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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Jaumann, Anton: Eine Berliner Wohnungs-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0318

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294

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT K. R. HENKER—CHARLOTTENBURG. DAMENZIMMER ZITRONENHOLZ. AUSF.: NEUMANN & BUNAR—BERLIN.

Groll herrscht. Die »Künstler« sollen durch die
Erfindung des »modernen Stils« sich in unverant-
wortlicher Weise in Dinge des Gewerbes und Hand-
werks eingemischt und überhaupt das Geschäft
geschädigt haben. Sie haben das Publikum unruhig,
zweifelnd, anspruchsvoll gemacht. Ihre teuren Möbel
sind zu schmucklos und ihre »Maschinenmöbel« zu
billig. Man kann es ihnen nicht verzeihen, daß
ihre Ausstellungen und Publikationen so zugkräftig
sind, daß soviel Aufsehens von der modernen
Wohnungskunst gemacht wird, während der Hand-
werker übergangen wird, wenn nicht gerade von
seiner Rückständigkeit die Rede ist. Zwar hatten
die Ausstellungen in Dresden, Darmstadt, München
offensichtlich erst durch die künstlerische Leitung
ihre werbekräftige Eigenart und kunstgeschichtliche
Bedeutung gewonnen, — hier wollte man gerade
beweisen, daß der moderne Künstler ein überflüssiger
Eindringling ist. So kam es zu diesem unglücklichen
Kampf nach zwei Fronten, der die Ausstellung
charakterisiert.

Es ist schade, daß das Experiment nicht bis zu
Ende durchgeführt wurde. Denn einige Geschäfte
haben sich doch mit Architekten verbündet und
gerade ihre Räume sind es, die der Ausstellung
noch einigermaßen das öffentliche Interesse haben
sichern helfen. Hätten sich die »Künstler« ganz

zurückgehalten, so hätte die allgemeine Langeweile
die Absicht der Veranstalter noch viel gründlicher
ad absurdum geführt. Besonders wenn dann ein-
mal eine richtige Ausstellung angewandter Kunst
darauf gefolgt wäre, inszeniert von all den namhaften
Architekten und Kunstgewerben, die in Berlin doch
wirken. Eine große Ausstellung mit Arbeiten von
Paul, Schmitz, Behrens, Muthesius, Geßner, Möhring,
Mohrbutter, Grenander, Schaudt, Kaufmann, Henker,
Wünsche, Caroli, Straumer, Landsberg, Seeck,
Krüger und den vielen andern jungen tüchtigen
Talenten — eine solche Heerschau hätte es an
Bedeutung unbedingt mit den Darmstädter, Münch-
ner, Dresdner Ausstellungen aufnehmen können
und hätte dem internationalen Ruf Berlins als Kunst-
stadt wirklich nützen müssen. Diese Ausstellung
muß und wird auch über kurz oder lang kommen,
wenn Berlin nicht dauernd zurückbleiben will.

Die jetzige Wohnungsausstellung ist matt, un-
interessant geworden, gerade das, was eine Aus-
stellung um alles in der Welt nicht sein darf. Die
wenigen Künstlerleistungen kommen gegen die
Masse des Mittelmäßigen nicht auf. Ich sage nicht,
der Künstler ist der Vormund des Handwerkers,
der nichts unternehmen soll, ohne »künstlerische Be-
einflussung«. Wie froh wären wir um ein selbst-
ständiges Handwerk! Hätten wir nur erst wieder
 
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