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Hampe, Karl [Bearb.]
Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0615
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den Helmen im Triumph in Siena eingezogen, um vor dem Dom abzu-
sitzen und der Jungfrau für den Sieg zu danken. Stärker noch wirkten
die deutschen Ritter in späterer Zeit. Als etwa zu Beginn des Trecento
eine Schar von 1500 Reitern in die Lombardei einzog, wie alle Deut-
schen „vorzüglich bewaffnet und wie angegossen auf ihren Pferden“, da
hieß es bei den Italienern: „dies sei das schönste Volk gewesen, das je-
mals die Lombardei betrat und alle bis auf den Letzten Deutsche.,
mannhafte Ritter von hoher Gestalt, noch im Jünglingsalter, aber waf-
fengeübt und unerschrockenen Muts..“
„Das schönste Kriegsvolk der Welt“ konnte damals auch ein römi-
scher Kardinal die Deutschen noch nennen, die in allen größeren Städten
ihrem Schutzheiligen „San Giorgio“ Kirchen Kapellen Altäre errichte-
ten, und da kann es nicht wundern, wenn noch zu Beginn des 15. Jahr-
hunderts ein Donatello seinen Heiligen Georg unversehens als einen ad-
ligen deutschen Knaben aus dem Marmor herauslöste. In diesen Gestal-
ten klingt Deutschlands heroische Zeit, die Stauferzeit. der königlichen
Reiter von Bamberg und Magdeburg in Italien aus.. Erscheinungen, für
deren adlige Gelöstheit und freien Stolz das zergrübelte zerknirschte und
zerquälte Deutschland der späteren Gotik kein Auge mehr hatte. Fast
scheint es, daß diese jungeh Kämpfer nur nach dem Süden zogen, damit
ihre Schönheit nicht sinnlos ungesehen und unverewigt verdarb. Denn
verderben und verkommen müßten die heimatlosen Kühnen, wo im-
mer sie blieben: „wenn sie länger mit Italikern verkehrten, so ward ihnen
alle Bosheit eingeimpft., aber einfach fromm und ohne Trug kommen
sie aus ihrer Heimat“. Und gerade ihre Einfachheit wirkte ja auf das
überraffinierte maßlos verderbte Italien der Renaissance, nicht anders
als ehedem die Germanen auf das Rom der Caesaren. So schloß mit den
Soldrittern das Germanenzeitalter wie es begonnen: einzeln erst, dann
truppweis, dann in immer wachsender Zahl waren sie einst als Krieger
und Legionäre der Divi nach Rom gezogen, hatten dann Rom selbst
unterworfen, in Italien — mit Dietrich von Bern beginnend, endend mit
-Friedrich II. — eigene Staaten gegründet, um dann wieder nur als Söld-
ner weiterzukämpfen, bis gegen Ende der Renaissance auch dieser Strom
allmählich versiegte .. zum Schaden Italiens.



Vier Monate nach der Niederlage von Victoria hatte Friedrich II. Ita-
lien wieder einigermaßen beruhigt, ja er hielt die Lage doch für so-
weit gefestigt, daß er sich anschickte, den Plan vom Vorjahr wieder auf-
zunehmen: er wollte nach Lyon gehen. Es schienen neue Möglichkeiten
gegeben, mit dem Papste zum Frieden zu kommen. Denn König Ludwig




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