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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Ungethüm, Hans: Über Komposition
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0118

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT GEORG METZENDORV—ESSEN.

Schlafzimmer

Wasch tisch-ATische.

der Wirkungen der einzelnen Teile zu einem harmoni-
schen Choral des Ganzen, d. h. die Raumbegrenzung
samt allem, was innerhalb derselben ist, in jene pro-
portioneile und intellektuelle Abhängigkeit von einander
zu bringen, die in uns jenes eigentümliche, gemütswarme
Gefühl einer angenehmen Stimmung hervorruft, das uns
sagen läßt, der Raum hat Stimmung. Was aber Stim-
mung hat, das muß ein Gefühl und in weiterer und letzter
Folgerung auch Leben haben. Einen Raum komponieren
heißt also ihm Leben einhauchen. Ich gehe absicht-
lich an den Gesetzen allgemeiner Schönheit und den
programmatischen Forderungen der Ästhetik vorbei und
will nur jenes virtuelle Moment der größten Lebens-
spannung hervorheben, in das ein wahrer Raumkünstler
die Figuren seines Schachspieles versetzt, sofern ihm der
große Zug gelungen ist. Das erste und oberste Gesetz
der Komposition des Raumes ist also das Fundament
von der Disziplinierung der Teile zum Zwecke
der Einheit des Ganzen. Die wirklich einwandfreie
Komposition von Räumen in diesem Sinne als Erschaffen
zum Lebenden ist nicht so schwer als selten. Die künst-
lerische Fähigkeit dazu ist angeboren und bewahrt ihre
gottbegnadeten Besitzer vor jeder Entgleisung. So kommt
es, daß das wirklich hervorragende und eigentlich künst-
lerisch wertvolle Kunstgewerbe sowohl in Deutschland wie
auch in Österreich die Domäne einiger weniger Künstler
ist, eben derjenigen, die mit dieser Fähigkeit begabt sind.

Wir können daher in Zusammenfassung des bisher
Gesagten die Raumkunst als die mit Hilfe des Kunstge-

werbes für die Zwecke der Heimkultur der Menschen kör-
perlich belebte Einbildungskraft des Raumkünstlers nennen.

Das Wesen des Lebendigen ist aber immer und
überall das Verbundensein. Verbindung weist in das
Leben hinein — die Trennung in den Tod.

Wie sollte aber das, was einen Innenraum erfüllt:
Möbelstücke, Teppiche, Bilder, Lüster usw. verbunden
sein? — Durch jene eigentümlichen nicht physischen
sondern abstrakten aber doch wirklichen Beziehungen
aller Einrichtungsgegenstände untereinander durch jenes
Hin und Her von Wirkungen, durch jenes Diagramm
von Einflußlinien, das alles zu einander in Verhältnis
und Abhängigkeit d. h. in eine Art Verbindung bringt,
was uns halb unbewußt sagen läßt, dieser Raum ist
wie aus einem Guß d. h. die Teile sind zu einem
geschlossenen und unteilbaren Ganzen verbunden.

Daß die Umgebung eines Gegenstandes für diesen
von großem Einfluß ist — ist leicht bewiesen. Man
stelle eine Kredenz nach einander in verschiedene Räume
— sie wird immer anders wirken. Nachdem die Kredenz
immer dieselbe geblieben ist, müssen es Einflüsse von
auswärts her sein, die ihre Wirkung verändern und das
sind eben jene früher erwähnten Einflußlinien.

Es müssen also in einem gut komponierten Räume
Beziehungen zwischen den einzelnen Wirkungswerten
(damit sind natürlich nicht nur die Möbel gemeint, son-
dern überhaupt alles, was unseren Sinnen wahrnehmbar
ist) des Innenraumes auftreten, ein System von unsicht-
baren Fäden muß alles zusammenspinnen, die uns die
 
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