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Illustrirte Welt.
Gebrüder Loh aus Frankfurt eine Kaltwasserheilanstalt er-
richten. Das Anstaltsgebäude ist auch im byzantinischen Stile er-
baut und unter Dach gebracht worden; doch hatte, durch un-
günstige Verhältnisse veranlaßt, der Bau nicht weitergeführt
werden können, und so war es Herrn Geh. Kommerzienrat
I. Reiß aus Frankfurt gelungen, das Gebäude nebst dem dazu
gehörigen Stück Wald zu erwerben. Das alte Gebäude wurde
bis auf den Grund niedergelegt und nun entstand in den Jahren
1863 bis 1866 unter der Leitung des bekannten Frankfurter
Architekten Burnih, der auch die Pläne entworfen hatte, jenes
fchloßartigc Gebäude, das die Fernsicht nach der ganzen Main-
ebene hin beherrscht und eine Zierde des Taunus genannt werden
kann. Der Bau ist im italienischen Renaissancestils gehalten und
besteht aus einem Mittel-, beziehungsweise Hauptbau mit vier
Ecktürmen und zwei Flügelbauten. Eine große Terrasse mit
Freitreppen an der Vorderfront führt direkt zu den im Parterre
gelegenen Gejellschaftsräumen, unter denen besonders der Speise-
saal, die Bibliothek- und Spielzimmer durch ihre reiche Aus-
stattung bemerkenswert sind. Der Haupteingang von der Garten-
seite, vor dem eine Rampe zur Auffahrt angebracht ist, führt
durch ein großes Vestibül mit einer Marmortreppe in das Innere
der prachtvoll ausgestatteten Villa. In einer Nische des einen
Flügelbaues befindet sich eine Statue des Ritters Hartmuth von
Cronberg. Reiche gärtnerische Anlagen nut Springbrunnen und
Pergolas umgeben die Villa. Durch einen großen Park gelangt
man zu den in schöner Holzarchitektur ausgeführten Meierei-
gebäuden, als Gärtncrwohnung, Marstall, Remisegebäude, Ställe
und Scheuern. Durch Anbauten soll diese Villa noch bedeutend
vergrößert werden.
Eine litMÜslsii! ilniligsiMer.
(Bild S. MS.l
Aegypten, das Geschenk des Nil, wie der alte griechische Ge-
schichtsschreiber Herodot das Land nennt, dessen geheimnisvolle
Geschichte und Wunderwerke erst unser Jahrhundert enträtselt
hat, ist ein beliebter Gegenstand für die Maler orientalischer
Scenen geworden. Fast jede Ausstellung bringt Bilder ägypti-
schen Lebens und Treibens, das durch seine bunte Mannigfaltig-
keit und durch die Lebhaftigkeit und Heiterkeit der Farben die
Beschauer entzückt. So hat sich auch der Maler des vorliegen-
den Bildes nach dem Pyramidenlande gewandt und führt uns
eine Königstochter aus der längst dahingeschwundenen Zeit der
alten Pharaonen vor die Augen, allerdings nicht ganz historisch
treu, sondern künstlerisch idealisirt, modernisirt. Das kritische
Auge eines Aegyptologen würde manches an dem Bilde auszu-
setzen haben, was nicht genau den Resultaten seiner Forschungen
und vor allen Dingen den zahlreichen, noch so wohl erhaltenen
und mit großer Feinheit ausgesührten Wandgemälden der
Tempelhallen und Felsengräber entspricht, und wie wir es in
so vortrefflicher Nachahmung auf Alma Tademas Gemälden
finden. Doch das ist die Freiheit des Künstlers, und nicht
minder bestrickend und doch hoheitsvoll zugleich blickt die könig-
liche Jungfrau aus dem Bilde heraus. Das ganze Gesicht trägt
den Stempel des Stolzes und Hochmuts, mit den, die Glieder
der Pharaonenfamilie auf das ihnen unterthane Volk herabzu-
blicken pflegten. Das von reichem schwarzem Gelock umrahmte
Haupt bedeckt der übliche Kopfschmuck der königlichen Frauen,
an dessen vorderer Seite gerade über der Stirn der Kopf der
heiligen Uräusschlange, das Symbol der königlichen Würde,
hervorragt. Der glänzende Schmuck, der den Hals umschließt,
erinnert an jene schönen Königinnen der Zigeuner, welche ja
auch dem heißen Boden Aegyptens entstammen wollen.
Ein englischer Schriftsteller und fein Verleger.
