, in welchem die Amphibie gefunden, wird
ir einer Größe von 7 Fuß Breite und 8 Fuß
Höhe ſorgfaͤltig behauen zur Londoner Aus-—
ſtellung geſandt werden.

Aus Petersburg vom 17. März ſchreibt man
der „Köln. Zig.“: Geſtern habe ich auf dem
Bahnhofe der Nikolai-Bahn einem Verſuche
beigewohnt, der vollkommen gelang. Es wurde
nämlich der Verſuch gemacht, eine Locomotive

durch condenſirte Luft in Bewegung zu ſetzen

und als Motor für die Eiſenbahnen zu be-
nutzen. Die von einem Herrn Baranowski
erfundene Luft⸗Locomotive iſt auf jeder Eiſen-
bahn anwendbar und beſteht aus einer Platt-
form mit einem Reſervoir für die comprimirte
Luft und einer Reihe von Röhren, welche hori-
zontal über etnander lagen und unter einander
verbunden waren. Die Probefahrt wurde mit
einem mit Paſſagieren angefüllten Waggon

ausgeführt und zeigte ein ſehr befriedigendes
Reſultat in Betreff der Geſchwindigkeit, in-
dem 5/ deutſche Metlen in einer Stunde zu-
rückgelegt wurden. Nach der Erklärung des
Herrn Baranowski kann dieſe Geſchwindigkeit
noch ſehr erhöht werden.

Nach Leipziger Blättern zieht gegenwärtig
eine anziehende Erſcheinung aus der muſika-
liſchen Welt in Leipzig die Aufmerkſamkett auf
ſich. Eine junge dort ausgebildete Amerikanerin,
Miß Jenny Busk, iſt neuerdings mit überra-
ſchendem Erfolge aufgetreten. Obwohl ihr Vor-
trag italieniſcher Arien ganz beſonders gerühmt
wird, ſoll die Sängerin doch auch das deutſche
Lied mit einer für eine Ausländerin ſeltenen
Innigkeit des Verſtändulſſes wiedergeben.

Ein Brüſſler Carricaturenzeichner wendet eine
ältere Anecdote auf die preußiſche Verfaſſungs-
Angelegenheit an. Ein Knabe ſteht weinend
auf der Straße und zeigt ſeine ganz neuen
Stiefel, die bereits zerriſſen ſind. Ein heran-
tretender Schuhmacher ſagt zu ihm: „Unglück-
ſeliger! du biſt wahrſcheinlich darin gegangen.“

Redaction- Druck und Verlag von Adolph Emmerling.
 
Annotationen