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Kleinhempel, Erich: Nachdenken - Übung in der Geschmacksbildung
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0116
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INNEN-DEKORATION
WERKSTÄTTEN ANTON PÖSSENBACHER AUSSTELLUNOS- UND EMPFANGSRAUM
NACHDENKEN - ÜBUNG IN DER GESCHMACKSBILDUNG
Geschmack könnte anerzogen, gelehrt, über den nicht gelebt. Schablone — Phrase — Mechanisierung!
Weg allgemeiner Bildung vermittelt werden; - »Das tut man nicht!« - »So etwas sagt man nicht!«
ob er dann »sitzt«? Geschmack muß jedenfalls erlebt — »Man kann da nicht hingehen!« — »Heute trägt man
werden! Was uns Menschen in jungen Jahren aner- das nicht!« - Fertig! - Nachdenken ? Wer wäre darauf
zogen und gelehrt wurde, was uns an Bildung" gekommen; alles stand ja bereits fest; wozu also?
vermittelt wurde, das wurde von uns eben nicht Für rein gesellschaftliche Dinge stand in Zweifelsfäl-
immer erlebt. Es mag heutzutage anders geworden len ein gewisser Knigge bei. Daß es einen solchen in
sein, dann werden heutige Geschmacksvermittler mit Reinkultur nicht auch auf dem Gebiete der Kunstan-
Geduld hinnehmen, vielleicht sogar zustimmen, daß wendung gibt, ist ein Trost, wenn auch nur ein ganz
man etwas Selbstverständliches in eine Paßform schwacher, denn es steht leider bei vielen Menschen
bringt. Frühere Künstler ergaben sich einer gewissen ohne einen solchen schon vieles in puncto »Geschmack«
Verzichtleistung und fügten sich in einen Zustand bis zur offenbaren Geschmacklosigkeit fest,
damaliger Gesellschaft, den sie »wegironisierender«- Nachdenken über jedes Ding, das künstlerisch wir-
weise damit kennzeichneten, »daß guter Geschmack ken soll, dekorativ, schmuckhaft, sinnfällig und wohl-
nun eben noch nicht zum guten Ton gehöre«. Das gefällig; nachdenken über jede Anordnung, Einrich-
hing aber damit zusammen, daß der »gute Ton« in tung, Zusammenstellungen, die Eindruck machen
seinen einzelnen Erscheinungsformen feststand, daß oder wenigstens darauf Anspruch erheben können,
er auswendig gelernt werden mußte und in diesem und darüber, was ihr Hersteller, Verkäufer, Besitzer
Sinne angewandt wurde; aber er wurde nicht aus geschmacklich dartun will und wieso es eine Eigenart
eigenem Innern heraus angewandt, er wurde darstellt; nachdenken über das, wie man sich in dem
INNEN-DEKORATION
WERKSTÄTTEN ANTON PÖSSENBACHER AUSSTELLUNOS- UND EMPFANGSRAUM
NACHDENKEN - ÜBUNG IN DER GESCHMACKSBILDUNG
Geschmack könnte anerzogen, gelehrt, über den nicht gelebt. Schablone — Phrase — Mechanisierung!
Weg allgemeiner Bildung vermittelt werden; - »Das tut man nicht!« - »So etwas sagt man nicht!«
ob er dann »sitzt«? Geschmack muß jedenfalls erlebt — »Man kann da nicht hingehen!« — »Heute trägt man
werden! Was uns Menschen in jungen Jahren aner- das nicht!« - Fertig! - Nachdenken ? Wer wäre darauf
zogen und gelehrt wurde, was uns an Bildung" gekommen; alles stand ja bereits fest; wozu also?
vermittelt wurde, das wurde von uns eben nicht Für rein gesellschaftliche Dinge stand in Zweifelsfäl-
immer erlebt. Es mag heutzutage anders geworden len ein gewisser Knigge bei. Daß es einen solchen in
sein, dann werden heutige Geschmacksvermittler mit Reinkultur nicht auch auf dem Gebiete der Kunstan-
Geduld hinnehmen, vielleicht sogar zustimmen, daß wendung gibt, ist ein Trost, wenn auch nur ein ganz
man etwas Selbstverständliches in eine Paßform schwacher, denn es steht leider bei vielen Menschen
bringt. Frühere Künstler ergaben sich einer gewissen ohne einen solchen schon vieles in puncto »Geschmack«
Verzichtleistung und fügten sich in einen Zustand bis zur offenbaren Geschmacklosigkeit fest,
damaliger Gesellschaft, den sie »wegironisierender«- Nachdenken über jedes Ding, das künstlerisch wir-
weise damit kennzeichneten, »daß guter Geschmack ken soll, dekorativ, schmuckhaft, sinnfällig und wohl-
nun eben noch nicht zum guten Ton gehöre«. Das gefällig; nachdenken über jede Anordnung, Einrich-
hing aber damit zusammen, daß der »gute Ton« in tung, Zusammenstellungen, die Eindruck machen
seinen einzelnen Erscheinungsformen feststand, daß oder wenigstens darauf Anspruch erheben können,
er auswendig gelernt werden mußte und in diesem und darüber, was ihr Hersteller, Verkäufer, Besitzer
Sinne angewandt wurde; aber er wurde nicht aus geschmacklich dartun will und wieso es eine Eigenart
eigenem Innern heraus angewandt, er wurde darstellt; nachdenken über das, wie man sich in dem