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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

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VIII. 1
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Kinkel, Johann: Zur Frage der psychologischen Grundlagen und des Ursprungs der Religion, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28550#0035

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Zur Frage der psyAoiogischen Grundiagen und des Ursprungs der Retigion 25

allerdings meistens zufällige, niAt systematisAe Bemerkungen, die auf
keiner streng durAgeführten Methode beruhten. Auf Grund um-
fangreiAer anthropologisAer ForsAungen über das Leben und die
Kultur der Naturvölker, die am Ende des neunzehnten Jahrhunderts
Vorlagen, haben einige Soziologen von der organologisAen SAule
und dann Lippert bemerkt, daß das geistige SAaffen und zum
Teil auA die moralisAen BigensAaften der Naturvölker lebhaft an
diejenigen der Kinder bei den modernen Kulturvölkern erinnern.
Diese Äußerungen legten den Grund zu dem Gedanken, daß das
biogenetisAe Grundgesetz der Entwicklung seine Gültigkeit auA in
der SozialpsyAologie bewahre, und hier lautet seine Formel dahin,
daß die Völker, respektive überhaupt die MensAheit in ihrer
geistigen und gesellsdiaftliAen Bntwiddung diejenige des Einzeln
mensAen wiederhole, welAe er noA heute durAläuft. Mit anderen
Worten — der Parallelismus besteht auA auf sozialem Gebiete
zwisAen der geistigen EntwiAlung, dem SAaffen und den ethisAen
Äußerungen der Völker und solAen jedwedes Individuums, eines
jeden von uns in seiner geistigen und moralisAen Entfaltung.
D. h. ein Parallelismus, ja eine volle Übereinstimmung besteht in
den Formen und Stufen der geistigen EntwiAlung bei der GeselF
sAaft {höhere Art) und dem BinzelmensAen, den Einzelindividuen
{niedere Art).
1A glaube, daß das biogenetisAe Grundgesetz in der Sozio-
logie zunäAst rein !ogisA=abstrakt begründet werden kann. Wenn
nämliA die GesellsAaft bloß einen Zusammenhang von Binzelindi-
viduen darstellt, so müssen offenbar dieselben Bntwi&lungsgesetze,
respektive Geistesformen, die wir bei dem BinzelmensAen in
versAiedenen Zeiten seines Lebens antreffen, auA für die GeselL
sAaft in ihrer historisAen EntwiAlung maßgebend sein. Das bleibt
gewiß ledigliA eine aprioristisAe Erwägung. Im folgenden wollen
wir die Gültigkeit des erwähnten Gesetzes in der Soziologie
mit konkretem individuaLpsyAologisAen und soziaLpsyAologisAen
Material, naA der konsequent vergleidienden Methode geordnet,
naAweisen.
Ein großes Verdienst erwarb siA bei ErforsAung der Indi-
vidualpsyAoiogie und aller ihrer Geheimnisse, die bis dahin von
der alten PsyAologie niAt begriffen werden konnten {das Gebiet
desUn^ und Unterbewußten in dermensAliAen Seele), die moderne
psyAoanalytisAe SAule, begründet von Freud und Breuer. Sie
 
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