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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Westheim, Paul: Das Gesetz der ornamentalen Reihenbildung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0229

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INNEN-DEKORATION

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haurjt Scheitern- Jemand wird wohl im Ernst be-
fand Wollen' daß es uns an Talenten fehlt, die im
Und - Wären' em gutes dekoratives Muster zu entwerfen,
stim ra^' wo es sicn um die Ausstattung einer be-
^ner^nn' {CSt umrissenen Fläche handelt — etwa
fenst enverzierung. einem Kleisterpapier, einem Glas-
ii^ch* ~~- S*nC* errreuucne Lösungen in Hülle und Fülle
auf/UWeiSen" ^m anderes ist es jedoch, eine Fläche
rtle ^uteilen, ein anderes jene Entwicklung orna-
Re< n,ta'er Reihen, die über den engen Rahmen einer

^benen Fläche hinausnuten,
fal] < 1St e'ne bewährte Musterzeichnerregel, die Musterung,
ej * Schwierigkeiten auftauchen sollten, recht klein und
ach zu halten. Fin paar Tupfen, ein Streifen u. dergl.
j, §cn selten so zu mißraten, als ein umfangreicher
auf 1Tlen'<ornPlex- Das Einzelglied wird gewissermaßen
gelöst in einen farbigen Fleck, und dieses Auf und
j,. v°n koloristischen Nuancen bietet dem Auge das
\y- ' das es ohne Ermüdung trotz der ständigen
pJ^c'ern°hing aufzunehmen vermag. Es will ja in solchen
°rationserscheinungen weder Bilder noch Bildchen,
er witzige Einfälle, noch geschwätzige Schildereien
^ 'eßen. Wer kennt nicht die Pein, wenn — unge-
(, . 1 vom Verfertiger — aus der Tapete grinsende
^rirnassen herausstarren, wenn irgend eine sonderbare
rve sich dem Beschauer peinigend ins Gehirn bohrt.
,„!' den Kachelflies en, wo es sich gleichfalls noch
k die Bewältigung einer ebenen Fläche handelt, offen-
1 sich eine andere Gefahr. Das viereckige Kachel-
7 . chen wird als vollwertige Fläche angesehen. Der
ner erstrebt eine Gestaltung, die diesen Raum gut

füllt

Doch wie sie der Architekt irgendwo aneinander-

üSen läßt, entsteht ein Wirrwarr von unmöglichen Linien

Rpki PER - VERKLEIDUNG AUS DEM NEBENSTEHENDEN HER -
^-N-ZIMMER. ENTWURF VON HERMANN LOCHNER. AUSFÜHRUNG ■
ytHAMMERTES EISEN. FÜLLUNGEN IN GETRIEBENEM UND GE-
ANZTEM MESSING. PLATTE U. SOCKEL IN SCHWARZEM MARMOR.

BELEUCHTUNGS - KÖRPER AUS DEM HERREN - ZIMMER
NACH ENTWURF VON HERMANN LOCHNER. AUSFÜH-
RUNG: MESSING BRÜNIERT MIT OPAL-U. GLASPERLEN.

von falschen Akkorden. Es wäre eben notwendig
gewesen, die einzelne Fliese als Keimzelle zu be-
trachten und zu behandeln, sie schon aufzuteilen
mit Rücksicht auf ihre tatsächliche Bestimmung,
selbst wenn das einzelne Plättchen als solches sich
dann weniger selbstherrlich präsentieren könnte.
Wo gar die immerhin dem Zeichenpapier wesens-
verwandte ebene Fläche durchbrochen wird,
wo ein menschlicher Körper zu kleiden, ein Stoff
sich in Falten bauschen, ein Möbelbezug über ein
Polster schwellen soll, ist ein Mangel an jener
ornamentalen Phantasie noch unheilvoller. Mit
Entsetzen denkt man an die gewebten Pfauen-
augen, die einmal unseren Damen als Blusenstoffe
zugemutet worden sind. War die Schneiderin
nicht sonderlich raffiniert, so konnte es geschehen,
daß von der rechten Schulter solch ein Auge
herabglotzte, mit dem an der linken eine gähnende
Lücke korrespondierte. Das nur als besonders
prägnantes Beispiel. Wo immer an den Gewerbler
die Anforderung gestellt wird, Glieder einer orna-
mentalen Reihe zu bilden und zu fügen, ergeben
sich für ihn Notwendigkeiten solcher Art, so-
daß man von einer Gesetzmäßigkeit zu
sprechen hat. Eine Gesetzmäßigkeit, die der
Fachzeichner in der Atmosphäre seiner Arbeits-

1809. VI. 3.
 
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