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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Schmidt, Karl: Material-Veredelung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0404

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT OSKAR KUNHENN—ESSEN. WEIN-RESTAURANT IM VIKTORIA-HAUS-ESSEN. AUSF.: A. BEMBE—MAINZ.

darauf hingelenkt, nicht nur billigere, sondern auch
bessere Verfahren der Materialbehandlung ausfindig zu
machen. Dieses lehrt besonders die neue Entwicklung
der deutschen Farben-Industrie. Von einem
solchen Ergebnis auf dem Gebiete der Holzbearbei-
tung möchte ich hier berichten.

In der Holzbearbeitung hat vor allen Dingen das
Beizen eine große Ausdehnung gewonnen, so sehr,
daß es Zeit wird, zum Rückzug zu blasen. Die meisten
Beizverfahren sind keine Materialveredelung, eher
Minderungen. Der Farbstoff sitzt nur in der Oberfläche.
Auch wenn er nicht verschießt, bekommt doch jedes
gebeizte Möbel nach wenigen Jahren weiße Kanten
und verringert damit das Aussehen. Es kommt hinzu,
daß die Oberflächen auf Beizen nicht gut stehen. Mattiert
und mit Politur eingeriebene Möbel sehen im Gebrauch
nur zu oft zerkratzt und unscheinbar aus. Auch die
mit Farbstoff hydraulisch durchpreßten Hölzer, insbe-
sondere Grau-Ahorn haben Mängel. Sollen Möbel für
alle Zeit ihr gutes Aussehen bewahren, so dürfen nur
naturfarbene Hölzer verwendet werden. Das ist der
Ausgangspunkt aller wirklichen Materialveredelung. Man
wird ganz mit Recht einwenden : Fichte, Kiefer, Lärche
kann man nicht in Naturton lassen. Der Farbton konkur-
riert in seiner unausgesprochenen Helligkeit zu stark mit der
Hautfarbe des Menschen und in der Natur selbst sieht
man das Holz auch nie in diesem Farbton, da ist es
entweder mit Rinde umkleidet, oder durch Luft- und
Lichteinwirkung verbräunt. Das Richtigste wird dann
also wohl dieses verbräunte Holz sein. Die Japaner

verarbeiten fast ausschließlich derartige Hölzer, z. B. das
schöne, weiche Sugi Moku-Holz. Das fertige Möbel erhält
keinerlei Überzug und das Holz übt die alleredelsteWirkung.

Mit Herrn Professor W i s 1 i c e n u s von der Forst-
akademie in Tharandt habe ich mehrere Jahre hin-
durch Versuche und Proben gemacht. Wir haben
schließlich erreicht, daß alle Arien Hölzer, die wir
frisch geschnitten oder auch abgelagert in die Erde
gruben unter Beifügung von allerhand »Gerbmittel«,
innerhalb 6 Wochen vergrauen. Das Verfahren ist paten-
tiert. Je nach der Länge der Zeit — wenige Wochen
bis zu 3/4 Jahr — erreichen wir Farben von hellgrau
und hellbraun bis dunkelbraun und schwarz. Nicht
nur, daß das Material durch Erdgase vollständig aut
große Stärken durchgraut, das Material verliert auch
alle Kristalle und Säfte, so daß es nach dem Ausgraben
sehr rasch trocknet. Außer für die Möbelfabrikation
bedeutet das Verfahren eine wesentliche Bereicherung
auch der Parkett-Industrie. Das Gerbverfahren ist
sehr einfach, die Verteuerung der Materialien unwesentlich;
da Beizen, Mattieren oder Polieren überflüssig wird,
dürfte es im Verarbeiten eher billiger sein. Derartiges
Holz, es mag Schrammen und Kratzer bekommen, wie
es will, ist mit wenigen Handgriffen wieder in sauberen
Zustand zu bringen. An diesem Beispiel kann man
erkennen, daß wir in der Material-Veredelung noch
lange nicht am Ende sind. — Ich empfehle Künstlern
und Kunstgewerbetreibenden, auch Chemikern und
Technikern, ihre Materialien nach dieser Richtung hin
zu betrachten. — karl Schmidt—d&esden.
 
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