Fielding, der bekannte engliiche Romanschriftsteller, be-
fand sich in sehr ärmlichen Verhältnissen, als er seinen später
so berühmt gewordenen Roman „Tom Jones" schrieb. Nach
der Vollendung dieses Romans wußte er lange nicht, wie er
sein Manuskript los werden sollte, und die Not drückte ihn so
sehr, daß er endlich seinem Schöpfer dankte, als ihm ein kleiner,
unbekannter Buchhändler 25 Pfund (500 Mark) dafür bot.
Fielding hatte sich dabei besonders ausbedungen, daß diese
Summe an einem bestimmten Tage ausgezahlt werden sollte.
Mittlerweile faßte er sich ein Herz, das Konzept dem Dichter
Thomson zu zeigen. Diesem leuchtete gleich aus den ersten
Kapiteln die Trefflichkeit des Werks entgegen. „Gehen Sie auf
der Stelle," sagte er, „und wenden alle möglichen Mittel an,
den Handel rückgängig zu machen und ihre Handschrift wieder
zu bekommen." — Das wurde dem Dichter nun sehr leicht,
denn der unwissende Buchhändler hatte den Tom Jones nur nach
dem elenden Aeußereu des Verfassers gewürdigt. Thomson aber
las das ganze Werk mit Bewunderung und sprach darüber
mit dem Buchhändler Andreas Millar, einem der ersten Londons
zu jener Zeit. Der arme Fielding wurde bald darauf in ein
Speisehaus beschieden, wo der reiche Buchhändler ihn und Thomson
mit einem vortrefflichen Mahle bewirtete. Millar aber hatte den
erwartungsvollen Romanfchreiber nicht lange warten lassen mögen
und gleich nach der ersten Begrüßung zu ihm gesagt: „Ich ent-
scheide dergleichen Angelegenheiten allezeit auf einmal und ändere
dann mein Anerbieten niemals. Ich gebe Ihnen zweihundert
Pfund (4000 Mark) und keinen Heller mehr!" — Fielding war
sprachlos vor Freude und konnte dem freundlichen Gönner nur
die Hand drücken. Aber Millar gewann schließlich doch eine sehr
ansehnliche Summe durch den Tom Jones, der einen außer-
ordentlichen Erfolg hatte und Len Ruhm Fieldings dauernd be-
gründete. Millar erwies sich dafür indessen auch ferner dankbar,
denn er schoß dem nicht sehr haushälterischen Fielding Geld vor,
so ost er dessen benötigt war, bis sich die Summe zuletzt auf
nicht weniger als 2500 Pfund (50,000 Mark) belief. Und ehe
der großmütige Verleger starb, zerriß er alle von Fielding da-
für erhaltene Verschreibungen. Alfred Stelzner.
Linier Llostermauern.
«Bild S. 2,7.)
^bHas pochst du mir ans Herz — so sonnerhellt,
voll Stromesranschen, Nachtigallenschlagen;
Was weckst du wieder längst verstummte Fragen
Ukit deinem alten Zauber, schöne Welt.
Wohl bist du reich, hast Lieb' für Hütt' und Turin
Und hohe Preise für die kühnen Streiter,
Doch vor dem Ziele stürzt so mancher Reiter,
Und so viel Glück ist angekrankt vom Wurm.
Ich hab's erkannt, ich riß mich los von dir
Und tauschte all mein Jubeln, all mein Trauern
Für stillen Frieden hinter Klostermauern
Um dieses Kleid, dies Kreuz und dies Brevier.
Und doch — w.
In der Pustta.
Skizze aus dem Eisenbahnlcben
von
W. Weinhold.
(Alle Rechte Vorbehalten.)
stig flatterte die rote Fahne von dem niedlichen
Fahrzeug herab, welches unter dem kräftigen Druck
vier sehniger Arme pfeilschnell dahinrollte auf dem
geradlinigen Schienenweg. Es war der Urahne
unseres modernen Zwei- und Dreirads, eine sogenannte
Draisine, deren sich die oberen Babnbeamtcn bei ihren
Revisionsreisen zu bedienen pflegten; ein leichtes, zierliches
Ding, das mit dem Dampfwagen nichts weiter gemein
hatte als die Spurweite und jene eigentümliche Form der
Räder, welche den Schienen angepaßt ist, nur von
Menschenhänden bewegt und nach Belieben abhebbar von
der Fahrbahn und ebenso leicht wieder einzusehen, wenn
es auf seiner rometcnartigen Bahn ja einmal mit den
regelmäßig verkehrenden Zügen in zu nahe Berührung
kam. Für solche Fälle diente die rote Fahne darüber zum
Schutz und zum Trutz zugleich; denn rot heißt in der
Zeichensprache der Eisenbahnen so viel als: „Halt, hier
droht Gefahr!" und auch der verwegenste Führer wirft
augenblicklich den Dampfhebel zurück mitten in der tollsten
Fahrt, sobald man ihm „Rot" zeigt. Was wäre auch
geworden aus dem winzigen Wägelchen mit seinen fünf
Insassen beim Zusammenstoß mit einem der viel tausend
Zentner schweren Dampfkolosse? Man hätte seine Spur
nicht wiedergefunden.
