— 163 —
angegebenen Richtung und ergriff dann, ſtatt einer Antwort, den Freund
am Arme, indem er ihn in das Gedränge des Saales fortzog.
Das Kabinet war jetzt leer, während draußen in dem Saale die
Masken durcheinander wühlten und die Taͤnzluſtigen zu dem Klange der
Muſik miteinander umherflogen. Die Stille des abgeſchiedenen kleinen
Aſyles ſollte aber nicht lange dauern, denn mit raſchen Schritten nahte
die impoſante Maske einer Spanierin, deren gelbſeidenes Gewand mit
den reichen ſchwarzen Spitzen durch die Luft rauſchte. Ermüdet warf
ſie ſich auf ein Sopha nieder, das in der Ecke des Kabinets ſeine Sam-
metpolſter blähte. Indem der Buſen auf und nieder flog, hoben ſich die
feinen, mit weißem Glacé bedeckten Hände voll energiſcher Grazie zu
dem Haupte, die Spitzenmantille um das dunkle Haar ordnend und zu-
gleich die losgegangenen Enden derſelben zierlich verknüpfend.
Die dunkeln Augen der Eingetretenen blitzten voll Feuer auf die
Eingangsthüre. Nach der zurückgezogenen Haltung, ſowie der Bewegung
der einen Hand, wollte es aber faſt bedünken, als ob ſie nicht Jemanden
erwarte, vielmehr deſſen Kommen befürchte. Dieſe Beſorgniß ſchien
auch gegründet; denn nicht lange, als die ſchlanke, kräftige Geſtalt eines
Reiters aus dem dreißigjährigen Kriege, deſſen Haupt ein aufgekrempter
Hut mit wallender Straußfeder ſchirmte, dem Kabinete nahte und an
deſſen Thüre ſtehen blieb. Forſchend wendete ſich deſſen von einer ſchwar-
zen Sammethalbmaske gedecktes Geſicht in dem Gemache umher und blieb,
als er die Spanierin gewahrte, auf derſelben haften, indem er ſelbſt
raſch näher trat. Mit dieſer letzteren Bewegung hatte er aber auch die
auf der Sophalehne ruhende Hand der Dame gefaßt und zwar ſo ſchnell,
daß dieſe ſie ihm nicht mehr zu entziehen vermocht.
„Du biſt mir entſchwunden,“ flüſterte dabei die ſchöne männliche
Stimme im Tone des Entzückens. „Allein wo immerhin auch Dein Fuß
Dich tragen mag, ſo wird das, was meine Bruſt erfüllt, mir ſtets Deine
Spur verrathen und mich mit Zaubergewalt in Deine Naäͤhe bringen.“
„Haſt Du nie von Irrlichtern gehoͤrt,“ verſetzte die Angeredete,
ihre Hand loswindend, „die den Schritt des Wandrers täuſchen?“
„In des Menſchen Bruſt wohnt die Wahrheit,“ war des Reiters
raſche Entgegnung, „die Stimme von dort aus täuſchet nicht und ſie ruft
laut: Du biſt es, die mir fehlt und die ich ſuche.“
„Wäre ich die richtige Einſicht und der klare Blick,“ antwortete die
Spanierin unter Lächeln, „ſo könnteſt Du recht haben.“
„Auch dieſe Reden,“ fuhr der Reiter begeiſtert fort, „ſo ſcharf,
doch immer liebenswürdig, aus Deinem Munde, beweiſen mir, daß ich-
keinem Traumbilde nachjagte.“ 2
„Und wenn ich die Maske herabziehe,“ ſprach jetzt die Dame voll
kalter Entſchloſſenheit, „und ein Dir völlig unbekanntes Antlitz in Deine
verwirrten Blicke ſchaut — wie dann?“
„O, thun Sie es, theuerſtes Fräulein,“ fiel der Mann bittend ein.
„Ich würde dieſe Gunſt als einen Hoffnungsſtrahl verehren, der mir die
ſchönſten Tage der Zukunft verſpricht und jetzt ſchon mein Leben in einen
Tempel der Wonne verwandelt.“
Die Spanierin ſenkte ſchweigend das Haupt und blickte mit ihren
Mann Augen — wie es den Anſchein hatte — bewegt auf den jungen
ann.
angegebenen Richtung und ergriff dann, ſtatt einer Antwort, den Freund
am Arme, indem er ihn in das Gedränge des Saales fortzog.
