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Hofstede de Groot, Cornelis
Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des XVII Jahrhunderts (Band 3): [Frans Hals, Adriaen van Ostade, Isack van Ostade, Adriaen Brouwer] — Esslingen, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.43144#0603
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Adriaen Brouwer.

589

Nach einigen Nachrichten starb Brouwer in Folge seiner Aus-
schweifungen, nach anderen wurde er ein Opfer der im Frühjahr
1638 wütenden Pest. Nach Houbraken soll er kurz vor seinem Tode
noch eine Reise nach Paris gemacht haben, eine Angabe, die sich
heutzutage nicht mehr kontrollieren läßt.
Die Kunst Brouwers beschränkt sich auf zwei Gebiete: Das
Leben und Treiben der Volksklassen und der Soldateska und die
Landschaft. Letztere jedoch tritt sowohl im Umfang, als auch zeitlich
sehr zurück. Das Dutzend Landschaftsbilder, das Brouwer gemalt,
gehört seinen letzten Lebensjahren an.
Zeitlich unterscheiden sich zwei Epochen, die allmählich in
einander übergehen, eine archaisierende und eine reif entwickelte,
eine holländische und eine vlämische. Daß der Archaismus von
Brouwers Frühzeit sich an die ältere Epoche flandrischer Kunst
anschloß, obwohl die Erzeugnisse seiner Jugendzeit in Holland
entstanden, verliert das Befremdende, wenn man bedenkt, daß Holland
um 1623 eine Bauernmalerei im eigentlichen Sinne noch nicht kannte,
in Flandern dagegen der alte Brueghel auf diesem Gebiet geradezu
bahnbrechend gewirkt hatte. Später sehen wir diese Eigentümlichkeit
sich umgekehrt wiederholen: Brouwer ist nach Flandern zurück-
gekehrt und malt Bilder in holländischem Stil, wie er früher in
Holland Bilder in vlämischem Stil gemalt hatte. Er hatte in Holland
sich die Vorliebe für kräftige Lokaltöne abgewöhnt und die Reize
der Tonmalerei kennen gelernt und brachte nun diese mit zurück in
die alte Heimat.
Da Jahreszahlen auf den Bildern Brouwers außerordentlich selten
sind, ist es schwer seine künstlerische Entwicklung chronologisch zu
verfolgen, obwohl dies öfters versucht worden ist. Fest steht nur,
daß das Münchener Bild Nr. 879 in Amsterdam gemalt worden ist,
als Brouwer anfing dort die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Das Brüsseler Bild, unsere Nr. 105, können wir mit gutem Recht
mit dem nach Houbraken auf der Antwerpener Zitadelle gemalten
(1632/33) identifizieren und ferner haben wir die Jahreszahl 1633 auf
den singenden Bauern in Bridgewater House (unsere Nr. 76).
Die ersten Bilder Brouwers wirken sehr farbig, durch die kräftigen
Töne sowohl der Kostüme und Fleischpartien, als der Umgebung der
landschaftlichen Hintergründe und des Beiwerkes. Sie sind die letzten
Ausläufer der Breughelschen Schule, wie denn auch die beiden frühen
Bilder im Rijksmuseum lange Zeit für Kopien oder Schulbilder des
P. Brueghel gegolten haben. In der Übergangszeit wird der Ge-
samteindruck feiner, nur ein kräftiger Ton, etwa der der vollbe-
leuchteten Jacke oder Mütze der Hauptperson, fällt noch stark ins
Auge. Hellgrün, Steinrot und Blauviolett sind die bevorzugten Farben.
Zuletzt werden alle Werte dem Gesamtton untergeordnet mit einer
ausgesprochenen Vorliebe für neutrale, violettgraue Töne. In der
Technik macht ein pastoser Farbenauftrag im Laufe der Zeit einer
flüssigeren Behandlung Platz. Nach konzentriertem Lichteinfall und
dem damit verbundenen Helldunkel, wie es in Holland angewandt
wurde, hat Brouwer nie gestrebt und auch die vollendet harmonische
Farbenzusammenstellung der nördlichen Schule hat er nur in sehr
wenigen Fällen erreicht.
 
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