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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Utitz, Emil: STIL. Eine ästhetische Betrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0192

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT ALFRED ALTHERR—ELBERFELD.

Skizzen- und Modellraum. Decken- Malerei von Carl
Büscher. Brunnen-Mosaik von Puhl d' Wagner—Berlin.

im sinnesfreudigen Leben lagen, in den lachenden Ge-
stalten der Erde eine Kunst sich schuf, in der sie zu
reinstem, herrlichstem Ausdruck gelangte, eine Kunst,
die uns wie ein einziger, brausender Gesang auf des
Lebens Größe und Schönheit erscheint. So könnte
man die großen Kulturwandlungen weiter verfolgen und
stets würde man finden, daß die Kunst mit ihnen und
durch sie sich umgestaltet. Doch sind dies wohl ver-
traute Tatsachen, die kaum der Erwähnung bedürfen.
Leider werden sie aber von manchen immer und immer
wieder vergessen. Denn die Stimmen derer sind noch
nicht ausgestorben, die da predigen, Kunst sei ein
Luxus für müßige Stunden. Wer die gewaltigen Schöpf-
ungen großer Kunst nur gleich einem unnützen Tand
achtet, zeigt lediglich die Armut seines Erlebens 5 dann
wurden ihm nie die erschütternden Offenbaiungen
höchsten und größten Menschentums zu teil, die aus
den Werken der Meister uns entgegenleuchten. Schon
der Barbar sucht nach Schmuck und Zierde; und wenn
wir darnach trachten, all die Dinge des Alltags mit
Strömen der Schönheit zu überschütten, so leitet uns
nicht das Bedürfnis nach raffiniertem Luxus, sondern
die tiefe Sehnsucht nach reinen Freuden, welche
der Welt des Schönen entsprießen. Doch zurück zu
unserem eigentlichen Thema! Aus der Abhängigkeit

vom allgemeinen Kulturzustand folgt demnach eine
gewisse Besonderheit der Kunst einer Zeit. Denn
soweit sie wirklich Kunst der Zeit ist und kein
Nachklatsch vergangener Epochen, durchweht sie der
gleiche Geist. Er wechselt scheinbar von Werk zu
Werk, aber doch schlingt er um alle ein einigendes
Band. Wir können unserer Zeit zujauchzen, wir können
sie hassen, wir können in ihr stehen und wir können
uns über sie erheben, stets jedoch wurzeln wir in ihr,
stets lebt sie in uns.

Eine weitere Abhängigkeit folgt aus dem bestimmten
Stand der Technik. Auch er bedingt eine gewisse
Gleichheit unter den Werken einer Zeit. Kntwickelung
der Technik oder gar Entdeckung neuer Verfahren
schaffen reichere Ausdrucksmöglichkeiten. Andererseits
ringen wieder bestimmte Ausdrucksbedürfnisse nach
einer Steigerung technischen Könnens, um sich voll
zur Geltung bringen zu können. Man denke z. B. an
den großen »Kampf ums Licht« , der sich in der
Malerei des neunzehnten Jahrhunderts abspielte; man
erinnere sich aber auch, welch eines langen technischen
Weges — wenn ich mich so ausdrücken darf — es
bedurfte, bis aus der architektonisch gefesselten Plastik
Ägyptens das reine Bildwerk der Antike sich loslöste;
oder man führe sich die zahlreichen Versuche der Renais-
 
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