Das Kabinet war jetzt leer, während draußen in dem Saale die
Masken durcheinander wühlten und die Taͤnzluſtigen zu dem Klange der
Muſik miteinander umherflogen. Die Stille des abgeſchiedenen kleinen
Aſyles ſollte aber nicht lange dauern, denn mit raſchen Schritten nahte
die impoſante Maske einer Spanierin, deren gelbſeidenes Gewand mit
den reichen ſchwarzen Spitzen durch die Luft rauſchte. Ermüdet warf
ſie ſich auf ein Sopha nieder, das in der Ecke des Kabinets ſeine Sam-
metpolſter blähte. Indem der Buſen auf und nieder flog, hoben ſich die
feinen, mit weißem Glacé bedeckten Hände voll energiſcher Grazie zu
dem Haupte, die Spitzenmantille um das dunkle Haar ordnend und zu-
gleich die losgegangenen Enden derſelben zierlich verknüpfend.
Die dunkeln Augen der Eingetretenen blitzten voll Feuer auf die
Eingangsthüre. Nach der zurückgezogenen Haltung, ſowie der Bewegung
der einen Hand, wollte es aber faſt bedünken, als ob ſie nicht Jemanden
erwarte, vielmehr deſſen Kommen befürchte. Dieſe Beſorgniß ſchien
auch gegründet; denn nicht lange, als die ſchlanke, kräftige Geſtalt eines
Reiters aus dem dreißigjährigen Kriege, deſſen Haupt ein aufgekrempter
Hut mit wallender Straußfeder ſchirmte, dem Kabinete nahte und an
deſſen Thüre ſtehen blieb. Forſchend wendete ſich deſſen von einer ſchwar-
zen Sammethalbmaske gedecktes Geſicht in dem Gemache umher und blieb,
als er die Spanierin gewahrte, auf derſelben haften, indem er ſelbſt
raſch näher trat. Mit dieſer letzteren Bewegung hatte er aber auch die
auf der Sophalehne ruhende Hand der Dame gefaßt und zwar ſo ſchnell,
daß dieſe ſie ihm nicht mehr zu entziehen vermocht.
„Du biſt mir entſchwunden,“ flüſterte dabei die ſchöne männliche
Stimme im Tone des Entzückens. „Allein wo immerhin auch Dein Fuß
Dich tragen mag, ſo wird das, was meine Bruſt erfüllt, mir ſtets Deine
Spur verrathen und mich mit Zaubergewalt in Deine Naäͤhe bringen.“
„Haſt Du nie von Irrlichtern gehoͤrt,“ verſetzte die Angeredete,
ihre Hand loswindend, „die den Schritt des Wandrers täuſchen?“
„In des Menſchen Bruſt wohnt die Wahrheit,“ war des Reiters
raſche Entgegnung, „die Stimme von dort aus täuſchet nicht und ſie ruft
laut: Du biſt es, die mir fehlt und die ich ſuche.“
„Wäre ich die richtige Einſicht und der klare Blick,“ antwortete die
Spanierin unter Lächeln, „ſo könnteſt Du recht haben.“
„Auch dieſe Reden,“ fuhr der Reiter begeiſtert fort, „ſo ſcharf,
doch immer liebenswürdig, aus Deinem Munde, beweiſen mir, daß ich-
keinem Traumbilde nachjagte.“ 2
„Und wenn ich die Maske herabziehe,“ ſprach jetzt die Dame voll
kalter Entſchloſſenheit, „und ein Dir völlig unbekanntes Antlitz in Deine
verwirrten Blicke ſchaut — wie dann?“
„O, thun Sie es, theuerſtes Fräulein,“ fiel der Mann bittend ein.
„Ich würde dieſe Gunſt als einen Hoffnungsſtrahl verehren, der mir die
ſchönſten Tage der Zukunft verſpricht und jetzt ſchon mein Leben in einen
Tempel der Wonne verwandelt.“
Die Spanierin ſenkte ſchweigend das Haupt und blickte mit ihren
Mann Augen — wie es den Anſchein hatte — bewegt auf den jungen
ann.