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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Statsmann, Karl: Ein Jahrzehnt der Entwicklung der Innen-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0053

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INN EN-DEKORATION

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HOF-MÖBELFABRIK A. BFMBE—MAIN/. Schlafzimmer der Villa Pönsger,—Düsseldorf.

die Allgemeinheit mehr und mehr die Richtigkeit des
guten Neuen, die Tagesmode half, Käufer und Ver-
käufer sahen das ein, wozu sie keine tausend Bücher
und Zeitschriften hätten bereden können. Und dennoch
bleibt das Verdienst der letzteren, soweit sie sich bemüht
hatten, im Haus-Innenbau neue Wege zu weisen. Retro-
spektiv betrachtet haben sie unsterbliches Verdienst.

Mit einem Male sahen wir Scharen von Jünglingen
mit neuartiger Palette, mit neuzeitlichen Entwürfen sich
darbieten, und Wettbewerbe sorgten dafür, daß auch Jeder
mit allem Neuen auf dem Laufenden blieb. Es wurde
so leicht, sich modern zu geben, nachzuempfinden.
* .. *

Indessen sahen diejenigen, welche still beiseite ge-
standen und sich das Schauspiel oft kopfschüttelnd an-
gesehen hatten und welchen bei langer Beobachtung,
Erfahrung, Ausreifung, die Tradition hoch stand, bald
voraus, daß man bei allem Suchen nach neuen und
neuesten Wegen und Formen doch wieder zum An-
gestammten zurückkehren werde. Und so geschah
es auch. Außer den Gelehrten gelang es den Poeten,
nicht nur denen des Griffels, sondern auch der Palette,
mächtig in die Bewegung der Wiederentdeckung der
Väterkunst einzugreifen. Über die Kampfworte Volks-
kunst und Heimatkunst hinaus gab es nur noch die
Devise: Ruhiges Anlehnen an die Bedürfnisse der Gegen-

wart, an die Umgebung, alles im besten Sinne der
Geistesart und Schöpfung der Väter. Man erkannte die
Notwendigkeit, weniger um Neues, als um Gutes, An-
gemessenes, um echt Künstlerisches besorgt zu sein.
Und das verhieß stetiges fruchtbringendes Arbeiten.

Daß dermaßen die architektonische Großkunst,
von der Fremde beeinflußt, wieder zu nationalen und
lokalgefärbten Taten zurückkehrte, hatte sie vornehm-
lich dem Vorwärtsstreben der Kleinkunst zu danken. Denn
das Bestreben, sich wohnlich-traulicher einzurichten,
hatte in unserem erstarkten Reiche an Kraft zugenommen.
Es galt nun für den wohlhabender Gewordenen, wozu
auch der Kleinbürger rechnete, sich die Errungenschaften
bequemerer Lebensführung und -Kunst zu Nutzen zu
machen. Schon schien das Miethaus beschränkt, zu
eckig, zu reizlos in der Einrichtung. Aber man behalf
sich so lange noch, bis die Herren Unternehmer gelernt
haben würden, sich den neuen Forderungen anzupassen.
Es ging nur gar so langsam voran. Hundc'te von
Faktoren machte man dafür haftbar. Endlich kam ein
Erwachen des baukünstlerischen Hochsinnes und ein
reiferer Geschmack, ein gesteigerter Kunstsinn trat zu
Tage. Nun mit einem Male erkannte man, wie unprak-
tisch und unnatürlich so manches gewesen war. Die
Tendenz, auch Kleingeräte des Alltags zu veredeln, wuchs
gleichzeitig mit dem Bestreben zur Verbesserung der

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