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Heidelberger Familienblätter — 1862

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Nr. 77 - Nr. 89 (2. Juli - 30. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43183#0349

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Heidelberger LFamilienblätter.

Nr. 87. Freitag, den 25. Juli ö 1862.

Aus dem Leben einer Sängerin.
Theater-⸗Novelle.

I.

„Nun“? riefen alle in geſpannter Erwartung. —
„Es war die Signora Angelina Fiametta die Riccobini, die inorgen
in der Oper „Robert der Teufel“ in der Doppelrolle der Iſabella und
Alice mit dem berühmten Tenoriſten Alvarez Valesco Lambrini auf —“
Ein klirrendes Geräuſch unterbrach den Sprechenden — alle Augen
wandten ſich nach dem Platz, wo der Fremde ſaß.
Dieſer war, als Schilden den Namen der Signora genannt, heftig
aufgeſprungen und hatte den kleinen runden Tiſch ſammt dem Glas über
den Haufen geworfen. ö ö ö
Mit flammenden Augen und bebend vor Aufregung trat er vor den
erſtaunten und überraſchten Schilden und rief:
„Herr, es iſt eine Lüge, was Sie da von Signora Angelina di Ric-
cobini'geſagt, Sie ſind ein Ehrloſer, ein Verläumder, Voila!“ dabei warf
er eine Adreßkarte auf den Tiſch und rannte noch ehe Schilden ein Wort
der Entgegnung ſagen konnte, wahnſinnig davon. ö ö
Höchlich überraſcht, blickten ſich die Freunde an. — Zech fand zuerſt
die Sprache wieder.
„Höll und Teufel“, fluchte er, „das war ein freundlicher „gute
Nachtgruß,“ Schilden, den der Schwarze mit dem gelben Geſichte hinter-
laſſen, das Compliment darfſt Du nicht unerwiedert einſtecken.“ ö
„Alvarez Correa Valesco March. di Lambrini,“ ſtand in lateiniſchen
Lettern auf der zierlich gepreßten Karte.
„Iſt das nicht der Name des Sängers, der morgen mit der Sig-
nora Riccobini in der Oper auftreten ſoll?“ fragte Gottſchalk verwundert.
„Bei Gott, er iſt es,“ rief Schilden und las den Namen noch ein-
mal. ö
„So iſt das Räthſel auf einmal gelöſt,“ bemerkte Brand; „der
Signor di Lambrini, den Freund Gottſchalk zum Commis vogayeur
ſtempelte und den Satanas in den „Elephanten“ führen mußte, iſt in
die Signora Angelina verliebt, wie Othello und eiferſüchtig wie ein
Türke, und da Du von dem Händedruck ſprachſt, den Dir die dankbare
Signora gegeben, ſo —“
„Muß ihm Freund Schilden, um ihn abzukühlen und ſeine Auf-
regung zu beſänftigen, einen kleinen Aderlaß geben,“ fiel Gottſchalk ein.
„Komm morgen früh zu mir, Gottſchalk,“ ſprach nach einigem Sinnen
Schilden und ſteckte die Karte ein; „ich werde Dir dann die Antwort
auf des Signors Begrüßung geben.“
„Von Herzen gern, Brüderchen,“ jubelte Gottſchalk, „wir wollen
dem Hitzköpfchen Italiener dentſche Sitte mit einem Recept von etwas
kaltem Eiſen beibringen.“ ö
 
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