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— 36 —

welches ein Künstler der alexandrinisehen Zeit
in Anlehnung und Weiterbildung der bekannten
Sandalen lösenden Nike an der Balustrade des
Athene-Nike-Temenos zu Athen gemacht hat.
In dieser Relieffigur steht bekanntlich Nike, nach
links gewendet, auf dem linken Fuss, hebt den
rechten empor und senkt die rechte Hand, mit
den Fingern die Schleife der Sandale lösend,
während der gesenkte linke Arm, um das körper-
liohe Gleichgewicht herzustellen, ein wenig ge-
hoben ist: vom Himmel herab geflogen, ist sie eben
auf der Akropolis angelangt und wie ein Gast,
wenn er zu längerer Rast verweilte, die Schuhe
abzulegen pflegte, so löst sie jetzt die Sandalen
und zeigt damit an, dass sie auf der Burg gleich-
sam bleibend einkehre und beim Errichten des
Waffenmals wie beim Opfer zu Ehren der Siegerin
Athene verweilen werde127. Die Terracotta macht
vereinfachend aus der Nike eine gewöhnliche I
Sterbliche des Alltagslebens, compliciert dagegen
die Stellung und Bewegung: die Maid steht auf
dem rechten Fuss, hebt den linken Fuss em-
por, neigt den Oberkörper weit vornüber und
senkt die rechte Hand herab, sei es den Schuh
in Ordnung zu rücken, sei es ihn abzuziehn; der
linke Arm aber ist in der Schulter vorwärts ge-
streckt, um die Stehende im Gleichgewicht zu
erhalten; wie bei der Nike gleitet auch hier natur-
gemäss das Gewand von der rechten Schulter j
herab. Die einfache Haartracht von a e passt
besser und ist gewiss dem Original näher stehend
als das Diadem von c. Das Motiv ist ungemein
lebenswahr und momentan, die Ausführung flüch-
tig und obenhin.

81 Terracottafigur einer Frau, die auf einem
Sarkophag sitzt. Es gibt mehrfache Repliken
dieser Figur: a Im Louvre aus der Cyrenaika;

12") Anders erklärt Friederichs-Wolters no. 7ü4 S. 287
die scliüne Figur.

Höhe 0,21; abgeb. und bespr. Heuzey Figurines
44, 1 p. 25. Am rechten 'nackten Oberarm eine
Spange (sie). — a* Ebendaselbst und ebendaher:
erwähnt von Heuzey 1. c. Aus derselben Form;
der (abgebrochene) Kopf blickt fast ganz grade-
aus (vielleicht modern erst so aufgesetzt?); am
Kranz rechts und links je zwei emporstehende
Epheublätter. Spuren weisser Deckfarbe und ausser-
dem rothe Farbspuren an Gewandung und Sarko-
phag; die Arbeit schien mir weniger fein ausge-
führt. — b Sammlung Camille Lecuyer: Fröhner
Calal. no. 112; aus Tanagra; Höhe 0,21. Auch
hier lassen Chiton und Mantel die rechte Brust
und den rechten Arm frei. — c Aus Canosa in
meinem Besitz (gekauft in Ruvo 1877): die Frau
sitzt nicht so kerzengrade, sondern ein wenig nach
links über; der Chiton bedeckt beide Brüste; der
Kopf, der ein wenig nach rechts gewendet war,
fehlt. Farbspuren erhalten; an der Vorderseite
des Sarkophags scheint eine rothe Tänie (?) auf-
gehängt. Hinten unvollständig. Leidlich gute Ar-
beit. Höhe jetzt 0,12. — c* Wiederholung aus
Unteritalien im Antiquarium zu Berlin (Inventar-
nummer 5038; gekauft 1846): unter dem Sarko-
phag FUsschen; vorn an demselben Farbspuren.
Der dicke Kopf mit hoher Haarfrisur ist nicht
zugehörig gewesen. Die Arbeit sehr mässig. —
Den Gegenstand, auf dem die Frau sitzt, erklärt
Heuzey 1. c. für eine Kleidertruhe (larnax kibotos),
was ja an und für sich nicht unmöglich wäre:
doch dünkt mich wahrscheinlicher, dass ein Sarko-
phag12s dargestellt ist, wie auch Fröhner 1. c. an-
nimmt. Für eine Truhe ist der Kasten doch allzu

128) Vgl. dazu auch eine Terracotta Janze no. 123
im Gab. des Medailles: ein Jüngling, ganz in den Mantel
gehüllt (bis zu den Knieen reichend; vom Gesiebt nur
Stirn Augen und Nase freilassend; die Hechte darunter
an die .Seite gelegt), trägt auf der linken Schulter und der
erhobenen Linken eine grosse Aschenkiste mit Giebel-
dach; HOhe 6,15; Farbenreste.
 
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