Den Eisenbahnleuten draußen im Banat war die
Draisine wohl bekannt. Sie erschien genau in Zeit-
abschnitten von vierzehn zu vierzehn Tagen und fuhr von
Wärter zu Wärter, von Block zu Block; überall wurde
sie gerne gesehen und froh erwartet, denn sie brachte in
die ärmlichen Hütten die wohlverdienten paar Gulden, die
der da draußen hausende Bahnwärter oder der am Rande
der Bahn wohnende Streckenarbeiter neben freier Woh-
nung und dem Fetzen Dienstgelände, auf welchem er seine
Feldfrüchte zog, von der Eisenbahnverwaltung bar aus-
gezahlt erhielt.
„Bude Nummer siebenundfünfzig, Pinku, Janos, sechs
Gulden!" avertirte der Aufsichtsbeamte, die anfgescklagene
Lohnliste in den Händen, den auf erhöhtem Sitz thronen-
den Zahlmeister, als sich die Draisine einer der kleinen
Bretterhütten näherte, die in regelmäßigen Abständen am
Bahndamm entlang wie Schildwachen aufgepflanzt waren
und die einzige Abwechslung in der langweiligen Umgebung
bildeten.
Dort stand der Bahnwart, die rechte Hand zum Gruß
an die Dienstkappe legend.
„Nun, Janos," rief ihn der Zahlmeister, vom Wagen
herabsteigend, an, indem er sechs blanke Silbergulden der
im Innern der Draisine befindlichen Kasse entnahm und
sie dem Wärter aufzählte, „wie schaut's aus? Alles in
Ordnung?"
„Ja und nein, Herr!" antwortete der Gefragte, die
blanken Silberstücke in Empfang nehmend, wobei er ver-
legen bald nach der Begleitung des Zahlmeisters, bald
nach der Hütte blickte. „Wisset, Herr," fügte er, näher
tretend, leise hinzu, „die Pußta hat Ohren! Es ist nicht
geheuer auf der Strecke!"
„Ihr seid ein Hasenfuß, Janos! Sorgt Ihr um Eure
paar Gulden?"
„Nicht um mich, Herr, um Euch und die Beamten
da; Euer Geld will man."
„Wer?"
„Nun, wer anders als Bruder Betyar."
„Bei allen Heiligen! Janos, sprecht Ihr die Wahr-
heit ?"
„O Herr, Janos entgeht nichts. Nicht von ungefähr
lungern die Alföldzigenner umher auf der Tanya (länd-
liche Hütte) drüben im Schilf. Die langhaarigen. Bursche
> haben einen guten Geruch, denn sie wittern Paprika-
duftendes und Wein, echten von Erlau. Janos hat auch
gesehen Mariska, das braune Mädchen, wie es über die
Pußta schlich, die gestohlene Kette von echtem Kremser-
gold nm den sonnenverbrannten Hals hängend; o, ich
kenne sie, diese Kette an dem Kreuz mit dem großen roten
Stein, dieselbe, die sie dem Obergespann abgenommen haben
in jener Nacht unweit der Tisza."
„Ihr glaubt also, man würde uns überfallen, hier auf
der Strecke, am Hellen Tage?"
Janos zögerte verlegen.
„Wisset, Herr," erwiderte er dem in ihn dringenden
Zahlmeister, „Janos hat schon zu viel gesagt; die Betyarcn
spassen nicht; es könnte nicht gut sein für Janos."
Der Zahlmeister überlegte einen Augenblick, indem er
den Mechanismus eines Revolvers prüfte, den er aus der
Seitentasche hervorgezogen.
„Ist die Bande stark?" forschte er weiter.
„Ihr dürft Euch nicht verteidigen, Herr," versetzte der
Bahnwart ausweichend, „sie ist Euch ohne Zweifel über-
leqen. Aber Janos hat einen andern Plan; Ihr werdet
nichts verraten, Herr?"
„Sprecht, Janos! Schnell, was gedenkt Ihr zu
thnn?" drängte jener.
„Wenn Ihr ein Zeichen geben könntet von der Draisine
aus! Janos könnte Euch vielleicht zu Hilfe eilen gegen
die Räuber."
