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Hampe, Karl [Bearb.]
Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0616
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von Frankreich war gerade im Begriff, seinen Kreuzzug anzutreten und,
damit nicht heimische Zwietracht dieses große Unternehmen jenseits
des Meeres gefährdete, suchte er zwischen Kaiser und Papst den Frieden
herzustellen. Ludwig IX. hatte ja des Kaisers Absetzung nie anerkannt
und stand nach wie vor mit Friedrich II. in brieflichem Verkehr, trotz
seiner Frömmigkeit und obwohl der Papst versicherte: Friedrich wolle
jeden Gottesdienst beseitigen, auf daß er selbst allein auf dem Erden-
rund angebetet würde als ein Idol scheußlichster Verderbtheit. Überdies
brauchte der heilige Ludwig die Hilfe des Kaisers, weil für alle übersee-
ischen Kriege Sizilien immer der Hauptstützpunkt blieb. Auch andre
Große bemühten sich um den Frieden .. aber aller Bestrebungen schlu-
gen fehl: der Papst verweigerte jeden Frieden, der das Reich den Stau-
fern ließ, und über den Mißerfolg betrübt trat schließlich der französi-
sche König von dem Hafen Aiguesmortes seine unselige Kreuzfahrt an.
Die Verhandlungen sowie der Plan, gegebenenfalls nach Lyon zu zie-
hen, hatten im Juli 1248 eine Fahrt des Kaisers ins Piemontesische ver-
anlaßt, wo durch den Übertritt von Vercelli die Gesamtlage sich wieder
günstiger gestaltet hatte. Papst Innocenz IV. sah wieder den Kaiser
nahe den Alpen und ließ sich in Lyon von reichlichen Wachen beschüt-
zen. Doch ein päpstlicher Versuch, Sizilien angreifen zu lassen, sollte
trotz der dorthin statt ins Heilige Land entbotenen Kreuzfahrer mißlin-
gen. Mehrere Monate, bis Ende 1248, blieb der Kaiser, der in Vercelli
einen Hoftag abhielt, in der westlichen Lombardei, dann ging er über
Pavia zurück nach Cremona, wo ihn die furchtbarste Enttäuschung sei-
nes Lebens treffen sollte.-
Wenn sich Friedrich II. von den Seinen dem Gottessohn gleich ver-
ehren ließ, wenn seine in Parma gefangenen Getreuen ihn anflehten, durch
die Kraft seiner Heilshände sie zu befreien, die für ihn unter Martern ge-
kreuzigt würden wie für Christus die Märtyrer, so ergab sich jetzt gegen
Ende seines Lebens mit unerbittlicher Folgerichtigkeit, daß Friedrich
nicht nur von Glanz Ruhm und Ehre, sondern auch von dem Schicksal
des Weltenkönigs sein Teil tragen mußte. Wohl noch aus Cremona
schrieb er dem König von Frankreich, wie er besonders bitter empfinde,
daß der Papst gegen ihn nach Sizilien Kreuzfahrer entsende, „gleich
als wäre das Mysterium des lebenspendenden Kreuzes vom Heiligen
Land nach Sizilien gerückt und als wäre ein zweites Mal der Christ in
Apulien gekreuzigt“. Diesem durch die Wirklichkeitsnähe unheimlich
düsteren Vergleich war freilich gerade vorausgegangen der Judasverrat
seines vertrautesten Freundes: Petrus de Vinea.
Die Ereignisse von Cremona sind im einzelnen dunkel geblieben: der
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