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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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Materialwert
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0147

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INNEN-DEKO RATION

133

BAR: WÄNDE MIT SCHWARZEM LACKLEDER BEZOGEN, DECKE MIT BLATTGOLD BELEGT UND INDIREKT BELEUCHTET

MATERIALWERT

Man spricht vom Materialwert einer Sache und
meint damit den Kaufwert ihres Werkstoffes
im Gegensatz zu ihrem Form-, Gebrauchs- oder Be-
arbeitungswert. Zwei Löffel von gleicher Form haben
einen sehr verschiedenen Materialwert, wenn der
eine aus Gold, der andre aus Silber ist. Das ist eine
einfache Skala. Aber es gibt Materialwert noch in
einem andern Sinn, der nicht ohne weiteres dem
Kaufwert der verschiedenen Materialien parallel
geht. Wodurch wird der Goldgrund auf mittelalter-
lichen Gemälden zum Zeichen für das Ewige und
Zeitlose, auf welches das Bildgeschehen bezogen ist?
Nicht durch die Kostbarkeit des Materials, denn
Platin ist noch kostbarer und könnte das Gold in
diesem Falle doch nicht ersetzen; auch nicht durch
seine physikalischen Eigenschaften, sondern durch
einwohnende Tugenden seiner Farbe, seines Schim-

mers, seiner Stofflichkeit, die es ursymbolisch mit
der Vorstellung des Ewigen, des einzigartig Hohen
und Fürstlichen verbinden. Es gibt Materien, die
uns als edel, und andre, die uns als unedel ansprechen.
Das redende Gold und das stumme, tote Blei, das
flüchtige Tannenholz und die kernig-dichte Eiche,
der Marmor und der Ziegelstein - das sind nicht nur
Unterschiede im Handelswert der Stoffe, sondern in
deren geschöpflicher Würde und Fülle. Der formende
Geist kann jede Materie sinnvoll benutzen und sie
zur Trägerin guter Gestaltungsgedanken erheben.
Aber das kann nie die UrVerschiedenheit der Stoffe
zum Verschwinden bringen, die man wohl eine Art
Rassenverschiedenheit nennen kann. Es kann edle
Form in einem an sich unbegabteren Material erschei-
nen. Aber wo hohe Gestaltung und hochbegabter Stoff
zusammenkommen, da ist doch ein Mehr erreicht. -
 
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