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Heidelberger Familienblätter — 1863

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Nr. 64 - Nr. 75 (3. Juni - 28. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43184#0258

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— 258 —

Als Beide fertig waren, blickte der Waffenſchmied ſeine Frau ver-
drießlich an und ſagte laut: —
HVHaupt Gottes! Weib, wenn ich uns Beide ſo anſehe, da iſt es mir,
als ſähen wir aus, wie die geputzten Affen, womit die Italiener auf den
Jahrmaͤrkten umherziehen. Unſer Leib iſt nun einmal nicht für die vor-
nehme Tracht geſchaffen, und wir hätten beſſer gethan, in ehrſamen Bür-
gerkleidern vor dem Grafen von Montagne und ſeinen hohen Gäſten zu
erſcheinen. Am Ende machen ſie ſich luſtig über uns, oder lachen uns
gar aus. Herr Gott! wenn das geſchieht, Weib, ſo nehm' ich Dich und
mein Kind in den Arm und laufe ſpornſtreichs mit Euch davon.“ ö
Leonore, welche dieſe Worte hörte, ſuchte den Alten zu beruhigen.
„Vater Dufore,“ ſagte ſie mit ſchelmiſchem Lächeln, „Ihr ſeid im
Irrthum. Ihr ſeht in der Tracht einem alten würdigen Edelmanne
gleich und Frau Margot einer vornehmen Dame. Ach, und unſere
Clémence erſt, die wird ſicher die Augen unſerer jungen Cavaliere auf
ſich ziehen und man wird Henri um ſeine holde Brant beneiden.“
Felix ſchüttelte den Kopf, denn er fand sſowohl Clémence, wie ihre
Eltern geſchmacklos und überladen gekleidet. Sein Gemüth, das ſeit
jener Nacht, wo er den Schreiber, Pierre Griffe, ſeinem Vater gegenüber
geſehen hatte, von Mißtrauen gegen den Mann, dem er Liebe und Ehr—⸗
furcht ſchuldete, erfüllt war, faßte jetzt auch Verdacht gegen das Herz
ſeiner Schweſter. ö ö
„O, mein Gott!“ ſeufzte er leiſe vor ſich hin, „wenn Leonore nur
Liebe gegen die gute Clémence heuchelte, wenn ſie abſichtlich dahinſtrebte,
ſie und die Alten vor den Augen unſerer Gäſte lächerlich, als einen
Gegenſtand des Hohnes, erſcheinen zu laſſen, dann müßte ich ſie ja in
tiefſter Seele verachten und könnte ſie nie wieder von Herzen Schweſter
nennen.“
Als die Toilette der drei obengenanten Perſonen beendigt' war, be-
ſtiegen Alle den Wagen, eine mächtige, vergoldete und mit einer Grafen-
krone gezierte Karoſſe, und fuhren dem Schloſſe Montagne zu.
Der Graf empfing ſie ſchon an der Pforte mit huldvoller Miene
und gleichen Worten.
Zu dem Waffenſchmied ſagte er:
„Ach, mein alter Freund Jacques Dufore! wir ſehen uns heute nicht
zum erſten Male. Ihr habt vor Zeiten ſchon manche kunſtvolle Arbeit
für mich geliefert. Ich ſchätze in Euch den geſchickten Waffenſchmied,
wie den wackeren Bürger! Seid herzlich willkommen in meinem Hauſe,
wo Euch das Glück ſeine Arme entgegenbreitet.
Die ſich verlegen vor ihm verbeugende Margot nannte er eine
treffliche Mutter und drückte ihr herablaſſend die Hand. Clémence aber
wurde ſogar von ihm mit einem Kuß auf die Stirne geehrt.
Dann führte er die neuen Gäſte in ein Zimmer, das unweit des
großen Saales lag und bat ſie, dort bis zum Beginn des Feſtes zu
warten. ö
Beim Fortgehen gab er ſeiner Tochter Leonore heimlich einen Wink.
Dieſe verabſchiedete ſich auf kurze Zeit von Clémenee und folgte dem
Vater. *
Auf dem Corridor, wo Beide allein waren, flüſterte er ihr zu:
„Es geht Alles gut, mein kluges Kind. Henri wünſcht ſeine Ret-
 
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