DOI Artikel:
Kessler, Eva: Wiener Kunsthandwerk
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0199
INNEN-DEKORATION
185
eine neue Farbskala in
Emails und gab so die
notwendigen techni-
schenGrundlagen, wäh-
rend Professor Macht
mitseinenSchülern und
Schülerinnen diekünst-
lerische Auswertung
dieser Technik und die
Erprobung des verges-
senen und fremdge-
wordenen Materials
übernahm, um so aus
alten Überlieferungen
ein neues Kunsthand-
werk zu schaffen, des-
sen moderne Note vor
allem durch liebevoll-
ste Erfühlung des Ma-
terials gegeben ist. Ein
anderes Beispiel aus
späterer Zeit ist das
Kunsthandwerk der
Keramik, dessen Er-
neuerung von dem
Künstlerkreis der Wie-
ner Werkstätte aus-
ging; dies war für die
Richtung des kerami-
schen Schaffens in
Österreich zunächst
entscheidend. Es ent-
stand eine Luxuskera-
mik vornehmlich figür-
licher Art, deren hohes
Geschmacksniveau be-
kannt ist. Dadurch aber
wurde die Aufmerk-
samkeit der Industrie
auf die neuen Möglich-
keiten des Materials
gelenkt. Man wollte
Leistungen auf dem
Gebiet der Gebrauchs-
keramik. Der Initiative
Wilhelm Exners war
die Werkstättenschule
für Keramik zu dan-
ken, die einen neuen
Schultyp bildete. An ein Industrieunternehmen diese künstlerische Behandlung und Beseelung der
angeschlossen, sollte sie die Ausbildung von kera- Materie zum schönsten Ausdruck, wobei es im
mischen Fachleuten in Fühlung mit der Praxis Grunde gleichgültig ist, ob der Holzschnitzer mit
ermöglichen. Mit jener Werkstättenschule aber war liebevoller Genauigkeit der Maserung des Holzes
etwas geschaffen, das weit über Österreich hinaus folgt, der Metallschneider die Wucht oder Leichtig-
seine befruchtende Kraft erwiesen hat. keit des dargestellten Gegenstandes durch die Ver-
Erfühlung des Materials ist wohl überhaupt, wie wendung von Kupfer oder Silber betont, oder der
mir scheinen will, die Grundnote modernen kunstge- Textilkünstler in seinen Entwürfen für Druckstoffe
werblichen Schaffens auf österreichischem Boden. die Wärme der Wolle und die Zartheit der Seide in
Die Erdverbundenheit des Österreichers kommt durch der Wahl der Farbe und Zeichnung unterstreicht.
1938. V. 4
»WOHNRAUM DER WOHNUNG A.« NUSSBAUM, SITZE: ROTES LEDER, BARSCHRANK: BLAUES LEDER
185
eine neue Farbskala in
Emails und gab so die
notwendigen techni-
schenGrundlagen, wäh-
rend Professor Macht
mitseinenSchülern und
Schülerinnen diekünst-
lerische Auswertung
dieser Technik und die
Erprobung des verges-
senen und fremdge-
wordenen Materials
übernahm, um so aus
alten Überlieferungen
ein neues Kunsthand-
werk zu schaffen, des-
sen moderne Note vor
allem durch liebevoll-
ste Erfühlung des Ma-
terials gegeben ist. Ein
anderes Beispiel aus
späterer Zeit ist das
Kunsthandwerk der
Keramik, dessen Er-
neuerung von dem
Künstlerkreis der Wie-
ner Werkstätte aus-
ging; dies war für die
Richtung des kerami-
schen Schaffens in
Österreich zunächst
entscheidend. Es ent-
stand eine Luxuskera-
mik vornehmlich figür-
licher Art, deren hohes
Geschmacksniveau be-
kannt ist. Dadurch aber
wurde die Aufmerk-
samkeit der Industrie
auf die neuen Möglich-
keiten des Materials
gelenkt. Man wollte
Leistungen auf dem
Gebiet der Gebrauchs-
keramik. Der Initiative
Wilhelm Exners war
die Werkstättenschule
für Keramik zu dan-
ken, die einen neuen
Schultyp bildete. An ein Industrieunternehmen diese künstlerische Behandlung und Beseelung der
angeschlossen, sollte sie die Ausbildung von kera- Materie zum schönsten Ausdruck, wobei es im
mischen Fachleuten in Fühlung mit der Praxis Grunde gleichgültig ist, ob der Holzschnitzer mit
ermöglichen. Mit jener Werkstättenschule aber war liebevoller Genauigkeit der Maserung des Holzes
etwas geschaffen, das weit über Österreich hinaus folgt, der Metallschneider die Wucht oder Leichtig-
seine befruchtende Kraft erwiesen hat. keit des dargestellten Gegenstandes durch die Ver-
Erfühlung des Materials ist wohl überhaupt, wie wendung von Kupfer oder Silber betont, oder der
mir scheinen will, die Grundnote modernen kunstge- Textilkünstler in seinen Entwürfen für Druckstoffe
werblichen Schaffens auf österreichischem Boden. die Wärme der Wolle und die Zartheit der Seide in
Die Erdverbundenheit des Österreichers kommt durch der Wahl der Farbe und Zeichnung unterstreicht.
1938. V. 4
»WOHNRAUM DER WOHNUNG A.« NUSSBAUM, SITZE: ROTES LEDER, BARSCHRANK: BLAUES LEDER