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Illustrirte Welt.

I7l

aber auch mit dem Zweifel, ob sie ihm nicht ein Märchen
erzähle. Er hatte bald sinnend vor sich nieder geblickt,
dann sie wieder forschend, auf ihre Wahrheit prüfend,
angeschaut.
„Und wenn Sie," sprach er jetzt in scharfem Tone,
„wenn Sie wirklich die Tochter Rolfs sind, warum ge-
standen Sie mir dies nicht?"
Ellen schien durch das „wirklich" verletzt, aber sie
blickte lächelnd wieder auf.
„Ich handelte, wie Lord Elinton mir geraten hatte,
als er nähere Erkundigungen eingezogen; selbst Lady
Clintons Absicht war cs, ich dürfe niemals diesem Manne
meine Hand reichen."
„Aber Sie hätten wenigstens mir so viel Vertrauen —"
Ellen schüttelte den Kopf.
„Lord Clinton sagte mir, nachdem er noch einmal das
Testament gelesen und sich mit seinem Sachwalt beraten,
wenn ich mich zu erkennen gebe und mich weigere, so ver-
falle das Geld, für das mein Vater sich gemüht, einem
Manne, der meiner unwürdig sei, denn jedermann habe
diesen Frank Großmann ihm als einen ehr- und gewissen-
losen Menschen bezeichnet."
Dem General leuchtete das allerdings ein nach dem,
was er soeben erst aus dem Briefe gehört. Er rieb sich
die Stirn; das alles genügte ihm noch nicht zu völliger
Klarheit.
„Noch eine Frage! Wie kamen Sie dazu, unter
diesem Namen —"
Ellen lächelte trübe.
„Ich konnte nicht ahnen," sagte sie. „Ich wählte ihn,
um in Deutschland unbekannt zu bleiben, bis Lady Clinton
komme, die in England übermäßig lange durch Familien-
verhältnisse zurückgehalten wurde, und glaubte um so klüger
gehandelt zu haben, als ich eines Tages Mister Frank
Großmann im Bahnhofe von Köln begegnen mußte, der
also schon nach Deutschland gereist war. Zu meinem
Schrecken las ich bald darauf, als ich mich in diesem
Hause so glücklich geborgen glaubte, in einer amerikanischen
Zeitung, in Lüttich sei eine ältere Dame aus den Ver-
einigten Staaten plötzlich gestorben, man vermute, durch
Gift. Der Neffe derselben, der ihr bis dahin aus Deutsch-
land entgegen gereist, habe, am nächsten Tage eintreffend,
diesen Verdacht der Behörde mitgeteilt; man vermute, ihre
junge Begleiterin, auf welche dieser Verdacht falle, habe
sich nach Amerika geflüchtet. — O, ich war sehr unglück-
lich, als man sich meiner so plötzlich bemächtigte, ehe Lady
Clinton, an die ich geschrieben, mir helfen konnte!"
„Aber wenn nun," fragte wieder der General nach
neuem Ueberlegen, „weun nun der Ihnen Bestimmte jetzt
auch durch Umstände gezwungen würde, auf Ihre Hand
zu verzichten?"
Ellen zeigte ihm, daß sie auch auf diese Frage vor-
bereitet:
„Lord Clinton sagte mir, dann falle ein großer Teil
des Vermögens an den Bruder meines Vaters und an
die Armen. Ich gönne es beiden, alles sogar, denn Lady
Clinton hat mich schon in Amerika zur Erbin ihres Privat-
vermögens eingesetzt."
Bei der Antwort ward es dem General doch warm in
der Brust; er blickte zum erstenmal mit Wohlwollen auf
sie. Aber noch immer zauderte er.
„Eine letzte Frage! Warum kamen Sie jetzt hieher,
wagten Sie sich durch dieses Kriegsgctümmel?"
Ellen lächelte, vor sich niederblickcnd.
„O, die Offiziere waren so galant gegen uns, und
Lady Clinton begleitete mich ja! Ich kam auch nur um
Mister Norberts willen, denn ich las in Dieppe, wo wir
uns trafen, einen Verdacht in seinen Augen, der mich
schmerzte."
Sie blickte so herzlich lächelnd zu diesem hinüber, den
die Subordination in den Hintergrund gebannt, und streckte
die Hand zu ihm aus.
„Ellen!" ries dieser, dessen Herz den Respekt vergaß,
hastig vortretend.
Der General aber streckte abwehrend den Arm gegen
ihn aus.
