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Heidelberger Familienblätter — 1863

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Nr. 38 - Nr. 50 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43184#0185

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heidelberger Kamilienblätter.

Nr. 7. Mittwoch, den 22. Aprilil 1863.

Das verſchloſ ene Haus.

Von Beatus Dodt.

(Fortſetzung.)

„Das wäre,“ brach Vater herzlich lachend aus, „warbſt Du um ſie
in der verrückten Tracht? Nun, Gott ſegne Dich, mein Junge,“ fuhr
er mit Freudenthränen fort, „und mache Dich glücklich. Meines Herzens
ſiebſter Wunſch iſt jetzt erfüllt, und ich ſehe einem geſegneten Lebensabend
entgegen.“ ö ö
Kurze Zeit danach wurde unſere Verlobung declarirt, aber weder
die Prinzeſſin noch der Rittmeiſter waren dabei gegenwärtig. ö
Ihre Hoheit hatte, wie ſchon geſagt, ſich in längerer Zeit nicht
blicken laſſen, wie ſie auch keinen Beſuch empfing. Es wunderte mich
deshalb ſehr, eines Abends ein Billet zu erhalten, worin ich gebeten
wurde, am nächſten Abend zu beſtimmter Zeit mich auf dem Schloſſe ein-
zufinden. Das Billet war nicht unterſchrieben, und der Diener, welcher
es brachte, erwartete mich auf dem Wege zwiſchen de Beer's und meines
Vaters Hofe. Die Aufſorderung ihrer Hoheit war im höchſten Grade
unangenehm, und das Geheimnißvolle darin machte mich unruhig und
erregte meinen Verdacht. Weil ein Herr aber niemals das Vertrauen,
welches eine Dame zu ihm hat, unberückſichtigt laſſen darf, wo das Ge-
wünſchte mit ſeiner Ehre zu vereinbaren iſt, beſchloß ich, der Einladung
Folge zu leiſten und fand mich deshalb zur beſtimmten Zeit in ihrem Vor-
gemach ein. ö
Nur einen Augenblick mußte ich warten, dann wurde ich in ihr
Boudoir hineingeführt. Ein beinahe betäubender Wohlgeruch ſchlug mir
entgegen beim Eintreten in das ebenſo reich als geſchmackvoll ausgeſtattete
kleine Gemach. Vor den Fenſtern hingen dicke weiße ſeidene Gardinen,
und die weichen, bequemen Lehnſtühle und Sopha's waren mit rothem
Damaſt bezogen. Von der Decke hing ein ſilberner Kronleuchter herab,
deſſen Licht einen milden gedämpften Schein verbreitete, und auf dem
Fußboden lag, ungeachtet, daß es Sommer war, ein weicher Teppich.
Ihre Hoheit, welche in einem Lehnſtuhl mehr lag als ſaß, ſah in
hohem Graͤde leidend aus; aber die Bläſſe ihres Geſichts und die Mat-
tigkeit, welche über ihr ganzes Weſen ausgebreitet lag, dienten nur dazu,
ihre Schönheit zu erhöhen, und ich betrachtete ſie deshalb mit einer
Miſchung von Bewunderung und Mitleid. ö
„Ich danke Ihnen, mein Herr!“ ſagte ſie mit einem einnehmenden
Lächeln, indem ſie mich mit der Hand einlud, Platz zu nehmen. Als ich
aber ehrerbietig ſtehen blieb, fuhr ſie fort: —
„Ich bin zu ſchwach, um mich zu erheben, und muß Sie deshalb
erſuchen, mir das Wohlwollen zu erzeigen, Platz zu nehmen.
 
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