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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Muschner, Georg: Schloss Rehnitz in der Mark
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0021

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INNEN-DEKORATION

SCHLOSS REHNITZ IN DER MARK.

Ob dieser Schloßbau dem alten Fontane, dem
Schilderer märkischerEdelsitze, gefallen würde?
Wer weiß es; ein feinsinniger Kenner war er,
doch haben sich die Zeiten geändert und mit ihnen
die Anschauungen. Wir haben seitdem ein Erwachen
neuer deutscher Kunst erlebt, eine großartige
deutsche Renaissance auch der Architektur, und
Emanuel von Seidl hat diese mit heraufführen
helfen. Wir begnügen uns nicht mehr mit Kopieren.
Neues Material, neue Aufgaben verlangen neue
selbständige Gestaltungen aus dem Empfinden der
Zeit und aus dem Können führender Persönlich-
keiten. Früher baute man Materialschaustellungen,
Repräsentationsstile, romantische Pläne vom grünen
Tisch aus; seitdem hat die Architektur sich gleich-
sam gereinigt, verjüngt und vereinfacht. Das
Material ist wieder nur zum sinnvollen Mittel
geworden, der Zweck des Bauwerks zum geist-
vollen Konstruktionsproblem; und ein Neues ist als
führender Gesichtspunkt hinzugekommen: die Natur.

Emanuel von Seidls Kunst geht meist darauf
aus, das Bauwerk in die Landschaft zu stellen, es
aus der Landschaft herauswachsen zu lassen. An-
dererseits ist es grade bei ihm immer interessant,
zu verfolgen, wie das architektonische Gefüge eines
Komplexes von Bauten ineinandergreift, wie ein
Objekt zum andern steht, wenn, wie hier die Durch-

bildung bis auf die Nebenbauten, Gehöfte und Park
sich erstreckt, wie die Gebäude sich überschneiden,
wie die Silhouetten zusammenstimmen. Zu einer
solchen, den Rahmen der Zeitschrift überschreitenden
Betrachtung wären allerdings noch einige weitere
Darstellungen erforderlich, ein Bild des Baues in
der gesamten Landschaft, etwa aus der Vogel-
perspektive oder aus größerer Fernsicht, ein Grund-
riß und Situationsplan, Dinge, die bei der Beschrei-
bung differenzierter Bauwerke feinere Schlüssel
zur ästhetischen Erkenntnis geben. Eine andere
Eigenschaft des Künstlers, die nur Meistern eigen
ist: die Einfachheit, die aus den gezeigten Repro-
duktionen überall deutlich spricht, erleichtert
wiederum die Erklärung und läßt die gewünschten
Überblicke entbehrlich erscheinen, weil sie dem
Kenner auch schon in diesen Proben sichtbar werden.

Diese künstlerische Einfachheit ist immer,
wenn erreicht, die Lösung der Aufgabe schlank-
weg. So lange der Architekt seine Absichten
verrät, ist gleichsam das Ei des Kolumbus nicht
auf seine Spitze gestellt; erst wenn die Form sich
reif durchgebildet hat, Nützliches und Schönes ins
Gleichgewicht bringt, reduziert sie sich auch auf
das Notwendige, auf jene innerliche Notwendigkeit,
die selbstverständlich erscheint. Schloß Rehnitz
ist eine solche praktische Lösung; dies mag statt
 
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