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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Westheim, Paul: Das Vorlagen-Werk
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0098

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so

INNEN-DEKORATION

eigenen Thema zu ringen. Er
muß einsehen, wie vornehm
und würdig seine einfachen
Alltagsaufgaben gelöst werden
können und er muß sie auch
so vornehm und würdig lösen
wollen. — Das alles sind
Absichten, Ziele, Wünsche,
denen die wirkliche Ver-
wendung der Vorlagen-
werke in keiner Weise ent-
spricht. Und die wichtigste
Ursache liegt wohl in der
heutigen Form dieser Publi-
kationen. Es wird da Tafel
an Tafel gereiht, ein riesiges
Rohmaterial wird ohne irgend-
welche Anleitung vor den
Augen der Unmündigen aus-
gebreitet. Sie werden zum
dreisten Zupacken aufgefordert,
und dann wundert man sich,
wenn sich nachher die Be-
schwerden einstellen. Gerade
die Leute, um die es sich
hier handelt, brauchen eine
feste und sichere Anleitung.
Man darf ihnen nicht zuviel
Vertrauen schenken, darf kein
einziges Vorbild bringen, ohne
sie auf sein Wesen, seinen
inneren Aufbau, seine sach-
liche Geschlossenheit, seine
tektonische Logik nachdrück-
lichst hinzuweisen. Es muß
ausgeführt werden, daß äußer-
liche Einzelheiten der Er-
scheinungsform unwesentlich
sind gegenüber der überzeugen-
den Harmonie des Ganzen.
Der Geist und der künst-
lerische Wille, der sich hier
auswirkt, muß ihnen in dem
Vorbild zum Bewußtsein ge-
bracht werden. Recht deut-
lich müßte gesagt werden, daß
ohne diese Elemente nur ein
klägliches Stückwerk entstehen
kann, und daß selbst das treff-
lichste Vorbild, von minderer
Hand umgesetzt, ein wertloses
Klischeegebilde ergibt. Jeder
Benutzer eines Vorlagen-
werkes bedarf der Er-
ziehung, und der Heraus-
geber hat die Pflicht, ihm
diese Erziehung zu bieten.

Solange dies nicht ge-
schieht, muß der kunstgewerb-
liche Nachwuchs dringend vor
jedem Vorlagenwerk gewarnt
werden. Mit Recht werden sie
heute an jeder ernsten Kunst-
gcwerbeschule streng verpönt.

I

PROF. RICH.
AUSK.: DEL"

riemerschmid. grosse standuhr in eiche.
tsche werkstätten für handwerkskunst.

Diese Tafeln sind für den
Unkritischen nichts als Esels-
brücken, die das eigene Ge-
stalten und Formen nach den
natürlichen Vorbildern unter-
binden. — Je geschickter die
jungen Leute damit umzugehen
lernen, umsomehr verlieren sie
den Überblick über die Grenzen
ihrer Fähigkeiten. - Sie glauben
alles zu können, sie machen
alles und im letzten Grade
sind sie nur blasierte Nichts-
könner, die alle gesunden Be-
strebungen henmen und vor
den Gegnern schwächen.

Müßten aber nicht gerade
ihnen die Meisterleistungenaller
Zeiten eindringlich vor die
Augen geführt werden ? Unser
kunstgewerblicher Nachwuchs
kann ja garnicht tief genug
eindringen in den Geist alles
schöpferischen Bildens, denn
nichts ist kläglicher als der mit
keinerlei Vorwissen belastete
Gestalter. paul westheim.
Ä

D[E JUBILÄUMS-MÖBEL-
AUSSTELLUNG WIEN.
Von dem erfreulichen Vor-
wärtsschreiten der Wohnungs-
kunst in Österreich gibt uns
eine Publikation im Februar-
heft der »Deutschen Kunst
und Dekoration« Aufschluß.
Wir entnehmen ihr die in-
teressante Tatsache, daß die
Oberleitung der von drei zu
drei Jahren veranstalteten
Möbel - Ausstellung in Wien
schon zum zweitenmale einem
Künstler übertragen wurde
und zwar dem unsern Lesern
wohlbekannten Architekten
Carl Witzmann. In un-
serem Januarheft waren einige
in dieser Ausstellung befind-
liche Räume C. Witzmanns,
ein Mädchen - Schlafzimmer
und Damen-Salon, abgebildet.
Die Ausstellung gibt uns ein
anschauliches Bild davon, mit
welch sicherer Hand die
jungen Architekten der Hoff-
mannsschule praktische Raum-
vei hältnisse zu gestalten wissen,
und welch kräftige Fortschritte
durch ihr gemeinsames Schaffen
mit den Wiener-Firmen die
geschmackvolle und wohnlich-
elegante Durchbildung unserer
so im Argen liegenden Miet-
wohnungen macht. — d. k.
 
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