„Ihr allein?"
„Ja, Janos und die Weiber da oben." Er deutete
mit der Hand nach der Bude, wo man zwischen dein spär-
lichen Blattwerk junger Akazien die bunten Kopftücher
einiger Weiber hervorlugen sah, die dort auf einer Bank
saßen. „Es sind Wallfahrerinnen, die auf den nächsten
Zug warten," erklärte der Bahnwart. „Wisset, Herr,
man soll solche Hilfe nicht unterschätzen. Janos hat schon
von Weibern gehört, die Krieg führten und Siege er-
fochten."
Der Zahlmeister mußte unwillkürlich lächeln.
„Amazonen meint Ihr! Nun gut; und wie wollt Ihr
Eure Weiber ins Feld führen?"
„O, nichts leichter als das! Ihr braucht nur das
Notsignal zu geben mit dem Apparat, den Ihr auf der
Draisine habt: dreimal drei Schläge. Das übrige über-
laßt Janos."
„Abgemacht, Janos, dreimal drei Schläge! Es bleibt
dabei. Und nun vorwärts, vorwärts, ihr Leute!"
Der Zahlmeister wußte nicht recht, was er aus dem
Burschen machen sollte. War es dem Wärter wirklich
ernst, sollte er demselben Vertrauen schenken, oder steckte
dieser mit den Räubern unter einer Decke? Wollte man
ihn einschüchtern oder in Vertrauen wiegen? Jedenfalls
i wollte er auf seiner Hut sein und sein Leben so teuer ver-
kaufen als möglich. Die Beamten, denen er die Sach-
lage, die sie bis dahin nur geahnt, kurz auseinandersehte,
erschraken zu Tod. Die einzige Waffe, die man hatte,
war jener Revolver des Zahlmeisters. Was konnte man
damit ausrichten gegen einen so entschlossenen Feind wie
der Betyar?
Die Gegend, durch welche die Bahn ihre geraden
Linien zog, trug vollständig den Charakter der ungarischen
Tiefebene. Kein Baum, kein Strauch m der weiten
! Fläche, kein Garten in der Nähe der zerstreut umher-
liegenden Ortschaften, nur fetter, kahler Boden, bebaut
oder nicht bebaut, kahle Dörfer, von Pfützen umgeben,
und, so weit daS Ange reichte, nicht der kleinste Hügel,
von dem man dieses reiche Elend hätte überschauen können.
Unter der erdrückenden Glut der heißen Mittagssonne
war jeder der Beamten mit seinen eigenen Gedanken be-
schäftigt. Man wußte nur zu gut. wessen man sich zu
versehen hatte. Wieder einmal machte eine Bande jener
unheimlichen Gesellen von sich reden, die gleichsam über
Nacht erscheinen, lediglich um zu brandschatzen, zu rauben,
zu plündern und — zu morden, und die dann ebenso
; plötzlich wieder von der Bildfläche verschwinden. Ent-
schlossene, wilde Kerle jind cs, die Betyaren, meistens ehe-
malige Pferdeknechte, Ochsen- oder Schafhirten und ähn-
liche Leute, welche, nut ihrem Lose unzufrieden, sich durch
das freie Räuberhandwerk auf kurze Zeit für ihr sonst
freudloses Dasein zu entschädigen suchen. Der Betyar
raubt alles, was ihm in die Hände fällt, aber er ist auch
freigebig gegen die mit ihm gemeinsame Sache machenden
Hirten, nobel in seinem äußeren Auftreten, namentlich
den Landschöncn gegenüber, denen er oft luxuriöse Ge-
schenke macht, herablassend gegen den überall auftanchen-
den Zigeunermusikanten, wählerisch in seiner Ausstattung
mit feinen Waffen aller Art, mit denen er gegen seines-
gleichen gerne prahlt; ein Liebhaber flotter Pferde, die er
gelegentlich mit sich fortführt.
Die Bande hatte es hauptsächlich auf vereinzelt liegende
Wirtschaftshütten abgesehen und hie und da auch einer
weltverlorenen Pußtastation ihren unwillkommenen Besuch
abgestattet. List, Verschlagenheit und Ausdauer führte
die Räuber zum Ziele. Mehr als einmal war cs geglückt,
durch Ueberrumpelimg des Stationspersonals sich der
Kasse zu bemächtigen und nicht unerhebliche Geldbeträge
davonzuschleppen.
Der Erfolg macht kühn. Daß die Räuber aber zu
einem regelrechten Ueberfall am Hellen Tage übergehen
würden, das hatte niemand erwartet.