„Geduld, Herr Lieutenant!" rief er barsch. Und
EllenS Hand nehmend, auch die andere ergreifend, blickte
er ihr ins Antlitz. „Du bist Rolfs Tochter, ich zweifle
nicht mehr!" rief er mit Rührung. „Was er, der Menschen-
feind, Dir nicht gewesen, vielleicht kann ich es Dir noch
werden, wenn — es noch notwendig ist!" setzte er mit
einem fast unzufriedenen Blick auf Norbert hinzu, der in
sich heftig mit der Subordination kämpfte. „Aber eins
wirst und mußt Du thun, selbst gegen den Wunsch Deines
Ratgebers: Dn wirst hier in Gegenwart dieser Zeugen
mir, dem Vollstrecker des Testaments Deines Vaters, die
ausdrückliche Erklärung aussprechen, daß Du gewillt, der
Bestimmung desselben zu genügen, in Deinem Interesse
wirst Du dies erklären!"
Ellen erschrak. Sie senkte die Stirn.
„Niemals! Ich begehre nichts für mich!" rief sie ent-
schlossen, versuchend, dem General ihre Hände zu entziehen.
Dieser hielt sie fest.
„Bedenke, daß Du dem Rat Lord Clintons bereits
zuwider gehandelt, indem Du Dich mir dennoch zu er-
kennen gegeben, daß es also meine Pflicht, Deine Erklä-
rung zu fordern!"

Ellen schwieg; er fühlte, wie ihre Hände so kalt wur-
den. Sie schüttelte, abermals den Kopf. „Xever!" flüsterte
sie vor sich hin.
„Wenn ick Dir nun aber sage, daß dieser Frank Groß-
mann, dem Du bestimmt wurdest, sich schon verheiratet
hat, ehe er von dem Testament erfahren, daß er also
Deine Hand zurückweisen muß; daß, wenn ihr beide
also euch weigert, nach Bestimmung dieses Testaments die
Hinterlassenschaft zwischen uns beiden und den Armen
geteilt werden muß!"
Ellens Hände zuckten heftig, sie blickte freudig auf.
„Ja, ja!" rief sie mit glücklichem Lächeln. „Man
soll alles den Armen geben, denn ich brauche ja nichts!"
Der General legte den Arm um ihren Nacken und
küßte sie auf die Stirn.
„Das letztere wollen wir uns überlegen," sagte er
lachend. Dann wandte er sich zu Norbert, den Arm von
ihr ziehend: „So, Herr Lieutenant, jetzt haben Sie das
Wort. — Gott sei Dank, daß ich die Sache los bin!"
Er gewahrte noch, wie Norbert überglücklich Ellens Hand
an seine Lippen preßte.
»Norbert äeur!" flüsterte Ellen leise, ihm so glücklich
in die Augen blickend.
Der General wandte sich inzwischen zn der Frau des
Hauses:
„Ich bitte die Damen um Verzeihung, wenn ich erst
jetzt meine Freude des Wiedersehens ausdrücken darf!"
Er küßte beiden die Hände, trat dann aber zurück, um
Ellen Raum zu geben, die auf Erna zueilte, den Arm um
deren Nacken legte und freudig ausrief:
„Wie glücklich bin ich, daß ich endlich wieder bei euch
sein kann! Auch Lady Clinton, der ich immer von euch
erzählt, wünscht euch zu sehen. Ach, die ist so gut, so
herzensgut!"
Erna fühlte sich beschämt; in ihrer Besorgnis für das
Glück des Bruders hatte sie die Freundschaft für Ellen
geopfert. Sie erwiderte deren Kuß und leise, kaum hör-
bar sagte sie:
„Ich will's wieder gut machen! Ich selbst war ja so
unglücklich!"
Zuletzt erst kam die Reihe an den alten Baron, seinen
„Engel" zu umarmen und ihm zuzuflüstern:
„Ich bin Ihr Schuldner geworden; aber es soll alles
getilgt werden, und die Zinsen, die soll Ihnen mein altes
treues Herz bezahlen!"
Norbert hatte inzwischen einen Wagen vor das Garten-
thor fabren sehen; er war die Stufen des Balkons
hinabgeeilt, und in sich erbebend, sah Erna, wie Günther,
die Krückstöcke in der einen Hand, die andere auf des
Bruders Schulter gestützt, sich herauf bewegte, wie der
General, auf den Sohn zueilend, dessen Arm nahm.
„Mein armer Junge hat es wohl nicht gewagt, euch
zu melden, daß er draußen in den Baracken lag," rief er
Brünig zu. „Ich hoffe, die Damen werden ihm barm-
herzig sein! Und namentlich Sie, Fräulein Erna," setzte
er hinzu, sich an diese wendend, deren Antlitz sich entfärbt.
Er flüsterte ihr lächelnd einige Worte zu, welche die Röte
wieder in ihre Wangen riefen.
