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Heidelberger Familienblätter — 1862

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Nr. 130 - Nr. 142 (2. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43183#0532

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— 528 —

Ein Beifallsjauchzen erſcholl, dem Brauſen der Merreswogen ver-
gleichbar, und inmitten dieſes Jubels zog Blount ſich zurück.
Nun gab es ein geſegnetes Zuſammentreffen — eine glückliche Ver-
einigung von Freunden, eine ſüße Gemeinſchaft liebender Herzen, deren
Treue erprobt worden und ſich bewährt hatte. Das Leid hatte ihre An-
hänglichkeit vermehrt, und die Erinnerung an die vergangene Sorge diente
nur dazu, ihr gegenwärtiges Glück zu erhöhen und zu läutern. Von der
düſtern Verzweiflung, die jüngſt im Hauſe geherrſcht, war jede Spur ver-

ſchwunden.

Luſt und Freude und Hoffnung fenkten ſich auf daſſelbe her-

nieder, und das Glück breitete ſeine goldenen Schwingen aus.
Wienige Stunden nach dem Schluß der Gerichtsſitzung kam ein Bote
aus dem Gefängniß zu Blount Aymar.
— Mr. John Aymar läßt Sie zu ſich bitten.
— Mich? fragte Blount überraſcht.

— Ja.
— O Himmel!

Er liegt in ſeinen letzten Zügen.

— Und wenn Sie ihn zu. ſehen wünſchen, müſſen Sie eilen.
Blount machte ſich mit dem Boten auf den Weg, und trat bald

darauf in des Gefangenen Zelle.

ö Das Uebel, dem John Aymar unterworfen war, ließ ſeinen Körper
die furchtbare Aufregung, die ihn während der letzten Tage heimgeſucht,

nicht ertragen.

Das Verhör hatte die Kriſis herbeigeführt.

Das Ge-

ſtändniß war gleichſam ein Ausſtrömen ſeines Herzbluts geweſen. Er

konnte ſich nicht wieder erholen.

Er wurde ſchwächer und ſchwächer.

Bleich und abgezehrt lag er auf ſeinem harten Bette, ſeine Augen

ſchon in dem gläſernen Ausdruck des Todes ſchimmernd.

Als er ſeinen

Bruder ſah, richtete er ſeinen Blicktmit unbeſchreiblicher Wehmuth auf ihn.
Blount ſetzte ſt ſich ſchweigend an ſeine Seite.
(Schluß folgt.)

Vermiſchtes.

Am Abend des 12. Oktober langten im Bahn-
hofe zu Lille zwei Wägen an, beladen mit
21 Ulmenſtämmen von je 15 Schuh Länge.
Der Moment war, nach Anſicht der anonymen
Abſender, günſtig gewählt, um der Douane
einen Streich zu ſptelen. Es war Sonntag,
ſehr ſchlechtes Wetter, Nacht, und überdies
wer ſollte den unſchuldigen Stämmen etwas
anſehen? Trotzdem hatte man die Rechnung
ohne den Kontroleur Clazer gemacht. Dieſem
iutelligenten Beamten fiel es ein, an einen
der Stämme zu klopfen, und ſiehe da, es
klang ganz anders wie auf ſolidem Holze.
Man ließ alſo ſämmtliche Stämme einſtellen
und andern Morgens ergab ſich in der That,
daß ſie durchgehends mit belgiſchem Taback
gefüllt waren. Die Stämme waren ſämmt-
lich ausgehöhlt und ſo künſtlich wieder zuge-
macht, daß auf dem Querdurchſchnitt nicht
die leiſeſte Spur einer Fuge zu ſehen war.
Ein jeder Stamm enthielt 450 Päckchen zu
je 250 Gramm.

(Der Schweinebraten. Flieg. Bl.)
Hauptmann Schlangelbach ließ ſeinen Leuten
an Sonn⸗ und Feſttagen öfters Schweine-
fleiſch mit Sauerkraut und Erbſen kochen,
um ſeine befondere Zufriedenheit in dieſer
Menageaufbeſſerung zu beurkunden. Als Schlan-
gelbach nun eines Tages zu der ſchweinefleiſch-
menagirenden Mannſchaft bintrat und wohl-
wollend auf die fetten Biſſen ſeiner Unterge-
benen herabſah, da ergriff Milde ſein väter-
liches Herz und er frug mit theilnehmender
Stimme den Soldaten Rippel: „Weißt Du
denn auch, was eigentlich zu dieſem guten
Schweinebraten gehört?“ — „Eine Maas Bier,
Herr Hauptmann!“ antwortete ſchmunzelnd der
Soldat Rippel. — „O nein,“ erwiederte be-
kümmert der enttäuſchte Kompagnievater, —
„kein Bier — ſondern eine gute Auffüh-
rung!“

Redaclion, Drud und d Derlag von Adolph Emmerling.
 
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