Illustrirte Welt.
Gebrüder Loh aus Frankfurt eine Kaltwasserheilanstalt er-
richten. Das Anstaltsgebäude ist auch im byzantinischen Stile er-
baut und unter Dach gebracht worden; doch hatte, durch un-
günstige Verhältnisse veranlaßt, der Bau nicht weitergeführt
werden können, und so war es Herrn Geh. Kommerzienrat
I. Reiß aus Frankfurt gelungen, das Gebäude nebst dem dazu
gehörigen Stück Wald zu erwerben. Das alte Gebäude wurde
bis auf den Grund niedergelegt und nun entstand in den Jahren
1863 bis 1866 unter der Leitung des bekannten Frankfurter
Architekten Burnih, der auch die Pläne entworfen hatte, jenes
fchloßartigc Gebäude, das die Fernsicht nach der ganzen Main-
ebene hin beherrscht und eine Zierde des Taunus genannt werden
kann. Der Bau ist im italienischen Renaissancestils gehalten und
besteht aus einem Mittel-, beziehungsweise Hauptbau mit vier
Ecktürmen und zwei Flügelbauten. Eine große Terrasse mit
Freitreppen an der Vorderfront führt direkt zu den im Parterre
gelegenen Gejellschaftsräumen, unter denen besonders der Speise-
saal, die Bibliothek- und Spielzimmer durch ihre reiche Aus-
stattung bemerkenswert sind. Der Haupteingang von der Garten-
seite, vor dem eine Rampe zur Auffahrt angebracht ist, führt
durch ein großes Vestibül mit einer Marmortreppe in das Innere
der prachtvoll ausgestatteten Villa. In einer Nische des einen
Flügelbaues befindet sich eine Statue des Ritters Hartmuth von
Cronberg. Reiche gärtnerische Anlagen nut Springbrunnen und
Pergolas umgeben die Villa. Durch einen großen Park gelangt
man zu den in schöner Holzarchitektur ausgeführten Meierei-
gebäuden, als Gärtncrwohnung, Marstall, Remisegebäude, Ställe
und Scheuern. Durch Anbauten soll diese Villa noch bedeutend
vergrößert werden.
Eine litMÜslsii! ilniligsiMer.
(Bild S. MS.l
Aegypten, das Geschenk des Nil, wie der alte griechische Ge-
schichtsschreiber Herodot das Land nennt, dessen geheimnisvolle
Geschichte und Wunderwerke erst unser Jahrhundert enträtselt
hat, ist ein beliebter Gegenstand für die Maler orientalischer
Scenen geworden. Fast jede Ausstellung bringt Bilder ägypti-
schen Lebens und Treibens, das durch seine bunte Mannigfaltig-
keit und durch die Lebhaftigkeit und Heiterkeit der Farben die
Beschauer entzückt. So hat sich auch der Maler des vorliegen-
den Bildes nach dem Pyramidenlande gewandt und führt uns
eine Königstochter aus der längst dahingeschwundenen Zeit der
alten Pharaonen vor die Augen, allerdings nicht ganz historisch
treu, sondern künstlerisch idealisirt, modernisirt. Das kritische
Auge eines Aegyptologen würde manches an dem Bilde auszu-
setzen haben, was nicht genau den Resultaten seiner Forschungen
und vor allen Dingen den zahlreichen, noch so wohl erhaltenen
und mit großer Feinheit ausgesührten Wandgemälden der
Tempelhallen und Felsengräber entspricht, und wie wir es in
so vortrefflicher Nachahmung auf Alma Tademas Gemälden
finden. Doch das ist die Freiheit des Künstlers, und nicht
minder bestrickend und doch hoheitsvoll zugleich blickt die könig-
liche Jungfrau aus dem Bilde heraus. Das ganze Gesicht trägt
den Stempel des Stolzes und Hochmuts, mit den, die Glieder
der Pharaonenfamilie auf das ihnen unterthane Volk herabzu-
blicken pflegten. Das von reichem schwarzem Gelock umrahmte
Haupt bedeckt der übliche Kopfschmuck der königlichen Frauen,
an dessen vorderer Seite gerade über der Stirn der Kopf der
heiligen Uräusschlange, das Symbol der königlichen Würde,
hervorragt. Der glänzende Schmuck, der den Hals umschließt,
erinnert an jene schönen Königinnen der Zigeuner, welche ja
auch dem heißen Boden Aegyptens entstammen wollen.
Ein englischer Schriftsteller und fein Verleger.
