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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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Michel, Wilhelm: Die Quelle des Schöpferischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0228

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INN EN-DEKORATION

Angenommenem und Überliefertem (von der Antike
her) unterdrückt zu werden, oder in trotziger Ver-
leugnung des Überlieferten uns auf ein formloses
und eigensinniges Barbarentum zu stellen. Wie be-
zeichnend ist es für die Gunst und Freiheit unsrer
heutigen Situation, daß jetzt schon ein Geschlecht
lebt, das sich in dieses Entweder — Oder nicht einmal
mehr hineindenken kann! Alles, was zu Europa
gehört, sehen wir in der modernen Kultur erhalten
und sehen es weiterwirken, aber nicht als Kanon
formaler Einzelheiten, sondern als geistig bewegende
Kräfte, die aus verschiedenen Wurzeln - denn Euro-
pa ist vielwurzelig - herkommen und doch alle ihre
Konvergenz in der großen Wirklichkeit der gegen-
wärtigen europäischen Kultur haben. Die Strenge
römischen Denkens, die Klarheit römischer Ziel-
setzung und Willensanspannung - wer dürfte sagen,

daß sie dem Europa des 20. Jahrhunderts verloren
seien? Die hellenische Durchgeistigung und Ver-
menschlichung, die germanische Verknüpfung des
Äußeren und Inneren, die germanische Lebensun-
mittelbarkeit - sie sind vollwertig zugegen in unserer
gesamten Daseinsgestaltung. Mag hier das eine, dort
das andere bestimmter anklingen - sie treffen, sie
verbinden sich in der bejahten Seinswirklichkeit des
heutigen europäischen Menschen. Ihm ist das gute
Gewissen zu seiner Vergangenheit und zu seiner
Gegenwart und zu seiner Zukunft zurückgegeben;
das gute Gewissen auch zu Natur und Geist, zu seinem
hellen Bewußtsein und zu seinen vitalen Lebens-
gründen. Niemals stand es dem Menschen so deut-
lich wie heute vor Augen, daß er nichts, was ihm
zugehört, verleugnen darf, daß er sich zu allen
Seiten seiner Wirklichkeit bekennen und sie er-
 
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