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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Graf, L.: Japankunst und Innen-Dekoration: Das Prinzip der Einheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0088

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INNEN-DEKORATION

Farbtöne harmonisch mit denen des Bildes verschmelzen.
Mit der Entwicklung des Farbholzschnittes findet man
vorzugsweise Druckblätter in dem Tokonoma. Nie
werden zwei solcher Hängebilder aufgehängt; durch
seine Einheit soll das Bild umso tieferen Eindruck
machen. Dagegen wechselt der Besitzer seine Bilder
nacheinander ab und bemüht sich an Feiertagen oder
bei Empfängen durch Hervorheben seines besten Werks
den Beifall des kritischen Besuchers zu finden.

Ob es nicht dem Einfluß des japanischen Vor-
bildes zuzuschreiben ist, daß nach und nach bei uns
in geschmackvollen Wohnungen die herkömmlichen
Bildersammlungen verschwinden? Jedenfalls sind bei
uns Bestrebungen im Gange, die die Prinzipien der
Japaner verwirklichen wollen, Bestrebungen, die künst-
lerische Einheiten, nicht Mengen unkünstlerischer Er-
zeugnisse in den Dienst der Dekoration stellen wollen.
Wenn diese Bemühungen noch nicht durchgedrungen
sind, so mag dies zuerst mit der Kürze der Zeit, dann
aber mit dem germanischen Geiste begründet werden,
jenem abwägenden, prüfenden Geiste, der nichts an-
nimmt, das er nicht selbst für gut erkannt hat. Arbeiten
wir daran, dieer Einsicht, dieser ästhetischen Bildung

die Wege zu ebnen. Der breite Fluß soll in winzigen
Bächlein und Kanälen in jedes Haus geleitet und dort
wirksam gemacht werden. Ist erst erreicht, daß man
an der Vielheit keine Freude mehr hat, dann ist nur
noch ein Schrittchen zu der positiven Seite unseres
Zieles: nur an Gutem und Echtem Gefallen zu finden.

Das Blumenarrangement bildet den Hauptschmuck
des Tokonomas. Meist findet es seitlich des Kake-
monos seinen Piatz. Auch bei der Blumendekoration
ist der Japaner Feind der Mehrzahl, der bei uns be-
liebten Pendants: Nur eine Vase findet Platz und
niemals ist sie ohne Blumen, was den Gipfel der Ge-
schmacklosigkeit darstellte. Auf die Hausfrau fiele
dieser Vorwurf besonders, denn sie hat die schöne
Aufgabe, die Blumenarrangements zu treffen. Kein
Wunder, daß die Maler die Frau bei dieser wichtigen
Beschäftigung oft darstellen. Bei der Anordnung der
Blumen wird die gefällige Form, die Linienwirkung
über alles gestellt. Doch vernachlässigt die Japanerin
dabei keineswegs die Wirkung der Farben. Ganz und
gar unverständlich ist ihr unsere Absicht, die Natur-
gestalt in ihrer Zufälligkeit und Ungezwungenheit wieder-
zugeben: Die rohe Natur soll mit Bewußtsein geordnet

VALENTIN WITT,
HOFMÖBELFABRIK
IN MÜNCHEN.
 
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