Fielding, der bekannte engliiche Romanschriftsteller, be-
fand sich in sehr ärmlichen Verhältnissen, als er seinen später
so berühmt gewordenen Roman „Tom Jones" schrieb. Nach
der Vollendung dieses Romans wußte er lange nicht, wie er
sein Manuskript los werden sollte, und die Not drückte ihn so
sehr, daß er endlich seinem Schöpfer dankte, als ihm ein kleiner,
unbekannter Buchhändler 25 Pfund (500 Mark) dafür bot.
Fielding hatte sich dabei besonders ausbedungen, daß diese
Summe an einem bestimmten Tage ausgezahlt werden sollte.
Mittlerweile faßte er sich ein Herz, das Konzept dem Dichter
Thomson zu zeigen. Diesem leuchtete gleich aus den ersten
Kapiteln die Trefflichkeit des Werks entgegen. „Gehen Sie auf
der Stelle," sagte er, „und wenden alle möglichen Mittel an,
den Handel rückgängig zu machen und ihre Handschrift wieder
zu bekommen." — Das wurde dem Dichter nun sehr leicht,
denn der unwissende Buchhändler hatte den Tom Jones nur nach
dem elenden Aeußereu des Verfassers gewürdigt. Thomson aber
las das ganze Werk mit Bewunderung und sprach darüber
mit dem Buchhändler Andreas Millar, einem der ersten Londons
zu jener Zeit. Der arme Fielding wurde bald darauf in ein
Speisehaus beschieden, wo der reiche Buchhändler ihn und Thomson
mit einem vortrefflichen Mahle bewirtete. Millar aber hatte den
erwartungsvollen Romanfchreiber nicht lange warten lassen mögen
und gleich nach der ersten Begrüßung zu ihm gesagt: „Ich ent-
scheide dergleichen Angelegenheiten allezeit auf einmal und ändere
dann mein Anerbieten niemals. Ich gebe Ihnen zweihundert
Pfund (4000 Mark) und keinen Heller mehr!" — Fielding war
sprachlos vor Freude und konnte dem freundlichen Gönner nur
die Hand drücken. Aber Millar gewann schließlich doch eine sehr
ansehnliche Summe durch den Tom Jones, der einen außer-
ordentlichen Erfolg hatte und Len Ruhm Fieldings dauernd be-
gründete. Millar erwies sich dafür indessen auch ferner dankbar,
denn er schoß dem nicht sehr haushälterischen Fielding Geld vor,
so ost er dessen benötigt war, bis sich die Summe zuletzt auf
nicht weniger als 2500 Pfund (50,000 Mark) belief. Und ehe
der großmütige Verleger starb, zerriß er alle von Fielding da-
für erhaltene Verschreibungen. Alfred Stelzner.
Linier Llostermauern.
«Bild S. 2,7.)
^bHas pochst du mir ans Herz — so sonnerhellt,
voll Stromesranschen, Nachtigallenschlagen;
Was weckst du wieder längst verstummte Fragen
Ukit deinem alten Zauber, schöne Welt.
Wohl bist du reich, hast Lieb' für Hütt' und Turin
Und hohe Preise für die kühnen Streiter,
Doch vor dem Ziele stürzt so mancher Reiter,
Und so viel Glück ist angekrankt vom Wurm.
Ich hab's erkannt, ich riß mich los von dir
Und tauschte all mein Jubeln, all mein Trauern
Für stillen Frieden hinter Klostermauern
Um dieses Kleid, dies Kreuz und dies Brevier.
Und doch — w.
In der Pustta.
Skizze aus dem Eisenbahnlcben
von
W. Weinhold.
(Alle Rechte Vorbehalten.)
stig flatterte die rote Fahne von dem niedlichen
Fahrzeug herab, welches unter dem kräftigen Druck
vier sehniger Arme pfeilschnell dahinrollte auf dem
geradlinigen Schienenweg. Es war der Urahne
unseres modernen Zwei- und Dreirads, eine sogenannte
Draisine, deren sich die oberen Babnbeamtcn bei ihren
Revisionsreisen zu bedienen pflegten; ein leichtes, zierliches
Ding, das mit dem Dampfwagen nichts weiter gemein
hatte als die Spurweite und jene eigentümliche Form der
Räder, welche den Schienen angepaßt ist, nur von
Menschenhänden bewegt und nach Belieben abhebbar von
der Fahrbahn und ebenso leicht wieder einzusehen, wenn
es auf seiner rometcnartigen Bahn ja einmal mit den
regelmäßig verkehrenden Zügen in zu nahe Berührung
kam. Für solche Fälle diente die rote Fahne darüber zum
Schutz und zum Trutz zugleich; denn rot heißt in der
Zeichensprache der Eisenbahnen so viel als: „Halt, hier
droht Gefahr!" und auch der verwegenste Führer wirft
augenblicklich den Dampfhebel zurück mitten in der tollsten
Fahrt, sobald man ihm „Rot" zeigt. Was wäre auch
geworden aus dem winzigen Wägelchen mit seinen fünf
Insassen beim Zusammenstoß mit einem der viel tausend
Zentner schweren Dampfkolosse? Man hätte seine Spur
nicht wiedergefunden.
