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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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Erläutendes und Kritisches zur französischen Raumkunst auf der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0054

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ANDRE ARBUS »AUS EINEM BADEZIMMER« PATIN1ERTES KUPFER UND WEISSER ATLAS, BODEN LICHTGELB

nicht anerkannt und legitim in die wahre Bindung
hereingenommen sind. So mag es sich erklären, daß
die hier abgebildeten Räume mehrfach jene Über-
spitztheit des Geschmacks, jene Ideologie des Son-
derbaren zeigen, auf welche Jean Royere selbst mit
freimütiger Kritik und unter ritterlicher Einbezie-
hung der eignen Person zu sprechen kommt. Manche
Form, mancher Raumgedanke bewegt sich unge-
sichert in der Welt des bloß Möglichen und bringt es
nur zu privater Geltung. Phantasie ist eine unent-
behrliche Helferin alles Gestaltens — aber hier tritt
sie oft als freischweifendes Element auf.

Das ungefähr geht dem deutschen Betrachter
durch den Sinn, wenn er sich vor diesen Arbeiten ge-
wissermaßen des zuverlässigen Wertmaßstabs be-
raubt sieht. Er sieht unzweifelhaftes Können vor
sich, aber oft wird ihm die festgefügte Wertwelt, in
die es eingebettet wäre, nicht fühlbar. Mit andrer
Wendung heißt das: Er Vermißt in manchen dieser
Arbeiten das Selbstverständliche, die innere Unbe-
fangenheit - ein Mangel, der gewiß nicht zu Lasten
der einzelnen Künstler geht (die ja gerade ihm zum
Opfer werden), sondern zu Lasten der noch unausge-
reiften Gesamtlage, die der einzelne nicht nach
Willkür ändern kann.

Wir wenden uns nun den einzelnen Arbeiten zu
und finden den Wert einer objektiv gearteten Bin-

dung aufs schönste bestätigt in dem ersten Raum
von Jean Royere (Abb. S. 32, 33, 34). Denn bei der
Gestaltung dieses Ruheraums in einem üppigen Berg-
und Sporthause haben bestimmte Überlieferungen
mitgewirkt. An die rauhen Seiten des Wintersports,
an genagelte Stiefel und schneenasse Kleidung mag
man freilich bei diesem Raum nicht denken; aber
er hat sich doch den Gedanken der kräftigen Leibes-
übung und einer berggemäßen Bauweise zu eigen
gemacht. Mag sein, daß mit wuchtigen, rauhen For-
men und handfesten Werkstoffen hier noch etwas
»gespielt« wird, daß sie mehr nach Art eines Bühnen-
bildes als eines Gebrauchsraumes charakterisiert
sind. Aber sportgesegnetes winterliches Wohnen auf
Bergeshöhen steht doch saftig Vor Augen in der be-
haglichen Abgliederung des Sitzraums, im wuchtigen
Balkenwerk der Decke, in den muskulösen Profilen
des Türrahmens und andrer Einfassungen, auch in
den ausladenden Sitzmöbelformen, in den dichten
Teppichen und Fellen. Das Holzwerk besteht durch-
gehends aus geräucherter Eiche; nur für das Sofa ist
Natureiche, für Tür und Fußboden Tannenholz ver-
wendet. Die Wand hat zum Teil weißen Rauhputz,
zum andern eine Auskleidung mit Bambusrohr. Den
Sessel deckt ein weißes Ziegenfell, die Teppiche sind
ungeschorenes dichtes Wollengewebe, dunkelbraun
der eine, der vordere in grün, rot, weiß gestreift. Alle
 
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