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haben die letzten Jahre einige feste Anhaltspunkte
geliefert, die fortan bei ihrer Herstellung berück-
sichtigt werden müssen. Sicher dünkt mich näm-
lich zweierlei: /) in der linken Hand hielt die
Göttin als redendes Wahrzeichen der Insel Melos
einen Apfel5, und zwar hielt sie, wie der noch
vorhandene Rest" zeigt, die Frucht7 mit drei
Fingern fest gegen die innere Handfläche ge-
drückt, während der Mittelfinger und der Zeige-
finger frei emporstanden. Die Zugehörigkeit die-
ses Handstückes 8 sowol als des Oberarmstückes9
zur Milo scheint mir ganz unzweifelhaft: dafür
zeugt die Uebereinstimmung dieser jetzt im Louvre
neben der Figur aufgestellten beiden Reste mit
den Berichten von Dtunont d' Urville Brest und
Marcellus'", dafür die Gleichheit des Marmors
wie auch der Arbeit"; jede Ergänzung der Figur
ohne den Apfel in der Linken ist meines Er-
achtens absolut falsch. Ferner gehörte 2) zur
Statue das jetzt leider verschwundene — hoffent-
lich aber nur vorläufig verschwundene — Basis-
stück mit der Künstlerinschrift des . . . andros
Menides' Sohn aus Antiochia am Mäander, wie
Overbeck12 mir unzweifelhaft bewiesen zu haben

5) Vgl. dazu ausser Frühner Not. sculpt. ant. no. 130
p. IGSss. Goeler S. lff. und S. 02 fl'; u. s. w.

»;) Abg. Archäol. Ztg. 1873, IG; Goeler a. a. 0. Tat'. 3;
Geskel Salomaii Statue de Milo 1 Ffg. 15. 1(1; Hasse Venus
von Milo Tat'. 4.

7) An ein Knäuel oder an ein zusammengeballtes
Hand ist absolut niebt zu denken, und fällt damit Hasse's
versuchte Ergänzung a. a. 0.

8) Die ein wenig leblosere Arbeit — Overbeck
Gesch. gr. PI.' II S. 334 artheilt zu hart — erklärt sich aus
dem Umstand, dass die obere Fläche der erhobenen Hand
nicht sichtbar war; [vgl. auch Henke a.a.O. S. 198].

!i) Abg. (ioeler a. a. 0. Tat'. 3; Saloman 1. c. II fig.
132. 133; Hasse a.a.O. Taf. 4.

lu) Vgl. dieselben iB. bei Goeler a. a. 0. S. 184f; S. 189
und S. 24 oder bei l'reuner a. a. 0. S. 33 ff; u. s. w.

11) Vgl. dazu die verschiedenen Untersuchungen und
Beobachtungen von Lange Tarrai und Fröhner bei Goeler
a. a. 0. S. 64 f; u. A. m.

12) Her. dSGdW. 1881 S. 92 ff.

scheint und die neuesten Untersuchungen an der
Statue ja völlig bestätigt haben>3; damit wird jeder
I Zweifel, wie ihn zB. noch Wolters14 und Loewy15
äussern, meiner Meinung nach hinfällig. Die Zu-
gehörigkeit dieser Künstleriuschrift zieht nun aber
in Betreff der Ergänzung die Forderung nach sich,
dass in dem rechteckigen nicht allzu grossen Loch
(über der Inschrift) irgend ein Gegenstand sich
befand, welcher neben der Göttin emporragend
die skizzenhaftere 16 Arbeit ihrer linken unteren
Seite ebenso erklärte als verdeckte.

Ich wiederhole: jedwede Wiederherstellung
der mclischen Statue, will sie der Wahrheit nahe
kommen — denn die Wahrheit sicher zu finden,
scheint vorläufig versagt —, muss diese beiden
Punkte erledigen und ihr in der Linken die
Wappenfracht der Insel geben, zu ihrer Linken
aber einen grösseren1" Gegenstand setzen, für den
das Loch zur Einfassung und Befestigung diente15.
Ob dieser Gegenstand etwa die eine der drei
mit der Göttin zusammen gefundenen Hermen
war, die sich gleichfalls im Louvre finden (Fröh-
ner no. 194. 19", und 209) l»? Nach Clarac passte
die kleinste Herme, die einen Hermes darstellt
(Fröhner no. 194), leidlich genau in das betreffende
Loch -", und demgemäss hat Tarrai die Figur er-

13) Saloman Plinthe der Venus von Milo S. 30 ff.

14) Friederichs-Wolters Herl. Abg. no. 144S S. 502.

15) Inschr. gr. Hildhauer no. 298.
10) Vgl. dazu Quatremere de Quincy Stat. de Venus

pag. 16.

17) Nicht geniigen würde zH. eine Lanze, wie Kiel
ihr in die Linke gibt (Venus von Milo 1S82; richtig be-
urtheilt von Valentin Neues über Venus Milo S. 30 ff);
früher auch Wieseler (DaK. 2. Aull.).

18) Damit fällt Wittig's Restauration (Lützow's Zeit-
I sehr. fbK. V S. 353 [= XXI S. 259] und 384); damit auch
! Henke's Vorschlag (a. a. 0. S. 224 f), nach welchem die
I Statue sich ja trefflich zum symbolischen Schmuck einer

'Apfelweinhandlung' empfehlen würde.

19) Abg. Saloman 1. c. II fig. 144; 145 und 143.

20) Clarac Statue ant. de Venus victrix p. 25 und 38.
 
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