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Holtzinger, Heinrich
Die altchristliche Architektur in systematischer Darstellung: Form, Einrichtung und Ausschmückung der altchristlichen Kirchen, Baptisterien und Sepulcralbauten — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.26242#0029
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§ io. Der Peribolos.

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füdöftlich gelichteten Apiis von S. Agnefe an der Via Nomentana
die Anbringung von Fenftern verbot. Viele einfchlägige Denkmäler find
zudem fpäter mannigfach reftaurirt (Lateran, S. Maria Maggiore, S.
Pudenziana u. a.)1)

ZWEITER ABSCHNITT.

Peribolos, Atrium und Narthex.

§ io. D er Peribolos.

Die Kirchenbauten waren, vor allem in Zeiten großer Pracht-
entfaltung (conftantinifche und juftinianifche Epoche) vielfach von einem
weiten, hallenumfäumten Platze (Peribolos) umgeben, zunächft zu dem
Zweck, das Gebäude zu ifoliren, aus der profanen Umgebung abzu-
fondern und allen Lärm von Straßen und Plätzen von ihm fernzuhalten.
Zugleich erkannte man in diefer feierlichen und fchönheitftrahlenden
Umgebung der \veiten Hallen und prächtigen Thore ein wirkfames
Mittel, die Majeftät des Hauptbaues noch mehr zu heben; in den Zeiten
der Miflion unter noch halb heidnifcher Bevölkerung ein nicht zu ver-
achtendes Mittel, mit den glanzvollen Tempeln der feindlichen Reli-
gionen zu concurriren. Denn gerade im Temenos des antiken Tempels
haben wir das architektonifche wie inhaltliche Vorbild, in dem Wett-
eifer mit demfelben den Urfprung des Peribolos der chriltlichen Kirche
zu fuchen. Vor allem in den örtlichen Provinzen des römifchen Reiches
berühren lieh antike und chriftliche Anlagen diefer Art hinfichtlich der
ganzen Dispofition befonders nahe. Daß fie im Abendlande feltener
find, mag befonders davon herrühren, daß in alten, dicht bevölkerten
Städten der Raum für folche, doch immerhin luxuriöfe und durch den
Ritus nicht geforderte Anlagen fchwieriger zu befchaffen war, als in
den jungen, weiträumigen, mit fall raffinirter Behaglichkeit lieh aus-
breitenden Städten, die unter den kunft- und genußfreudigen Diadochen
und fpäter unter Roms Imperatoren im Orten bis an den Rand der
fyrifchen Wiifte hin emporwuchfen. Unter dem verfchwenderifchen
Reichthum der Säulenhallen, Bafiliken, Theater in Antiochia, Palmyra,
Heliopolis überrafchen uns die pomphaften Tempelhöfe nicht nur nicht,
es dünken uns hier auch die Prunkanlagen eines Conftantin am h. Grabe

*) Ob, wie Niflen meint (im „Templum“ und im Rhein. Mufeum für Philol. N. F.
Bd. 28), bei der Orientirung der Kirchen, ähnlich wie angeblich bei den Tempeln des Alter-
thums, der. Sonnenaufgangspunkt am Fefttage des Patrons maßgebend gewesen, muss bei
den unficheren und oft mangelnden Beweilen eine offene Frage bleiben.
 
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