Den Eisenbahnleuten draußen im Banat war die
Draisine wohl bekannt. Sie erschien genau in Zeit-
abschnitten von vierzehn zu vierzehn Tagen und fuhr von
Wärter zu Wärter, von Block zu Block; überall wurde
sie gerne gesehen und froh erwartet, denn sie brachte in
die ärmlichen Hütten die wohlverdienten paar Gulden, die
der da draußen hausende Bahnwärter oder der am Rande
der Bahn wohnende Streckenarbeiter neben freier Woh-
nung und dem Fetzen Dienstgelände, auf welchem er seine
Feldfrüchte zog, von der Eisenbahnverwaltung bar aus-
gezahlt erhielt.
„Bude Nummer siebenundfünfzig, Pinku, Janos, sechs
Gulden!" avertirte der Aufsichtsbeamte, die anfgescklagene
Lohnliste in den Händen, den auf erhöhtem Sitz thronen-
den Zahlmeister, als sich die Draisine einer der kleinen
Bretterhütten näherte, die in regelmäßigen Abständen am
Bahndamm entlang wie Schildwachen aufgepflanzt waren
und die einzige Abwechslung in der langweiligen Umgebung
bildeten.
Dort stand der Bahnwart, die rechte Hand zum Gruß
an die Dienstkappe legend.
„Nun, Janos," rief ihn der Zahlmeister, vom Wagen
herabsteigend, an, indem er sechs blanke Silbergulden der
im Innern der Draisine befindlichen Kasse entnahm und
sie dem Wärter aufzählte, „wie schaut's aus? Alles in
Ordnung?"
„Ja und nein, Herr!" antwortete der Gefragte, die
blanken Silberstücke in Empfang nehmend, wobei er ver-
legen bald nach der Begleitung des Zahlmeisters, bald
nach der Hütte blickte. „Wisset, Herr," fügte er, näher
tretend, leise hinzu, „die Pußta hat Ohren! Es ist nicht
geheuer auf der Strecke!"
„Ihr seid ein Hasenfuß, Janos! Sorgt Ihr um Eure
paar Gulden?"
„Nicht um mich, Herr, um Euch und die Beamten
da; Euer Geld will man."
„Wer?"
„Nun, wer anders als Bruder Betyar."
„Bei allen Heiligen! Janos, sprecht Ihr die Wahr-
heit ?"
„O Herr, Janos entgeht nichts. Nicht von ungefähr
lungern die Alföldzigenner umher auf der Tanya (länd-
liche Hütte) drüben im Schilf. Die langhaarigen. Bursche
> haben einen guten Geruch, denn sie wittern Paprika-
duftendes und Wein, echten von Erlau. Janos hat auch
gesehen Mariska, das braune Mädchen, wie es über die
Pußta schlich, die gestohlene Kette von echtem Kremser-
gold nm den sonnenverbrannten Hals hängend; o, ich
kenne sie, diese Kette an dem Kreuz mit dem großen roten
Stein, dieselbe, die sie dem Obergespann abgenommen haben
in jener Nacht unweit der Tisza."
„Ihr glaubt also, man würde uns überfallen, hier auf
der Strecke, am Hellen Tage?"
Janos zögerte verlegen.
„Wisset, Herr," erwiderte er dem in ihn dringenden
Zahlmeister, „Janos hat schon zu viel gesagt; die Betyarcn
spassen nicht; es könnte nicht gut sein für Janos."
Der Zahlmeister überlegte einen Augenblick, indem er
den Mechanismus eines Revolvers prüfte, den er aus der
Seitentasche hervorgezogen.
„Ist die Bande stark?" forschte er weiter.
„Ihr dürft Euch nicht verteidigen, Herr," versetzte der
Bahnwart ausweichend, „sie ist Euch ohne Zweifel über-
leqen. Aber Janos hat einen andern Plan; Ihr werdet
nichts verraten, Herr?"
„Sprecht, Janos! Schnell, was gedenkt Ihr zu
thnn?" drängte jener.
„Wenn Ihr ein Zeichen geben könntet von der Draisine
aus! Janos könnte Euch vielleicht zu Hilfe eilen gegen
die Räuber."