Sie litt es, daß Günther ihre Hand nahm und ihr
mit einer stummen Bitte ins Antlitz schaute. Dieses blickte
so ernst, aber während sich Günther an ihre Mutter rich-
tete, wandte sie sich ab, um die Thränen zwischen ihren
Wimpern zu verbergen. (Schluß folgt.)


Jus allen Grbikkkn.
Mehlwasser als Pferdefutter.
Bei Manöver», auf Reisen und Märschen, im Kriege wie im
Frieden ist, wie das „Militär-Wochenbl." schreibt, Roggenmehl
mit Wasser gemischt ein höchst einfaches, aber sehr praktisches
Pferdesutter. „Mehlwasser" wird in der Schweiz und Italien
vielfach, anstatt des hier üblichen Brotfutters, dann gefuttert,
wenn die betreffenden Pferde auf starken Touren nur eine ganz
kurze Zeit zum Ausruhen haben. Auf manchen Poststationen
sieht man dort die Pferde unmittelbar nach deren Ankunft Mehl-
wasser einnehmen, um dann nach wenigen Minuten neu gestärkt
niunter weiter zu traben. Solches Mehlwaffer ist dem hier üb-
lichen Brotsutter bei weitem vorzuziehen. — Pferde, die ermüdet
und durstig sind, bedürfen zu viel Zeit, um Brot zu kauen.
Mehlwasser wirkt dagegen sofort erfrischend und ist, im Gegen-
satz zu Hafer, bekanntlich völlig unschädlich, auch wenn es un-
mittelbar nach großen Anstrengungen gefuttert wird. Auf die
Details des Transportes von Mehl für Truppen auf Märschen
und so weiter soll hier nicht näher eingegangen werden. Kleine
Beutel für eine Tagesration auf je 2, beziehungsweise 4 bis

6 Pferde dürften großen Säcken vorzuziehen sein, auch findet
man unterwegs wohl meist in jedem Bauernhause Mehl. So
einfach und naheliegend die Anwendung des Mehlwassers als
Schnellfutter ist, so wenig dürfte solche hier zu Lande bekannt fein.
Wie stellt man Skelette dar?
Zur Herstellung osteologischer Präparate, das heißt von
Skeletten, Skeletteilen und Schädeln gibt es, nach der in Berlin
erscheinenden „Naturwissensch. Wochenschr.", verschiedene Methoden.
Handelt es sich darum, möglichst schnell zum Beispiel einen Schädel
von allen Weichteilen zu befreien, so entfernt man zunächst niit
Messer und Schere die Haut und die größeren Muskelpartien,
sowie die Augen und so gut es geht das Gehirn. Dann legt
man den Schädel in ein Gefäß mit kaltem Wasser und erhitzt
dasselbe zum Kochen. Von Zeit zu Zeit überzeugt man sich,
ob die noch haftenden Fleischteile, Sehnen und so weiter sich leicht
ablösen lassen und ob nicht etwa die einzelnen Knochen locker
werden. Diese Gefahr ist besonders groß bei jugendlichen Schädeln.
Sind die zu entfernenden Teile genügend erweicht, so bürstet nian
niit einer scharfen Bürste den Schädel ab, zupft mit der Pinzette
oder schneidet mit einer feinen Schere die noch gebliebenen Sehnen-
stränge und dergleichen ab und spült den Schädel mit reinem
Wasser ab. Etwa noch vorhandene Gehirnreste spült man aus,
indem man durch das Hintcrhauptloch die Schädelhöhle voll
Wasser lausen läßt und nun den Schädel tüchtig schüttelt. Auf
diese Weise erhält man einen Schädel zwar rasch gereinigt, aber er
wird nie schön weiß. Um möglichst schöne Präparate zu erhalten,
ist es am besten, zunächst wieder mit Skalpell und Schere zu ent-
fernen, was äußerlich leicht abzuschneiden ist, und dann den
Schädel in ein Gesäß mit kaltem Wasser zu legen. Das Gefäß
ist mit einem Deckel zu verschließen und wird dann sich selbst
überlassen. Das Fleisch fault dann ab, löst sich teilweise von
selbst oder läßt sich leicht abspülen oder abzupfen. Selbstver-
ständlich entwickeln sich wenig angenehme Düfte bei dieser Art
der Präparation. Ist man sehr empfindlich gegen dieselben, so
muß man die Gefässe ins Freie oder auf den Boden, in Ställe
und dergleichen stellen, doch merkt man, so lange der Deckel nicht
abgenommen wird, nichts von üblen Gerüchen. Wie lange ein
Schädel oder Knochen im Wasser liegen muß, hängt von der
Größe des Gegenstandes, sowie von der Tenipcratur ab. Genaue
Vorschriften lassen sich nicht geben; es muß eben probirt werden.
