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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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Die Räume im Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0042

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INNEN-DEKORATION

.KNABENZIMMER« COUCH MIT SCHUH- UND BETTSCHRANK - HOLZ: NUSSBAUM MIT BIRKEN-PANEELPLATTEN

DIE RÄUME IM RAUM

Ein Wohnraum ist eine Einheit, aber eine geglie-
derte. Diese Gliederung ergibt sich nicht etwa da-
durch, daß er aus Einzelstücken, den Möbeln, zu-
sammengesetzt ist, sondern seine Glieder sind die
Teilräume, die sich mit relativer Selbständigkeit aus
gewissen Möbelgruppen, Plätzen, Winkeln ergeben.
Man kann bei näherem Zusehen feststellen, daß der
Wohnwert eines Gesamtraumes zu einem guten Teil
auf der Funktionsklarheit und der Funktionsabgren-
zung dieser Gliedräume, dieser Räume im Raum, be-
ruht. Beim Betreten eines Zimmers fassen wir sein
Bild zunächst als ein Ganzes auf, aber sogleich sehen
wir uns dann nach demjenigen Raumglied um, das
uns zum Bleiben einlädt, indem es uns ein besonderes
Wohngefühl verspricht. In einer Gaststätte gehen wir
zur behaglich abgeteilten Koje, die ja den Gliedraum
in besonders deutlicher Ausbildung zeigt; in der Pri-
vatwohnung gehen wir zur Sitzecke beim Fenster
oder unterm Stiegenansatz in der Halle, wir gehen
zum Kaminplatz im Herrenzimmer oder zu der Sitz-
gruppe, die der Hausherr neben dem quergestellten

Arbeitstisch eingerichtet hat. Wir verhalten uns im
Wohnraum ähnlich wie vor der freien Naturland-
schaft; ihr Totalanblick erfreut uns, aber sogleich
suchen wir dann den besonderen Platz zum Ver-
weilen, der uns speziellere Ortsgefühle verspricht.

Nicht etwa nur in fremden Räumen suchen wir
nach solchen Haltepunkten, nach solchen Raumab-
schnitten von bestimmterer Funktionalität. Auch in
der eignen Wohnung bleiben wir ihrer bedürftig und
haben eine täglich wiederholte Freude an dem oder
jenem Raumabschnitt, der die Sache »Wohnen« in
bestimmterer Fassung vorträgt, ja sie gleichsam auf-
leuchten läßt in ausdrucksvolleren Bildern. Daher
die »Lieblingsplätze« im eignen Heim. Nicht nur der
Hausherr sucht sie sich aus, sondern auch Frau und
Kinder und Freunde. Diese Plätze sind durchaus
nicht immer von der einrichtenden Hand eigens auf-
gebaut oder ausführlich ausgestattet. »Raum« bildet
sich ja so leicht, springt freiwillig aus den geringsten
Haltpunkten auf, kann aus einem Lehnstuhl mit
dabeistehender Lampe oder aus einem Hocker beim
 
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