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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Osborn, Max: Campbell & Pullich - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0038

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INNEN-DEKORATION

hat, und wie weit sie sich austollen kann. Nament-
lich die Fähigkeit, behagliche und eigenartige Farben-
akkorde zusammenzustellen, imponiert. Sie geht
Hand in Hand mit einem niemals verlegenen Instinkt
für die Wirkung aus Kontrasten. Breite, dunkel-
braune Felder einer schweren Holztäfelung oder
die zarten Flächen einer weißen Lackierung stehen
gegen das farbige Geranke der ausdrucksvollen
Muster einer Morristapete oder eines Stoff Streifens,
der sich etwa — ein beliebtes Motiv — als Fries
oben an der Wand hinzieht. In den Boudoir-
Entwürfen, die von fern an Zeichnungen Beardsleys
oder des Russen Somoff erinnern und rein als
Bleistiftblätter einen aparten Wert besitzen, wechseln
die geraden Linien empireartiger Möbel und
Fauteuils mit den pikanten Volants der Gardinen,
einfarbige Sofa- und Sesselbezüge mit großblumigen
Vorhängen, freie Wandflächen mit kapriziös ge-
füllten Ecken. In den Dielen- und Eßzimmer-
stücken sorgen die derben Horizontalen des sichtbaren
Gebälks und die flachen Felder der Wandtäfelung,
die klug berechnete Verteilung von Licht- und
Schattenpartien, die ruhigen Holzmassen der Tür-
und Büfettumrahmungen und das lebhaftere Linien-
spiel an einzelnen hervorgehobenen Stellen für
eindrucksvolle Kontrasteffekte. Eine Vorliebe für

starke, große Formen gibt hier dem ganzen
Raum etwas Behäbiges, Wohlhabendes, gleichsam
Souveränes. Man fühlt sich gesichert, umhegt.
Und amüsante Überraschungen fehlen nicht, die
aus der Einfachheit, die der Alltag verlangt, von un-
gefähr in eine festliche Besonderheit führen. Im
Empfangsraum der Firma z. B. in der Dorotheen-
straße öffnet sich in der weiß lackierten Wandfläche
der, oben abgebildeten, Kaminecke eine überraschende
kleine Tür, und es bietet sich der Aspekt auf ein
Schränkchen, wie ein Blick in ein zierliches Zauber-
land: durch einen mit phantastischer Laune ge-
schnitzten, mit lebhaften Farben bemalten Holz-
rahmen sieht man gegen einen Spiegel, vor dem
sich ein exotisches Figürchen spreizt, und darunter
reihen sich die Griffknöpfe einer Anzahl geheimnis-
voller winziger Schubfächer wie Ornamente auf.

Hinzu kommt die prachtvolle Solidität der
handwerklichen Arbeit. Die Art, wie etwa ein
breiter Schreibtisch aus festem Eichenholz her-
gestellt ist, der eine Platte aus Palisander trägt,
die an drei Seiten mit einem ernsten Gestellrahmen
aus Ebenholz versehen ist; wie ein loser Büfett-
schrank für eine Mietswohnung erfunden ist, der
sich bei einem Umzug mit Leichtigkeit in neue
Zimmer verhältnisse schicken wird; wie ein schmiede-
 
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