Beim Spülen und Reinigen der durch Fäulnis präparirten
Schädel darf man selbstverständlich keine offenen Wunden an den
Händen haben und muß letztere nach der Arbeit gut mit Karbol-
wasser reinigen. Ferner hat man darauf zu achten, daß aus
Schädeln keine Zähne herausfallen und verloren gehen. Etwa
ausgefallene Zähne werden, nachdem alles getrocknet ist, mit Fisch-
leim eingeklebt. Durch möglichst genaue Angaben über Herkunft,
Alter, Geschlecht, Todesursache und so weiter wird der Wert eines
präparirten Schädels oder Skelettes sehr erhöht.
Das Präpariren zusammenhängender Skelette ist ziemlich
mühsam. Bei größeren Tieren, etwa von Katzen- oder Hunde-
größe auswärts, thut man am besten, die einzelnen Teile durch
Draht künstlich zu befestigen, während man zum Beispiel bei
Eichhörnchen, Mäusen, kleinen Vögeln und dergleichen besser einen
Teil der Bänder sitzen läßt, welche dann die Teile Zusammen-
halten. Zu wissenschaftlichen Untersuchungen sind übrigens voll-
ständige zerlegte Skelette weit besser als aufgestellte.
Das Einlegen von Tieren in Ameisenhaufen zum Zweck des
Skelettirens ist nicht zu empfehlen, weil zu leicht Teile verloren
gehen und man nicht genügend kontrolliren kann, wie weit die
Arbeit vorgeschritten ist.
Für ganz feine Gegenstände, etwa Skelette junger Amphibien
und dergleichen, eignet sich gut ein Verfahren, auf welches kürzlich
Professor Fr. E. Schulze in einer Sitzung der Gesellschaft natur-
forschender Freunde zu Berlin aufmerksam machte. Man benützt
nämlich Froschlarven (Kaulquappen) zum Abnagen der Weich-
teile. Eine Anzahl lebender Froschlarven thut man in ein Gefäß
mit frischem Wasser und bringt das zu benagende Objekt mit
in das Gefäß. Dann nagen die Larven auf das Sauberste alles
Weiche von den Knochen, respektive Knorpeln ab. Man muß
darauf achten, daß nicht zu viel abgenagt wird und daß die
Teile nicht auseinander fallen. Ein Nachteil, welchen dies Ver-
fahren hat, beruht darauf, daß nicht zu jeder Jahreszeit Frosch-
larven zu beschaffen sind. Auch ist diese Methode nur bei kleinen
und feinen Objekten anzuwenden, da bei größeren zu viel Zeit
in Anspruch genommen würde.
Behandlung mit Chlorkalk oder Aetzkali ist nicht zu empfehlen,
da die Knochen durch diese Substanzen ein unnatürliches, kreide-
artiges Aussehen erhalten. Ist Blut in einen Knochen gezogen,
so muß man ihn so lange in Wasser legen, bis alles ausgezogen
ist. Ist das Blut erst einmal eingetrocknet und in die feinen
Höhlungen eingezogen, so ist es schwer zu entfernen. Horn-
scheiden von Ziegen, Rindern und Antilopen zieht man, sobald
es geht, von den Stirnzapfen ab, damit nicht durch die Fäulnis
auch das Horn angegriffen wird. Nach dem Trocknen des Schädels
setzt man die Hörner wieder auf.
Schließlich ist noch zu bemerken, daß man bei gleichzeitiger
Präparation von Skeletten genau darauf zu achten hat, daß die
zusammengehörigen Teile, zum Beispiel Wirbel und Nippen, zu-
sammenbleiben und nicht verwechselt werden.
Rezepte.
Imitation von Marmor. Figuren aus Gips
oder Papier-Mache werden mit weißen: Damarfirnis über-
zogen und dann mit gepulvertem Glas bestäubt, wodurch sic
das Ansehen von Alabaster erhalten. Firmst man die Gegen-
stände zum zweitenmale und bestäubt sie mit gröber ge-
pulvertem Glas oder Glimmer, so ähneln sie dem carrarischen
Marmor. Durch zarten blauen Anstrich zwischen den Uebcrzügcn
kann man eine hübsche Äderung Herstellen. Um Sandstein das
Aussehen von Marmor zu geben, imprägnirt man den gut ge-
trockneten Stein mit löslicher Kieselsäure und Thonerde. (Icks
Oil uuä Oolourm. ckourn. 1857, 53 d. Chem. Ztg. S. 6).
 
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