„Ihr allein?"
„Ja, Janos und die Weiber da oben." Er deutete
mit der Hand nach der Bude, wo man zwischen dein spär-
lichen Blattwerk junger Akazien die bunten Kopftücher
einiger Weiber hervorlugen sah, die dort auf einer Bank
saßen. „Es sind Wallfahrerinnen, die auf den nächsten
Zug warten," erklärte der Bahnwart. „Wisset, Herr,
man soll solche Hilfe nicht unterschätzen. Janos hat schon
von Weibern gehört, die Krieg führten und Siege er-
fochten."
Der Zahlmeister mußte unwillkürlich lächeln.
„Amazonen meint Ihr! Nun gut; und wie wollt Ihr
Eure Weiber ins Feld führen?"
„O, nichts leichter als das! Ihr braucht nur das
Notsignal zu geben mit dem Apparat, den Ihr auf der
Draisine habt: dreimal drei Schläge. Das übrige über-
laßt Janos."
„Abgemacht, Janos, dreimal drei Schläge! Es bleibt
dabei. Und nun vorwärts, vorwärts, ihr Leute!"
Der Zahlmeister wußte nicht recht, was er aus dem
Burschen machen sollte. War es dem Wärter wirklich
ernst, sollte er demselben Vertrauen schenken, oder steckte
dieser mit den Räubern unter einer Decke? Wollte man
ihn einschüchtern oder in Vertrauen wiegen? Jedenfalls
i wollte er auf seiner Hut sein und sein Leben so teuer ver-
kaufen als möglich. Die Beamten, denen er die Sach-
lage, die sie bis dahin nur geahnt, kurz auseinandersehte,
erschraken zu Tod. Die einzige Waffe, die man hatte,
war jener Revolver des Zahlmeisters. Was konnte man
damit ausrichten gegen einen so entschlossenen Feind wie
der Betyar?
Die Gegend, durch welche die Bahn ihre geraden
Linien zog, trug vollständig den Charakter der ungarischen
Tiefebene. Kein Baum, kein Strauch m der weiten
! Fläche, kein Garten in der Nähe der zerstreut umher-
liegenden Ortschaften, nur fetter, kahler Boden, bebaut
oder nicht bebaut, kahle Dörfer, von Pfützen umgeben,
und, so weit daS Ange reichte, nicht der kleinste Hügel,
von dem man dieses reiche Elend hätte überschauen können.
Unter der erdrückenden Glut der heißen Mittagssonne
war jeder der Beamten mit seinen eigenen Gedanken be-
schäftigt. Man wußte nur zu gut. wessen man sich zu
versehen hatte. Wieder einmal machte eine Bande jener
unheimlichen Gesellen von sich reden, die gleichsam über
Nacht erscheinen, lediglich um zu brandschatzen, zu rauben,
zu plündern und — zu morden, und die dann ebenso
; plötzlich wieder von der Bildfläche verschwinden. Ent-
schlossene, wilde Kerle jind cs, die Betyaren, meistens ehe-
malige Pferdeknechte, Ochsen- oder Schafhirten und ähn-
liche Leute, welche, nut ihrem Lose unzufrieden, sich durch
das freie Räuberhandwerk auf kurze Zeit für ihr sonst
freudloses Dasein zu entschädigen suchen. Der Betyar
raubt alles, was ihm in die Hände fällt, aber er ist auch
freigebig gegen die mit ihm gemeinsame Sache machenden
Hirten, nobel in seinem äußeren Auftreten, namentlich
den Landschöncn gegenüber, denen er oft luxuriöse Ge-
schenke macht, herablassend gegen den überall auftanchen-
den Zigeunermusikanten, wählerisch in seiner Ausstattung
mit feinen Waffen aller Art, mit denen er gegen seines-
gleichen gerne prahlt; ein Liebhaber flotter Pferde, die er
gelegentlich mit sich fortführt.
Die Bande hatte es hauptsächlich auf vereinzelt liegende
Wirtschaftshütten abgesehen und hie und da auch einer
weltverlorenen Pußtastation ihren unwillkommenen Besuch
abgestattet. List, Verschlagenheit und Ausdauer führte
die Räuber zum Ziele. Mehr als einmal war cs geglückt,
durch Ueberrumpelimg des Stationspersonals sich der
Kasse zu bemächtigen und nicht unerhebliche Geldbeträge
davonzuschleppen.
Der Erfolg macht kühn. Daß die Räuber aber zu
einem regelrechten Ueberfall am Hellen Tage übergehen
würden, das hatte niemand erwartet.